Zombies bei Sarafand

Die rot geschminkte Wange erzeugte ein erstes Gruseln  Vincent Voss in seinem Element als Zombie-Autor
Die rot geschminkte Wange erzeugte ein erstes Gruseln
Vincent Voss in seinem Element als Zombie-Autor

Warum sich diese Autorenlesung so ziemlich von allen Veranstaltungen der kunstverwöhnten Galerie Sarafand unterschied, äußerte sich bereits im äußeren Erscheinungsbild des Schriftstellers Vincent Voss, der mit einer schwarzen und einer blutroten Wange so manchen der diesmal besonders zahlreich erschienenen Zuhörer an ein besonders auffälliges Muttermal zu denken, was bereits das erste Gruseln verursachte. Der Autor hatte jedoch eine ganz simple Erklärung dafür: Da im zweiten von seinen Büchern auch ein wildgewordener Zirkusdirektor eine Rolle spielte, sollte diese Gesichtsbemalung authentisch wirken, was Voss noch spontan mit einem Zylinder unterstrich …

Das erste Buch, aus dem er las, heißt „Wasser“ und ist ein frecher, unterhaltsamer Jugendroman über Jungs in einem Feriencamp, abseits von jeglichem Gruseln. Der einzige Moment, der vielleicht etwas unheimlich wirkt, ist die Feststellung, dass ein Mensch in der Badewanne unter Wasser völlig anders aussieht als „auf dem Trockenen“. Der zweite und neueste Roman heißt „Frischfleisch“, ist ein Zombie-Roman und sein aktuellstes Buch. Hier steigert sich die Geschichte zu einem wahren Horror-Szenario, das statt mit Gruseln vor allem blankes Entsetzen hervorruft. Wer sich noch nie mit Zombies befasst hat, den packt hier das kalte Grausen, wobei zugegebenermaßen auch eine fast unerträgliche Spannung aufgebaut wird, die der Vorleser jedoch unvermittelt abbricht. Kein Wunder, dass da eine Frau aufspringt und ruft: „Und jetzt? Sie lesen nicht weiter?“ Offenbar hatte sie als Zombie-Unkundige auf ein gutes Ende gehofft. „Nein. Ich bin schließlich Zombie-Autor“, meinte Voss ungerührt.“ Im Endeffekt soll ja eine Autorenlesung vor allem Lust aufs Weiterlesen machen. Aber bei dem Inhalt? Wer will das? Offenbar der Löwenanteil der Zuhörer. Denn am Ende gab es viel Applaus.

Während sich in der Pause bei Kaffee und leckerem Kuchen die einen „ihr Mütchen“ kühlten, schwärmten die anderen von dieser „wunderbaren Location“, der Galerie, die sie zum ersten Mal von innen sahen. Gleichzeitig äußerten sie ihre Begeisterung über den Autor und seine Werke. °Ich habe jedes Buch von ihm, und er hat eine Menge geschrieben“, sagte eine ältere Dame stolz, der man die Lust am verbalen Horror ansah. Andere stimmten mit ein, während die eigentlichen Galerie-Besucher sich doch etwas verständnislos anschauten. Sie hatten etwas anderes erwartet.

Gabriele David

23. November 2017

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