Wahlkampf-Endspurt: Hinten sind die Enten fett!

Jetzt sind es nur noch drei Tage bis zur Landtagswahl am Sonntag. Erfahrene Wahlkämpfer wissen: Ganz zum Schluss wird die Wahl entschieden, erst recht wenn es Spitz auf Knopf steht, wie die Umfragen prognostizieren. Altkanzler Schröder fasste das mal so zusammen: „Hinten sind die Enten fett“. Und setzte in zwei Wahlkämpfen dieses Motto mit Bravour um.

Im Sommer 2002 war Schröder eigentlich schon so gut wie weg vom Fenster, dann drehte der damalige Kanzler plötzlich, auch dank Oder-Flut und Irak-Krieg, die Stimmung, am Wahlsonntag lag Schröder dann hauchdünn vor seinem Rivalen aus Bayern.

2005 war Schröders Leistung aus Wahlkämpfersicht eigentlich noch unglaublicher: Nach verlorener Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen setzte er über den Umweg einer Misstrauensfrage Neuwahlen an; es hieß überall, er könne eigentlich auch sofort vom Amt des Bundeskanzlers zurücktreten, eine Wiederwahl sei praktisch aussichtslos.

Diese Einschätzung galt auch noch am Wahltag – solange jedenfalls, bis die ersten Hochrechnungen über den Bildschirm flimmerten. Dann sah es plötzlich fast so aus wie ein Patt, für eine kurze Zeit dachte man, Schröders SPD läge gar nach Mandaten vorn. Obwohl es dann doch nicht mehr für den Schröder-Sieg gereicht hat, sein Motto von den fetten Enten am Ende bewahrheitete sich.

Natürlich gilt dabei auch: Zu einem erfolgreichen Schlussspurt gehört auch ein bisschen Glück – am besten, der politische Gegner macht einen Wahlkampf-Fehler, auf den man sich dann mit Verve stürzen kann. 2005 war der Fehler der CDU, dass sie einen „Professor aus Heidelberg“ als Schattenfinanzminister nominierte. Der sollte eigentlich mit einem tollen Steuerrezept überzeugen. Steuersätze runter, aber ebenso die Steuervergünstigungen radikal abschaffen. Für Vereinfacher Schröder ein gefundenes Fressen, der „Professor aus Heidelberg“, der den armen Krankenschwestern die steuerfreien Schichtzuschläge wegnehmen wolle, durfte fortan in keiner Wahlkampfrede mehr fehlen.

In Henstedt-Ulzburg erinnert jetzt der Wahlkampf der FDP an die fetten Ente-Wahlkämpfe von  Schröder. Denn die Henstedt-Ulzburger Liberalen nutzen jetzt das Stimmverhalten der örtlichen Sozialdemokraten zum neuen Konzept der Olzeborchschule für ihre Zwecke. Der Fauxpas der SPD: Sie sagte nein zum Wunsch der Schule, abschlussbezogene Klassen im neunten und zehnten Schuljahr einzuführen.

In einer reichlich argumentationsschwachen Presseerklärung ging die SPD zudem überhaupt nicht darauf ein, warum denn die Eltern, Lehrer und Schüler abschlussbezogene Klassen wollen. Stattdessen wurde kräftig gegen die politischen Gegner ausgeteilt und erklärt, warum denn mehr gemeinsames Lernen besser sei. Kein Wort dazu, dass dafür allerdings auch die notwendigen Voraussetzungen gegeben sein müssten. Wie man auch als Gemeinschaftsschul-Befürworter den Wunsch der Schule hätte unterstützen können, ohne das Gesicht zu verlieren, zeigt die kluge Argumentation der WHU-Bildungspolitikerin Dorothee Köster.

Stattdessen stehen die Sozialdemokraten jetzt als verbohrte Schulideologen dar. Ein gefundenes Fressen für die clevere FDP. Die thematisierte das Thema zunächst in einer Presseerklärung, und hält die Debatte nun geschickt mit einer Extra-Veranstaltung am Freitag, 4. Mai, um 19 Uhr in im Wiking-Hotel  (Motto: Wir trauen den Schülern, Eltern und Lehrern etwas zu) am Köcheln.

Und initiiert sich zudem noch als die Partei, die auch ganz praktisch für bessere Schulen kämpft. Denn dank einer Initiative der Freidemokraten hat das Alstergymnasium ab dem nächsten Schuljahr endlich einen vernünftigen Internetzugang. Diese tolle Botschaft pünktlich vor der Wahl verkündet die Partei in einer Pressemitteilung: Wilhelm-Tel habe sich bereit erklärt, einen 100Mbit-Highspeed-Internetzugang kostenfrei zu verlegen. Keine Selbstverständlichkeit, da das Schulgebäude relativ weit zurückgesetzt und für die Kabelverbindung ein entsprechend langer Weg mit entsprechenden Kosten zu graben ist.

Chefredakteur Schlömann ist denn auch voll des Lobes für die wahlkämpfenden Freidemokraten der Großgemeinde: „Die machen auf den letzen Metern wirklich taktisch alles richtig. Kompliment!“

Christian Meeder

3. Mai 2012

5 thoughts on "Wahlkampf-Endspurt: Hinten sind die Enten fett!"

  1. Danke für Ihre aufklärenden Worte Herr Eberhard.

    Da wird doch den Schülern regelrecht ins Gesicht gespuckt, wenn man im gleichen Atemzug Geld für ein überflüssiges Logo verschwendet!

    Hier ist nun die Rede nur vom Alstergymnasium. Wie sieht es denn überhaupt auf den anderen beiden weiterführenden Schulen Henstedt-Ulzburgs aus? Sind dort gleiche od. ähnliche Voraussetzungen zu finden?

  2. „Ein wichtiges Projekt konnte für das Alstergymnasium umgesetzt werden, aber die FDP kämpft weiter für eine bessere Computerausstattung unserer Schulen. Es kann nicht sein, dass von Kindern zu Hause am PC erledigte Hausaufgaben nicht auf die Schulrechner gespielt werden können, da dort noch Windows 2000 läuft. Die FDP ist zur Zeit mit IT-Firmen im Gespräch um diesen unhaltbaren Umstand schnellstmöglich zu beenden.“, so Klaus-Peter Eberhard abschliessend.

    Die vom Alstergymnasium bei der Gemeinde beantragten Mittel für die Ausstattung zweier Computerräume wurden nicht gewährt und die Entscheidung wurde auf 2013 verschoben.

  3. Taktisch alles richtig machen ist kein Kunststück. Die FDP hat, ich wollte es immer einmal sagen können – anstrengungslos Wahlkampfhilfe bekommen. Mit Ach und Krach die Steilvorlage scheinbar zu verwandeln, dazu gehört nicht viel.

    Hat das Alstergymnasium eigentlich zur megateramodernen Leitung passend wenigstens normal-moderne Computer? Letztens hörte ich, da seien immer noch Rechner von 2003 im Einsatz.

    1. Die Berichterstattung der HUN empfinde ich bislang in den Beiträgen als neutral, insofern kann ich hier keine Wahlempfehlung erkennen. Die Feststellung, daß eine Partei/Gruppierung etwas richtig macht, ist m.E. keine Wahlempfehlung, sondern die Beurteilung der Taktik. Eine Aussage über die Dinge, über die NICHT berichtet wurde, läßt sich allerdings nicht treffen 😉

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