Trainierte Selbstsicherheit nimmt Frauen die Angst vor Überfall und Vergewaltigung

In Henstedt-Ulzburg ist er seit langem eine bekannte Größe – der Kinder- und Jugendmentor Jan Schopferer. Und seit Neuestem auch in Kaltenkirchen, wo er mit einem Heilpraktiker und einer Bewusstseinstherapeutin zusammenarbeitet. Ob in Kindergärten oder Schulen (von der fünften bis zur zehnten Klasse), überall steht Jan Schopferer zur Verfügung, wenn es um Selbstverteidigung, Selbstschutz und Selbstsicherheit geht.

Nun ging im Juni sein viermonatiger Kursus im Mehrgenerationenhaus nach dem SAT-Prinzip (Self-Assurance-Training) zu Ende. „Ein von mir entwickeltes Programm für junge Frauen ab 18 Jahren, das sich im Kern auf sexuelle und gewalttätige Angriffe in Alltagssituationen konzentriert“, erklärt der Trainer. Es genügt ein dunkles Parkhaus, ein unangenehmer Parkplatz, Bahn- und Busfahrten, einsame Wanderwege und nicht zuletzt der Bürgerpark. Noch ist es hell, aber schon bald wird für Frauen die früher einsetzende Dunkelheit wieder zur Bedrohung.

„In meinen Kursen bevorzuge ich kleine Gruppen, auf sechs bis acht Teilnehmer begrenzt, um mich vom Sportverein-Charakter abzuheben.“ Deshalb lehnt Jan Schopferer auch Wochenend-Workshops mit einem Training von dreimal acht Stunden ab. „Wie soll man all das, was man da gelernt hat, denn behalten?“ Viel nachhaltiger sei es, eine Stunde pro Woche intensiv zu trainieren, das Gelernte zu verarbeiten und beim nächsten Mal eventuelle Unsicherheiten noch mal beim aktuellen Training aufzuarbeiten.

Wichtig sei vor allem, seine Angst bei einer „unheimlichen Begegnung“ nicht auszustrahlen. Demonstrierte Selbstsicherheit verunsichert den Angreifer, während jemand, der ängstlich in geduckter Haltung vorbeigeht, viel leichter zum Opfer wird. Egal, ob man hinguckt und wegguckt – wer Angst ausstrahlt, ist immer im Hintertreffen. Und das muss trainiert werden. „Deshalb üben wir solche Situationen in Rollenspielen vor Ort, finden heraus, wo sich Notrufeinrichtungen auf Bahnsteigen und Notbremsen in der U-Bahn befinden“, sagt Schopferer.

Wenn Frauen sich die Gefahr bewusst machen, können sie auch etwas bewirken. Dennoch lässt sich Selbstverteidigung  nicht so erlernen, dass sie einen immer vor den gefürchteten Übergriffen schützt. Deshalb ist die Frage wichtig: Wie schocke ich den sexuellen Angreifer?

„Das trainieren wir dann tatsächlich im Gebüsch oder auf einer Wiese, wobei der Angreifer meistens auf seinem Opfer sitzt. Eine wirksame Schocktechnik wäre ein Synchronschlag auf beide Ohren. Oder man ballt beide Hände zur Faust und schlägt damit gezielt auf den Brustkorb oder auf den Bauch. Oder man bringt im Liegen sein Knie zum Einsatz. Steht der Angreifer vor seinem Opfer, hilft ein gezielter Tritt gegen das Schienbein, auf jeden Fall unterm Knie, und dann mit dem Absatz möglichst den Fuß fixieren.“ Zum Thema Notwehr hat Jan Schopferer sich daher in Rechtskunde, in Paragrafen sowie in Angst- und Stresslehre ausbilden lassen. Denn wenn einen die Angst überwältigt, handelt man meistens falsch.

Bei kleinen Kindern hilft die spielerische Methode, die der SAT-Trainer selbst entwickelt  hat. Hier kommt das Auto-Training gezielt zum Einsatz – mit ganz verschiedenen Autotypen. Mal ist es ein Transporter, mal ein Kleinwagen. In zahlreichen Übungen wird den Kindern beigebracht, wie sie es schaffen, wieder aus dem Auto herauszukommen, wenn man sie bereits hineingezerrt hat. „Es sind ganz realitätsnahe Übungen, die immer draußen stattfinden, nicht theroetisch in geschlossenen Räumen.“

In der Abschlussrunde waren alle Teilnehmerinnen mit dem Erfolg ihres Trainings so zufrieden, dass sie unbedingt ab August das Gelernte bei einem Workshop wieder auffrischen möchten. Sie fühlten sich gestärkt, hatten eine neue Einstellung, waren achtsamer geworden und selbstbewusster und erkennen Gefahren jetzt früher. So wie auch Yvonne Wasser, Koordinatorin im Mehrgenerationenhaus, die eigentlich die Initiatorin für diesen Selbstsicherheitskursus war. Sie kannte Jan Schopferer und seine Arbeit aus Schulen und Kindergärten.

Als sie mit einer Freundin und ihrem Hund im dunklen Februar den einsamen Wanderweg entlang gingen, meinte sie, dass es gut wäre, sich selbst zu schützen. Trotz Hund? „Natürlich! Es ist erwiesen, dass 90 Prozent aller Hunde während eines Überfalls nach Hause laufen. Sie bieten also keine Sicherheit.“ Und so machte auch Yvonne Wasser bei Jan Schopferer mit – und fand, dass sich daraus eine ganz tolle, mutige Truppe entwickelt hatte. Im August werden übrigens wieder neue SAT-Kurse angeboten.

Gabriele David

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