Springer verkauft das Hamburger Abendblatt

Paukenschlag auf dem Medienmarkt. Donnerstag Vormittag gab der Springer-Konzern bekannt, das Hamburger Abendblatt verkaufen zu wollen. An die Funke Mediengruppe aus Essen. Zusammen mit der Berliner Morgenpost und zahlreichen Illustrierten. Ein entsprechender Vorvertrag sei bereits unterzeichnet worden, heißt es in einer gemeinsamen Presseerklärung der beiden Medienunternehmen. Springer-Chef Mathias Döpfner begründete den Verkauf damit, sich noch stärker auf die multimedialen Kernmarken des Verlagshauses, BILD und Die Welt, konzentrieren zu wollen.

Die Wahrheit dürfte indes eine andere sein: Springer macht das traditionsreiche Blatt zu Geld, solange es noch Leser hat. Denn die Auflagenkurve zeigt  steil nach unten. Auch und gerade in der Großgemeinde. Nicht nur Springer-Chef Döpfner, sondern auch immer mehr Bürger in Henstedt-Ulzburg halten das Hamburger Abendblatt für verzichtbar: Laut ZMG Verbreitungsanalyse sind dem Titel in den zurückliegenden sechs Jahren in Henstedt-Ulzburg mehr als 500 Käufer abhanden gekommen. Gingen im Jahre 2006 noch täglich 2.878 Abendblatt-Exemplare in der Gemeinde über den Ladentisch oder wurden den Abonnenten zugestellt, waren es im ersten Quartal vorigen Jahres nur noch 2.318 Stück.

Die Aussichten für die verbliebenden Leser und Mitarbeiter sind folgerichtig nicht rosig – auch und gerade wegen des neuen Eigentümers: „Die geplante Übernahme der Springer-Titel lässt nichts Gutes ahnen. Die Funke Mediengruppe ist als Nachfolgerin des WAZ-Konzerns berüchtigt für harte Einsparungen zulasten des Qualitätsjournalismus. Ich bin in großer Sorge um die Arbeitsplätze bei den betroffenen Zeitungen und Zeitschriften“, erklärte der Bundesvorsitzende des Journalisten-Verbandes Michael Konken.

Auch Jörg Schlömann, Chefredakteur der Henstedt-Ulzburger Nachrichten, der lange für Springer-Titel gearbeitet hat, zeigte sich betroffen: „Wenn der Verkauf stattfindet, veräußert der Springer Konzern mit dem Hamburger Abendblatt auch die Zeitung, mit der Axel Springer gleich nach dem Krieg sein Imperium begründete. Für viele Hanseaten und ihre Nachbarn gehört das Abendblatt zu Hamburg – wie die Alsterdampfer oder Hagenbeck.“

Die Börse ist da weniger sentimental und unterdessen in Feierlaune: Nach Bekanntgabe der Verkaufsabsichten legte die im Mdax notierte Springer-Aktie um mehr als zwölf Prozent zu.

Christian Meeder

25. Juli 2013

 

14 thoughts on "Springer verkauft das Hamburger Abendblatt"

  1. Nicht das HA war das Fundament des Springer-Imperiums, sondern die HÖRZU, die aus den Nordwestdeutschen Hefte entstand und – dank eines britischen Presseoffiziers – bereits im Dezember 1946 mit Lizenz (!) erschien, und unter dem Chefredakteur Eduard Rhein sehr bald in millionenfacher Auflage verkauft wurde. –
    Welcher unternehmesberatender Teufel den Springer-Vorstand nun geritten hat, ganz auf die virtuelle Zukunft zu setzen, bleibt passionierten Zeitungslesern ein Rätsel. Wo bleibt das viel gelobte Internet-Land, wenn einer mal den Stecker zieht . . .

  2. Es hat wohl schon einen guten Grund, dass der Bezug des Hamburger Abendblattes in HU konstant abnimmt. Als geborener Hamburger, der auch auf dem Campingplatz an der Ostsee am liebsten immer noch die HH-Fahne aufzieht, verlor ich langsam das Interesse an der strittigen Hamburger Innenpolitik. Viele HH-Dinge gingen mich langsam aber sicher nichts mehr an. Der früher interessante Riesen-Kleinanzeigenteil wurde ebenso schleichend durch andere Internet-Medien ersetzt. Der Prozentanteil des HH-Lokal-Kolorites, Historie, Plattdeutsch, stand dann irgendwann nicht mehr im ökonomischen Verhältnis zu den steigenden Copy-Preisen. Das Abo wurde aufgelöst.
    Bei der online-Ausgabe sehe ich bei vielen Überschriften bereits, dass mich eine Vertiefung des angebotenen Inhaltes nicht mehr interessiert. Politik/Wirtschaft-News las ich vorher bereit bei google-news. Dann Vertiefung, wo erwünscht, bei Spiegel, focus- online.
    tempora mutantur – Zeiten ändern sich !

      1. Ich habe gerade über das Fräulein vom Amt beim Abendblatt angerufen und ein Soli-Abo bestellt. Den Scheck für die nächsten 12 Monate Bezugkosten wird in 3 Tagen ein Eil-Postkutscher abholen. Man kann nur hoffen, dass er problemlos durch den Ulzburger Zoll kommt – die Beamten da wollen auch von irgendwas leben. Dieses Konzept von gedruckter Tageszeitung ist schon genial – man erfährt immer, was gestern erst so passiert ist. Und allein das Medium bürgt für die Qualität des Inhalts. Das muss man erhalten.

  3. Ein Exemplar kostet heute im Einzelverkauf 1,20 € und appelliert an den Nichtkauf wegen dem Papier (Umweltbewusstsein). Dagegen bieten sie es Online recht billig und umweltfreundlich an:
    Online Abonnement 6,95 EUR oder 1,20 EUR 1 Monat Tageszugang

    Da wird der Preis sicher nicht die größte Hürde sein.

    Würde ich glatt nehmen, wenn ich nicht so einen alten E-Book-Reader hätte… es sollte dann sicherlich so funktionieren, dass die E-Zeitung dann schon automatisch auf dem Gerät verfügbar ist, wenn man in die AKN steigt. Ist morgens erst mal USB-Anschluss und Download nötig, wird man sich das schnell schenken… habe aber auch noch nie mal Promotion dafür erlebt, etwa einen Infostand mit Internetverbindung, wo man mit einem Testexemplar ohne Datenerhebung einfach mal zeigt, wie man die Zeitung bei den verschiedenen Geräten (Smartphones, Tablets, Notebooks) drauf bekommt.

    Aber da lebt man wohl noch in der nichtdigitalen Welt und hat vom „Neuland“ noch nichts gemerkt. Evtl. ändert sich das ja jetzt.

    1. Diese Ansicht ist sehr armselig!
      Zeitungen sind und waren seit mehr als 500 Jahren der Bestandteil der Gesellschaft!
      Und man kann nicht sagen ein Abendblatt kostet heute 1,20 und ist zu teuer und „umweltfeindlich“!
      Seit Jahrzehnten druckt das Hamburger Abendblatt auf umweltfreundlichen, recicelten Papier!
      Es war und ist immer schon gewesen ein Blat in der Hand zu haben das schönste auf der Welt,
      und wer meint, das Online alles besser ist, sollte mal an die Menschen denken, die davon betroffen sind!

      1. Das klingt ja nun so, als solle ich nur deshalb die Zeitung kaufen, damit Sie Ihre „heile Welt“ weiter genießen können. Aber wenn überhaupt würde ich nur das E-Book-Reader-Abo nehmen (wenn es denn automatisch und zuverlässig morgens auf dem Gerät ist, was zu prüfen wäre…). Und das auch nur, wenn da eben soviel drin steht, was mich interessiert, das ich das Geld nicht als zum Fenster rausgeworfen empfinde. Aber wenn ich eine „Spende“ raus tun soll, dann sollte auch „bitte spenden“ draufstehen. So wie bei Hinz&Kunzt, da weiß man, dass in dieser Zeitung nichts drinsteht außer Obdachlosenthemen, man kauft sie also nur, weil man entweder wirklich was über Alltagsprobleme der Obdachlosen erfahren möchte, oder eben weil man dem Verkäufer Geld spenden möchte in Kombination mit dem Gefühl, dafür auch was geleistet zu haben.
        Es ist übrigens auch immer so ein Ärgernis bei Zeitungsabos: Mal kommt sie und man kann sie in der AKN lesen, mal nicht (abends informiere ich mich dann aber bereits per Tagesschau und die Zeitung ist wirklich nur noch Altpapier). Oder der Bote kommt zwar, aber möchte ein paar Meter abkürzen und zertrampelt erst das Blumenbeet beim Briefkasten und dann die Hecke zum Nachbarn…

        Ich verstehe die Enttäuschung, sollte man bei ASV arbeiten und betroffen sein, denn für Berufsanfänger und ältere Mitarbeiter ist es nach wie vor nicht einfach auf dem Arbeitsmarkt. Aber wenn man angesichts der andauernden Diskussion über die Print-Krise nun „aus allen Wolken fällt“, mithin also nichts in Sachen Weiterbildung, Kostenreduktion der eigenen Lebenshaltungskosten oder Alternativensuche für den Fall der Fälle (also: wo könnte ich dann mal anklopfen?)unternommen hat, dann hat man wirklich nicht viel von der Welt da draußen mitbekommen…
        Nur hoffen, das werde schon noch bis zur Rente reichen, reicht eben nicht immer.

        Spenden tun wir übrigens wirklich, aber bei PLAN Deutschland für Kinder in benachteiligten Regionen der Welt. Da ist noch alles gestaltbar, und die haben ohne externe Unterstützung angesichts mieser Strukturen tatsächlich das Heft des Handelns nicht in der Hand.

  4. Für mich war jetzt in erster Linie erstaunlich, daß nicht mal 1% der HUler das Abendblatt kaufen, also vielleicht 3% der Haushalte. Klingt für mich extrem wenig.

  5. Die Auflagen aller Printmedien gehen zurück und auch das Abo-Verhalten der Leser nimmt ab. Da ist das HA keine Ausnahme. Aber nun gleich das Schlimmste zu befürchten, halte ich vor voreilig. Ob der Springerkonzern immer die beste Wahl für das Abendblatt war, wird nie bewiesen werden können.

    1. Woher hast du Deine Intelligenz?
      Das Hamburger Abendblatt wurde von Axel Sringer gegründet!
      Und wenn Du nach 30 Jahren in einer Firma, aus deiner heilen Welt gerissen wirst, geht auch Dir der
      „Arsch auf Grundeis!“
      Und das die Auflagen zurückgehen, liegt an euch allen!
      Die euren Kinder keine Werte vermittelt!, wenn Ihr meint e-paper, Facebook, Apps usw sind die Zukunft!
      Nein!, Bildung!, Zeitung lesen war und ist schon immer die Zukunft gewesen!

      1. Was soll denn dieser verbale Angriff ? Es ist ein gesellschaftliches Thema, dass die Zeitungen nicht nur unter Aboverlust leiden sondern auch massive Einbrüche bei den Werbekunden haben. Immer weniger Firmen sehen die Printmedien als geeingetes Instrument für Anzeigen an und die Anzeigeh stellen einen Großteil des Etats für die Finanzierung einer Zeitung.

        Im Sinn der Beschäftigten muss nun ersteinmal abgewartet werden, wie die FUNK-Gruppe agiert. Besser es ist ein neuer Investor vorhanden, als dass ein AxelSpringerkonzern die Reißleine zieht und eine Zeitung einstellt.

      2. Ja, wenn die Bildung erst mal beim Grundeis ist, dann wär nix gut. In der Bild weiß man ja nie, was die da für Slogans hin texten, muss halt mit die Bilders passen…
        Im Abendblatt wird noch die Rechtschreibung beachtet: Da würde man schreiben:
        Woher hast
        DU statt du (wenn nicht sogar eher Sie statt plump-vertraulich)
        Deine Intelligenz?

        und

        Das Hamburger Abendblatt wurde von Axel
        Springer statt Sringer
        gegründet!

        Aber nach einem Satzende-Zeichen Wir eigentlich auch immer noch Groß weitergeschrieben oder? Also statt:

        vermittelt!, wenn –> vermittelt! Wenn

        Das Problem: „…heilen Welt gerissen…“ ist aber evtl. auch etwas, wo man sich selbst an die Nase fassen sollte, oder? Das digitale Medien im speziellen, aber auch TV-Nachrichten ganz allgemein die Auflagen „der Zeitung“ und nicht nur bestimmter Blätter sinken lassen, ist ja nun nicht erst seit gestern in der Diskussion, ebenso wie Kaufhauskrise, Stationäreinzelhandel-Schwund usw.
        In einem der letzteren Unternehmen reagierten Kollegen total überrascht, als plötzlich klar wurde, dass man mit einem alten 80’er Jahre Großrechner auf Cobol-Basis (eine in den 1970’er und 80’er Jahren etablierte Programmiersprache) in den 201x’er Jahren möglicherweise nicht mehr (Arbeits-)marktgerecht aufgestellt ist. Immerhin hat die Firma ein Projekt für ein neues System aufgesetzt, aber man konnte die altgedienten Mitarbeiter nicht effektiv einbinden, denn: Sie kennen ihre eigenen Geschäftsprozesse nur bruchstückhaft, das gute alte IT-System und sein Operator haben die nickligen Details ja die letzten 30 Jahre so bequem abgenommen, ohne das man sich fragte: Was dieses System eigentlich warum? Evtl. geht’s ja effektiver? Egal, Geld kommt ja…
        Fazit: Man kauft nun ein Fertigsystem vom Markt und richtet einfach bei ähnlichen Firmen etablierte Prozesse ein. Das ist erst mal wieder recht bequem, wird aber große Teile des (eh nur unterstellten) Prozesswissens entwerten. Mal schauen, was kommt, wenn dieses neue System erst mal läuft… dann werden wohl wieder welche aus ihrer „…heilen Welt gerissen…“

        Sicherlich liegt da auch krasses Versagen der Leitungsorgane vor, aber jeder für sich selbst sollte doch auch stets Verantwortung für seinen Arbeitsbereich übernehmen, Vorschläge machen, „den eigenen Kasten sauber halten“. Kann man es als „kleines Licht“ nicht selbst gestalten und Vorschläge werden nur ignoriert –> nix wie weg zu einem besser geführten Unternehmen. Sonst droht das Grundeis…

        1. Satzende-Zeichen Wir eigentlich
          muss natürlich heißen: Satzende-Zeichen wird eigentlich…

          Oha, es geht schon los, es wird kälter am Sitzfleisch… 🙂

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