SPD bot Kultur und Kulinarisches, und das Bürgerhaus war voll in türkischer Hand!

Mit seiner Veranstaltungsreihe Kultur und Kulinarisches scheint der SPD-Ortsverein die Henstedt-Ulzburger auf den Geschmack gebracht zu haben. Nachdem der Afghanistan-Abend 2011 im Salon ein voller Erfolg war, stand in diesem Jahr die Türkei im Focus der Veranstaltung. Dass das zentralasiatische Land Interesse wecken würde, war eigentlich klar gewesen – schon wegen des leidigen Krieges. Aber auch der durchaus vitale Mann am Bosporus lockte die Besucher; die Roten hatten wieder einmal voll ins Schwarze getroffen: Binnen weniger Minuten war das eher nüchtern-unpersönliche Bürgerhaus voll in türkischer Hand.

Nicht zuletzt wegen des Gastronomie-Pächters Ali Yavuz. Er erwies sich als wirklicher Gastgeber, erkundigte sich bei den Gästen nach ihrer Zufriedenheit, traf mit seinen ein- und überleitenden Worten den richtigen Ton und animierte schließlich auch noch durch sein Vorbild die Besucher zum Tanzen. Fast alle 70 Gäste machten mit, völlig ungezwungene Atmosphäre, so dass sich, von vielen unbemerkt, der SPD-Bundestagsabgeordnete Franz Thönnes an einen Tisch mogeln konnte.

Zu Beginn des Abends las die türkische Lehrerin und Schriftstellerin Nebahat Ercan einige Kapitel aus ihren Büchern. Sicherlich keine große Literatur, aber anschauliche Schilderungen über das Leben der ersten Gastarbeiter in der deutschen Fremde: Da waren die türkischen Schülerinnen, die zum Klassenausflug ihre hochhackigen Schuhe anzogen und sich schminkten – in der Annahme, es handele sich um einen festlichen Anlass. Von ihren Klassenkameradinnen wurden sie verspottet ob ihres Aufzuges, der aus purer Unkenntnis daneben geraten war.

Nebahat Ercan: „Ich war mit den Mädchen traurig, sehr traurig. Sie hatten es nur gut gemeint, wollten ihre Armut verbergen…“ Nur eins von vielen Beispielen für die unendlichen Schwierigkeiten, die die Gastarbeiter anfangs in Deutschland hatten: fremde Sprache, unbekannte Kultur, andere Sitten und Gebräuche – viele, viele Kilometer von daheim entfernt.

Vergessen war dann die Vergangenheit, als das warme Buffett eröffnet wurde. Die Tische bogen sich unter den Köstlichkeiten vom Bosporus. Unter anderem gab es Frauenschenkel. Sie heißen ins Deutsche übersetzt wirklich so. Dabei handelt es sich um Frikadellen, deren Fleisch mit gekochtem Reis vermengt wird. Dadurch werden sie besonders locker. Umhüllt sind sie von einem auchzarten Teigmantel. Köstlich!

Und als dann alle satt, faul und zufrieden waren, kam die obligatorische Bauchtänzerin, die zumindest die männlichen Gäste wieder wach werden ließ. Mehr als eine halbe Stunde wiegte sie sich nach orientalischen Klängen, forderte den einen oder die andere zum Mitmachen auf – mit Erfolg. Schließlich tanzte der halbe Saal und Integration war im Henstedt-Ulzburger Bürgerhaus ein Fremdwort.

Jörg Schlömann

23. April 2012

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