Oliver Lück – der „Reiseführer der guten Laune“ las in der Galerie Sarafand über Fußball, Eier und Granatäpfel

Das ist die rote Mütze von Arne, die ihm eine Leserin plus rote Socken gestrickt hat
Das ist die rote Mütze von Arne, die ihm eine Leserin plus rote Socken gestrickt hat

Am vierten Advent erstrahlte die Galerie Sarafand im Lichterglanz unzähliger Kerzen! Mit kleinen Tannengestecken weihnachtlich dekoriert, so dass an diesem Sonntagnachmittag keiner der Zuhörer seinen heimischen Adventskranz vermisste. Außerdem erwartete sie die Lesung des reisenden Schriftstellers Oliver Lück, der sich in der Galerie längst zu Hause fühlt, weil er die Galeristin Angelika Dubber schon kennt, seit er ein kleiner Junge war.

Hier fand auch seine erste Lesung statt: „Neues vom Nachbarn“, ein Buch über eine Reise von 20 Monaten quer durch Osteuropa, die er mit seiner Hündin Locke in einem VW-Bus bewältigte. Diese Reise-Erinnerungen waren eine von 250 Lesungen in den letzten vier Jahren. Und das, obwohl er seit 23 Jahren als Journalist, vornehmlich für die TAZ, arbeitet.

Als er da so planlos auf seinem Pult zwischen den Seiten herumsuchte, hatte man fast den Eindruck, er sei überhaupt nicht vorbereitet – was er sogar andeutete („Ich weiß eigentlich gar nicht, was ich Ihnen heute vorlesen soll …“). Aber dann hatte er doch das eine und andere gefunden, das sich zum Vorlesen eignete und das sein Publikum zum Lachen brachte – wie auch seine unterhaltsamen Zwischenbemerkungen. Dazu kommt seine Stimme, so warm und voluminös, dass ihm alle interessiert lauschten. Zumal das, was er zu sagen hat, sich immer zum Zuhören lohnt.

Wie sein erstes Thema, in dem er sich mehr oder weniger über die seltsamen Namen seiner ehemaligen Sportsfreunde bzw. Fußballkameraden amüsiert, wenn er sie zerpflückt. So aberwitzig zusammengestellt wie Kockelkorn und Brunnenkranz. Was wohl aus ihnen geworden ist? Und wie wohl ihre Bärte heute aussehen – und ob sie sie überhaupt noch tragen? Den Zuhörern gefiel die Vorstellung, weil sie an ihre eigene Jugend dachten.

Ein totales Kontrastprogramm ist seine ständige Kolumne in dem Genussmagazin „Marmite“ in der Schweiz, für das er mal über das Ei schreiben sollte. Sein Titel? „In Schale geworfen“ oder „Ei frei Haus“. Dabei fällt ihm ein , dass es heute gar keine Hühner mehr gibt, die Bärbel oder Elvira heißen. Im Schneewinter 1978/79 raffte er sich mit seinen Brüdern auf, um die ersehnten Eier durch tiefen Schnee vom Bauern zu holen. Denn ohne Eier konnte nicht gebacken werden. Aber – Weihnachten ohne Kekse? Ausgeschlossen. Die gab es dann umso reichlicher. Aber zurück zum Magazin „Marmite“. Sein Thema für eine andere Kolumne lautete “Granatapfel“. Lück titelt „Volle Granate“. Als er sich mit seinem Schwiegervater am Ägäischen Meer aufhielt, lernten sie, dass diese Frucht einfach alles ist: rot und prall und stolz. Und dann der purpurne Saft. Doch im Inneren der Frucht herrschte ein kleines Chaos. Lück erklärt seinen staunenden Zuhörern, wie es geht: „Die Frucht halbieren und in einer Schale heftig auf die Hälften schlagen – dann sind alle Kerne draußen. Und Arme und Hände sehen nicht aus wie blutüberströmt.“

Und noch eine Erinnerung drängt sich ihm auf: Als Jugendlicher spielte Oliver Lück beim FC Union Ulzburg Fußball. Sein türkischer Mitspieler war höchst erfolgreich. „Ilhan Turhan war ein begnadeter Torjäger.“ Viele Jahre später schaute er unter Google nach und fand sehr viele Einträge unter diesem Namen. Und genau zwei Tage später ruft Ilhan Turhan ihn an. Da musste Lück ihm einfach sagen, dass er durch ihn und sein Spiel Kreismeister geworden ist. Zufall?

Und so kramt er eine Erinnerung nach der anderen aus seiner Vergangenheit hervor. Allesamt unterhaltsam mit einem tieferen Sinn. Und fast alles, was er erlebt hat, schreibt er in seinen Büchern nieder. So wie über Irland, das Land der Mythen und Märchen, Und in seinen Geschichten, in denen auch immer erlebte Wahrheiten stecken, die ihm auf Abruf präsent sind. In jedem Fall lohnt es sich, sich von seinen Büchern in die Fremde entführen zu lassen, ganz ohne Ticket. Um ungewöhnliche Menschen und Gebräuche kennen zu lernen und diesen Autor aus Leidenschaft lesend auf seinen Reisen zu begleiten.

Wer übrigens noch mehr über ihn wissen will: Am 17. Februar 2017 liest er aus seiner „Flaschenpost“ in der Bücherei in Henstedt-Ulzburg.

Gabriele David

21. Dezember 2016

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