Nirgendwo blieb er länger: Ulzburger Wolf Rekordhalter in Schleswig-Holstein

Wolfs-Veranstaltung in der vergangenen Woche
Wolfs-Veranstaltung in der vergangenen Woche

Lange keine Neuigkeiten vom Auftauchen des Wolfes in der Großgemeinde gehört – bis zur vergangenen Woche. Da gab es das Prädikat ‚Gefällt mir (fast)‘ von Isegrim für Henstedt-Ulzburg und Umgebung. „Er war drei Monate hier bei Ihnen“, sagte Sonja Suarez vom Freundeskreis freilebender Wölfe bei einem Wolf-Informationsabend des Nabu Kisdorfer Wohld und sei damit bisher der Wolf gewesen, der am längsten an einem Ort in Schleswig-Holstein verweilt habe.

Zur Erinnerung: Canis Lupus, wie der Wolf im lateinischen genannt wird, hatte sich 2012 an der westlichen Ulzburger Ortsgrenze rund um Beckershof und Gut-Kaden aufgehalten, war dabei auch von extra angebrachten Wildkameras fotografiert worden. Ein Jäger, mit dem die HU-Nachrichten nach dem Auftauchen des Raubtiers ins Gespräch kamen, berichtete, dass der Wolf einen ganzen Jahrgang Rehe gefressen habe, dann Richtung Norden abgewandert sei.

Ganz interessant: Wolfgang Springborn, der als Rissgutachter des Landes tätig ist und vergangene Woche neben Suarez ebenfalls als Wolfsexperte referierte, nannte einen möglichen Grund, warum Isegrim Henstedt-Ulzburg und Umgebung, trotz des reich gedeckten Tisches, adieu gesagt hatte. Möglicherweise hängt sein Aufbruch mit der Erntezeit zusammen: Auch in der Marsch sei im vergangenen Jahr ein Wolf für längere Zeit standorttreu gewesen, so Springborn. Als dann aber die Felder abgeerntet wurden, habe er seine Deckung verloren und sei weitergezogen.

Das Auftauchen von Isegrim ist nun schon eine Weile her. Derzeit sind die Chancen aber gar nicht so gering, dass ein Wolf erneut bei uns aufkreuzt. Im Juni wurde Isegrim in Großenaspe und Stuvenborn gesichtet. Im Moment sei viel los, man käme mit den Kartierungen der Wolfsnachweise kaum hinterher, sagte Wolfsexpertin Suarez. Grund für den aktuellen Wolfstrubel: Zu dieser Jahreszeit gehen Jungwölfe traditionell auf Wanderschaft, suchen nach neuen Siedlungsgebieten und Partnern. Jungwölfe bleiben meist zwischen einem und vier Jahren im Rudel ihrer Eltern, bevor sie in die weite Welt hinausziehen. .

Dass Wölfe allerdings tatsächlich in Schleswig-Holstein heimisch werden und sich hier dauerhaft niederlassen, hält Rissgutachter und Wolfsexperte Springborn zwar für nicht wahrscheinlich, will es aber auch nicht ausschließen. Dazu bräuchte es menschenleere Rückzugsgebiete, wo Wölfe ungestört ihre Jungen aufziehen können. Springborn rechnet damit, dass Schleswig-Holstein einstweilen ‚Durchzieherland“ bleibe.

Was dafür sprechen könnte, dass es doch anders kommt: In Dänemark, das von der Struktur her gar nicht so viel anders ausschaut als Schleswig-Holstein, hat sich bereits ein Rudel gebildet. Und generell reicht in unseren Breitengraden für Wölfe ein tendenziell kleineres Revier aus, als anderswo: „Weil das Wild so zahlreich ist“, sagte Suarez. Drei bis vier Kilo Fleisch braucht ein Wolf pro Tag. Das Raubtier frisst vorwiegende Rehe, Hirsche und Wildschweine.

Dass der Wolf zumindest gelegentlich wieder da ist, hat seinen Grund im Zerfall des eisernen Vorhangs nach der Wende 1990. In Osteuropa war der Wolf nie ausgerottet gewesen, breitete sich von dort wieder nach Westen aus. In Schleswig-Holstein war der letzte heimische Wolf 1820 bei Brockenlande geschossen worden. Ein Gedenkstein erinnert dort an das geschichtliche Ereignis.

Christian Meeder

25. Juni 2018

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