Nanu – „Blaue Steine“ gar nicht mehr blau!

Ex-Bürgermeister Volker Dornquast und die vormalige Gemeindevertretung haben 2008 offenbar 270.000 Euro buchstäblich in den Sand gesetzt. Damals, kurz vor der Kommunalwahl, waren sich Verwaltung und Politik darin einig, knapp 70 Straßeneinmündungen im Gemeindegebiet farblich hervorzuheben – man wollte die Überwege für Fußgänger und Radfahrer sicherer machen. Auf Anregung des Seniorenbeirats. Die Kommunalpolitiker entschieden sich für eine vermeintlich langlebige Lösung – der Straßenasphalt in den Kreuzungsbereichen wurde herausgefräst und durch blaue Pflasterscheine ersetzt.

Doch das Preis-Leistungs-Verhältnis sorgte schon gleich nach Fertigstellung für Stirnrunzeln: Das Hamburger Abendblatt berichtete von „einem blassen und eher unauffälligen Blau, von dem zu hoffen ist, dass es bei schlechtem Wetter nicht im Grau der Umgebung versinkt“, errechnete einen Quadratmeterpreis von stolzen 117 Euro und teilte seinen verdutzten Lesern dann mit, dass sich das benachbarte Norderstedt für eine kostengünstigere Variante entschieden habe: Dort würden Radwegüberfahrten mit Steinen aus rot gefärbtem Heißplastik ausgestattet – Kosten pro Quadratmeter etwa 30 Euro.

Die fast viermal so teure, dafür aber als extra langlebig gepriesene Henstedt-Ulzburger Buddelvariante – sie entpuppt sich jetzt endgültig als Schildbürgerstreich. Das kam in der jüngsten Sitzung des Umwelt- und Planungsausschusses heraus. Ganz am Ende der Sitzung, beim Tagesordnungspunkt Unterrichtungen und Anfragen, schlug plötzlich CDU-Gemeindevertreter Dietmar Kahle Alarm: „Die blauen Steine unterscheiden sich nicht mehr vom normalen Asphalt!“ Und stand mit dieser Feststellung nicht alleine da. „Ist mir auch schon aufgefallen“, erklärte Bauamtsleiter Jörn Mohr und kündigte an zu prüfen, ob die gar nicht mehr so blauen Steine noch der Garantie unterliegen. „Das recherchiere ich und berichte dann darüber das nächste Mal.“ Das nächste Mal, das wäre am kommenden Mittwoch – dann gibt’s die nächste Sitzung des Umwelt- und Planungsausschusses. Ab 18.30 Uhr im Ratssaal des Rathauses. Schon einen Tag vorher, am Dienstag ab 19.30, tagt die Gemeindevertretung.

Christian Meeder

17. März 2013

17 thoughts on "Nanu – „Blaue Steine“ gar nicht mehr blau!"

  1. Mit Verlaub, die Diskussion bedarf doch fachlich einiger Ergänzungen: Fachausschuss und Verwaltung haben sich nicht für die im Verkehrswesen üblichen Signalfarben Rot ,Weiß, Gelb und Orange entschieden, sondern für ein blasses Blau. Diese, allerdings demokratische Entscheidung ist fachlich nicht nachzuvollziehen und erfüllt nicht die Zielvorgabe der Erhöhung der Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer. Warum nicht Rot wie vielerorts üblich, siehe Norderstedt! Rot und Weiß finden sich in der Verkehrsbeschilderung, Weiß in der Fahrbahnmarkierung in retroreflektierender Oberfläche, Gelb für Umleitungsmarkierungen und Orange bei Straßeneinsatzfahrzeugen. Aber in Henstedt-Ulzburg musste „das Rad neu erfunden“ werden und Babyblau zur Anwendung kommen. Der Ruf nach Garantie erscheint mir doch ein Ausdruck der Hilflosigkeit zu sein und ist unbegründet.. Jede Farbe verblasst in der Oberfläche durch Verwitterung, Verschmutzung und Gummiabrieb der Kfz (besonders in Einmündungsbereichen). Daher sollte eine Farbe hoher Wahrnehmungsintensität gewählt werden, die auch bei Verschmutzung etc noch ausreichend den Sicherheitsaspekt erfüllen kann, das ist Rot. Man sollte auch die Akzeptanz des Kfz-Fahrers im Auge behalten. Wenn in der größeren Stadt nebenan ein leuchtendes Rot gewählt wird, wird doch das Blassbabyblau in HU gar nicht wahrgenommen.
    Die die Gemeindevertreter überraschende Kostensteigerung kann ich gar nicht verstehen. Für die Einstellung einer Maßnahme von über €250.000,- ist eine Haushaltsunterlage Bau mit Kostenschätzung und Erläuterungsbericht erforderlich. Der Ort und die Anzahl der Einmündungsbereiche ist im Fachausschuss mit Kostenangaben zu beraten und zu beschließen. Das ist eine sehr einfache Rechenaufgabe, die keine hochqualifizierte Ausbildung erfordert. Letztendlich tut mir der Steuerzahler leid, der diesen Unsinn bezahlen muss. Das Geld hätte sinnvoller in Kindergärten, Kinderkrippen, Schulen und in der Straßenschlaglochbeseitung verwendet werden können!

    1. Schlaglochbeseitigung? Da muß man doch jetzt nicht plötzlich mit anfangen, wo der Trend eh zum Geländewagen geht. 😀

      Warum die Wahl von blau „fachlich nicht nachvollziehbar“ sein soll, erschließt sich mir nicht. Die Argumentation soll doch gewesen sein, daß alles mögliche (z.B. viele Fußwege) bereits rot sind, während blau eben auffällig, weil selten ist. Und ich persönlich muß sagen, der blaue Überweg in Henstedt Dorfstr/Wohldweg fällt mir persönlich immer wieder ins Auge, während ein roter Überweg eher „normal“ erscheint. Ob ich das Blau sinnvoll oder hübsch finde, ist etwas anderes, aber die grundsätzliche Argumentation für blau und gegen rot kann ich durchaus nachvollziehen!

      1. …es sei denn, und da bin ich mir gerade dann doch etwas unsicher, besagter Überweg ist gar nicht blau, sondern rot, dann nähme ich zurück was ich schrieb. In meinem Kopf ist er aber eigentlich als blau abgespeichert…

  2. Die Kommentare enthalten leider mehrere falsche Aussagen.

    Der Seniorenbeirat hat nie blaue Steine vorgeschlagen, geschweige denn, beantragt. Unser Antrag mit Fotodokumentation zeigt an vier Orten (Bonn, Kopenhagen, Itzehoe und Wrist) leuchtend blaue Farbe auf Asphalt, auch im Textteil.
    Dass andern Orts schon blaue Steine verwendet worden seien, ist uns bis heute nicht bekannt.

    Blau statt rot haben wir vorgeschlagen wegen der besseren Auffälligkeit im heutigen Umfeld mit vielen rot/braunen Flächen.
    Unser Vorschlag dient der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer, also auch der Autofahrer, die zusätzlich vor unerwartet kreuzenden Radwegen gewarnt werden sollen.

    Die Behauptung, der Seniorenbeirat hätte mit „ziemlichem Druck und massiv gefordert“, ist absurd.

    Zu den Kosten:
    Macht rot oder blau bei gleicher Ausführung einen großen Unterschied aus?
    Dass vergleichsweise blasse Steine statt satt leuchtender Farbe verwendet werden sollten, kam für uns unerwartet.. Dies geschah in mehrerer Hinsicht aus Kostenerwägungen, insbesondere durch längere Haltbarkeit

  3. @ Tina Jordan
    Danke für Itzehoe, ich konnte mich nur noch an die Fotos von Herrn Remde aus Kopenhagen und Amsterdam erinnern 🙂
    Ich erinnere mich aber noch sehr genau, dass fast alle Politiker die technische Frage nach der Farbe und den enormen Kosten gestellt haben: Antwort des Bürgermeisters sinngemäß: nur durchgefärbte Steine halten die Farbe „ewig“!
    @ Horst Schmidt
    Sie haben Recht mit der Situation kurz vor der Wahl. Politiker haben aber nicht die Aufgabe, derartige Maßnahmen zu recherchieren, das ist Aufgabe der Verwaltung. Grundsätzlich halte ich eine derartige Kennzeichnung von Rad- und Fußwegen für sinnvoll. Zur Erinnerung: Das sollte nur auf den Schulwegen durchgeführt werden!

  4. Der Seniorenbeirat hat seinerzeit aber sicher nicht über die 270.000 € entschieden, sondern der Gemeinderat, oder? Insofern müssen sich meines Erachtens vor allem die poliltisch verantwortlichen Entscheidungsgremien diese Fehlinvestition auf die Fahnen schreiben lassen.

    1. —- Aber der Seniorenbeirat hat sie mit ziemlichem Druck und massiv gefordert. Selbstverständlich hätten Politik und Verwaltung ablehnen können. Aber: Wahlkampfzeiten sind besondere Zeiten.

    2. Liebe Herren Warnecke und Kubath!
      Die den Ausschussmitgliedern damals dargelegte Kostenermittlung wies die Preise für eingefärbte Pflastersteine und die aufgetragene blaue Farbe (bei mehrfachen Anstrichen entspr. der Lebensdauer der blauen Steine) beinahe in gleicher Höhe aus. Die Politik entschied sich dann für die blauen Steine. Leider erhöhten sich sie Kosten bis zur Auftragsvergabe um 104 T€. Die Politik trifft hieran kein Verschulden und hatte auch keine Einflussmöglichkeit, da die Maßnahme bereits ausgeschrieben war. Man musste der Vergabe des Auftrages zustimmen.

      1. Liebe Frau Honerlah,

        in der damaligen Diskussion war auch schon die Frage gestellt worden, warum nicht mit Festpreisen gearbeitet wurde. wenn Sich Kosten innerhalb kurzer Zeit um 80% erhöhen, dann ist doch hier ein Fragezeichen angebracht. Wenn die Politik der Auftragsvergabe zu den damals angesetzten 170T€ zugestimmt hat, wäre dann doch die Kontrolle notwendig gewesen, wenn Mehrkosten entstehen. Wer hat hier geschludert ?

        1. Lieber Herr Kubath,
          Grund der Kostenerhöhung war hier nicht ein enormer Preisanstrieg der blauen Steine innerhalb weniger Tage, sondern Inkongruenz zwischen angefragter und benötigter Menge. Kein Politiker hat die benötigten bzw. die als benötigt angegebenen Mengen nachkalkuliert oder die Gehwege nachgemessen. Ob uns daraus ein Vorwurf gemacht werden kann?

  5. Die Diskussion war 2008 rege (auch im damals noch stark genutzen Hu-Forum). Die Frage, warum es ausgerechnet „blaue“ Steine sein mußten, wurde aber von niemanden beantwortet, Die angeblich konstengünstigeren Alternativen mit „rot“, wie in Norderstedt praktiziert, wurde nach meinem Wissen auch von keinem Entscheidungsträger diskutiert.

  6. Herr Schmidt, behaupten kann man ja viel. Haben Sie Belege für Ihre Aussage, woanders hätte man 2008 diese Erkenntnisse erfragen können? Oder ist nicht vielmehr Ihre Darstellung reinster Populismus? Nur damit wir uns richtig verstehen: Ich war seinerzeit auch gegen die blauen Steine und teile Ihr Fazit, aber für eine fundierte Kritik des Gemeinderats und der Verwaltung braucht es dann schon etwas mehr ZDF (Zahlen, Daten, Fakten)…

    Im Übrigen gehört es meines Erachtens zu den Errungenschaften einer lebendigen Demokratie, den Bürgerinnen und Bürgern Rede- und Antragsrechte zu ermöglichen. Das heißt nicht automatisch, dass die politischen Gremien allen Anträgen stattgeben müssen. Man hätte es ja seinerzeit auch mit Verweis auf die Kostensituation bzw. Wirtschaftlichkeit sein lassen können…

  7. So etwas kommt auch dabei heraus, wenn Beiräte überall Rederecht und Antragsrecht bekommen, sich aber über Wirtschaftlichkeit, Finanzierbarkeit, Sinnhaftigkeit keine gedanken machen müssen.
    Auch schon 2008 hätten einfache Nachfragen bei anderen Kommunen, die schon mit blauen Steinen Erfahrungen hatten, die Erkenntnis gebracht: diese blauen Steine sind die teuerste, unsinnigste, schlechteste Lösung! Das war überall bekannt. Nur bei uns und unserem Seniorenbeirat wollte man das nicht zu Kenntnis nehmen. Kurz vor Wahlen (hier Kommunalwahl) wird nun mal kaum ein Antrag „relevanter“ Gruppen abgelehnt – sei er auch noch so widersinnig. Purer Populismus! Sinnlos rausgeschmissene 270.000.– Euro! Mehr als eine viertel Million Euro! Der Seniorenbeirat wird sich diese Geldverschwendung auf die Fahnen schreiben lassen müssen.

  8. Hier den nächsten Schildbürgerstreich zu sehen halte ich für etwas weit hergeholt. Sicher konnte man seinerzeit die Entscheidung kritisieren – ob aber das verwendete Material hält, was der Hersteller versprochen hat, lässt sich nun mal erst nach einer gewissen Zeit überprüfen. Und auch nicht zu vergessen: Die Gemeinde ist ja immerhin einem Anliegen aus der Bevölkerung nachgekommen…

  9. Wenn ich über solche Zahlen nachdenke, dann fällt mir immer wieder die Frage ein: Qui bono?

    Wer profitiert davon – an wen geht das Geld am Ende – war das Angebot bewusst zu hoch? Wer hat es unterschieben? etc.

    Es gibt immer noch eine Kultur des Wegschauens und des „sich-raushaltens“. Denn das ist einfacher, als zu erkennen welche Konsequenzen gezogen werden müssten.

    Das sind unsere Gelder, Gelder für die wir eine weitere Erzieherin oder eine Lehrerin hätten bezahlen können.
    Piraten sind Menschen, die genau diese Fragen stellen, die es wissen WOLLEN!

    1. solange die Bürger nicht aufwachen, können die Lobbyisten schalten und walten wie sie wollen.
      Oder um es mit den Worten von “Le Bon” aus dem Jahre 1895 zu sagen:

      Niemals darf man zur Beeinflussung der Menge den Versuch machen, einen Beweis zu erbringen. Das einzige anerkannte Beweismittel ist die freche und dreiste Behauptung. Nie haben Menschen nach der Wahrheit gedürstet. Sie ziehen es vor, den Irrtum zu vergöttern. Wer die Menschen täuscht, wird ihr Herr, wer sie aufklärt, stets ihr Opfer; denn die Massen haben nur eingeflößte, selten vernünftige Meinungen. Die Leichtigkeit, mit der Behauptungen als richtig übernommen werden, hängt mit der Unwilligkeit der meisten Menschen zusammen, die notwendigen Kenntnisse zu sammeln, um sich eine eigene Meinung zu bilden.

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