Dienstagabend, gerade ist Elisabeth von Bressensdorf zur ersten stellvertretenden Bürgermeisterin ernannt worden, da gibt’s auf einmal einen lauten Knall.
Der BFB-Gemeindevertreter Tile Abel hatte einen Satz nach vorn gemacht, sich das Namensschild von Elisabeth von Bressensdorf geschnappt und es mit Schmackes auf das Namensschild des erst kurz zuvor abgewählten Wilhelm Dahmen gewuchtet: Peng! Es sah so aus, als entlade sich in diesem Moment ein lange aufgestauter Zorn, der auch schon vorher bei seiner Rede durchschimmerte. Grund genug für die Henstedt-Ulzburger Nachrichten bei Abel einmal durchzuklingeln, um mehr über die vermeintliche Wutaktion zu erfahren und über seine Beweggründe, der WHU den Rücken zu kehren.
Doch Politikgetöse hin oder her, das Gespräch drehte sich plötzlich um ganz andere Dinge, denn Tile Abel ist zugleich Landwirt, Jäger und Naturfreund. Und dabei offenbarte der Freizeit-Jäger dann eine kleine Sensation: Die größte Eule der Welt, der Uhu, streift wieder durch die Großgemeinde! Abel zu den Henstedt-Ulzburger Nachrichten: „Ich höre ihn seit einiger Zeit nachts ab und an auf dem Hof, das Geräusch ist ja so durchdringend und so eindeutig, er ist wieder da.“ Nach langer, langer Zeit, denn bis dahin hatte Abel „den noch nie gehört.“
Letztes Jahr im Frühjahr bekam Tile Abel dann den scheuen und nachtaktiven Greifvogel sogar auch einmal zu Gesicht, mitten am helllichten Tag: „Eine Baumgruppe hinterm Haus, die nennen wir bei uns im Sprachgebrauch ‚Unser Park’, da waren haufenweise Krähen, die ein Mordspektakel gemacht haben. Ich bin dann hin: Da saß der UHU im Baum, und die Krähen schrien Zeter und Mordio, kein Wunder, denn nachts geht der UHU los und verfrühstückt sie.“
Für Abel ist die Rückkehr der Rieseneule eine „Bereicherung für die Natur, wie man es sich nur wünschen kann“, und wenn man so will fährt der Beckershof-Landwirt jetzt die Ernte dafür ein, dass er an den EU-Naturschutzprogrammen teilnimmt. So sind seine Äcker beispielsweise von einer relativ breiten unbearbeiteten Grünzone eingerahmt. „Das sogenannte Ackerrandprogramm, die Flächen werden nur einmal im Jahr gemäht, und man muss sich verpflichten, dieses Land dann mindestens fünf Jahre so zu betreiben“, erzählt Tile Abel. Er habe eigentlich immer schon an diesen Naturschutzprogrammen teilgenommen, deswegen hätten sich auch Rebhühner bei ihm immer gehalten. „Ich bin ja die letzten Tage am Ackern gewesen und auch da habe ich wieder Rebhühner gesehen.“
Bei aller Freude um Uhu und Rebhuhn, zwei andere Tierarten, die im übrigen Land keinesfalls selten sind, machen sich rar oder sind sogar schon ausgestorben in Abels Revier: Wildschwein und Damwild. Früher seien die Wildsauen über das Henstedter Moor und Dammstücken bis in den Bereich Beckershof gewandert, heute versperre ihnen die Bebauung den Weg. Und das Damwild bleibe seit dem Bau des Autobahnzubringers weg. Das sei bis dahin über Kaltenkirchen eingewandert. „Wenn jetzt noch mal ein Stück durchkommt, dann durch den ‚Säuferweg’“, so Abel. Mit dem Säuferweg meinen die ortsansässigen Landwirte eine schmale Unterführung am Autobahnzubringer.
Und so macht das Naturparadies „Beckershof“ auch auf ein oft unbeachtetes Problem unserer Zeit aufmerksam: die mangelnde Vernetzung der Lebensräume. Die auch dazu führen wird, dass der geplante Naturraum Siebenstücken sein Potential nicht ausschöpfen kann. Denn das Gebiet, wo demnächst der Auerochse grasen soll, um insbesondere Bodenbrütern wie dem Kiebitz Ersatzlebensraum zu bieten, kann von den meisten Tierarten kaum erwandert werden. Es ist quasi umzingelt: vom Autobahnzubringer im Süden, der Autobahn im Westen und dem Kaltenkirchener Gewerbegebiet im Osten.
Christian Meeder
25. März 2012
Dieser Artikel könnte Sie auch interessieren. Ausgestorbene Auerochsen sollen Kiebitz retten