Was wären wir ohne Kunst und Kultur – dieses Thema hätte eigentlich schon zu Beginn der Saison im Mittelpunkt stehen müssen. Jedenfalls für Galeristin Angelika Dubber, der diese Frage besonders am Herzen liegt. Und die nichts unversucht lässt, den Menschen mit ihren Bilderausstellungen, Lesungen, Präsentationen, Vorträgen und Ausflügen zu den Künstlern in ihren Ateliers die Kunst und damit auch die Kultur im Umgang mit den Menschen untereinander nahe zu bringen. Was von ihren Anhängern übrigens immer wieder begeistert wahrgenommen wird.
Jetzt, zum Abschluss der Saison und der SE-Kulturtage, konnte die Galeristin die Literaturwissenschaftlerin Anette Schwohl dafür gewinnen, einem interessierten Publikum die eigentliche Bedeutung von Kunst und Kultur auf subtile Weise zu verdeutlichen. Was ihren Vortrag, der durch viele Äußerungen und Zitate kluger Menschen und Dichtern und Denkern vertieft wurde, noch anschaulicher machte. So wurde im Laufe ihres Vortrags immer deutlicher, was Kunst mit Kultur verbindet und dass das eine nicht ohne das andere bestehen kann.
Stellt sich also die Frage: Was berührt mich, was bewegt mich? Gerade Menschen, die aus einfachen Familien kommen, entwickeln im Laufe ihres Lebens eine besondere Affinität gerade für Kunst und Kultur, für Musik und Dichtung, obwohl sie in ihrer Kindheit nie damit zu tun hatten. „Kultur ist das Menschlichste, das wir haben, wenn es um die Beschäftigung mit Gut und Böse geht.“ Schon im Kinderbuch siegt das Gute über das Böse. „Deshalb begleiten mich auch die Texte von Bob Dylan seit meinem 13. Lebensjahr“, erinnert sich Anette Schwohl. „Das prägte und bestärkte mein Gefühl für Kunst. Und was will mir die Kultur damit sagen? Was sah ich damals und heute in seinen Liedern?“ Diese Frage blieb offen.
„So ist Krieg das Gegenteil von Kultur. Kulturelle Bildung zeigt sich im Umgang mit anderen Menschen. Darin, wie man miteinander kommuniziert. Deshalb bereichert uns Kultur auf vielfältige Weise.“ Kultur macht Gesellschaft erst möglich. Sie ist kein Luxus, aber sie ist hilfreich in Krisensituationen. „Kultur eröffnet uns Perspektiven und schafft Identität. Denn der Mensch ist ein sinnsuchendes Wesen. Künstlertreffen und Kunstschaffende kommen zu Gipfelerlebnissen, die in Momenten der Erleuchtung zur Einsicht und zur Erkenntnis führen.
Kunst bedeutet, neugierig zu sein. Die Unendlichkeit dagegen gibt keine Antworten – aber die Energie bleibt. Sie geht nicht verloren.“
„Tatsache ist, dass beim Malen, Schreiben oder Musizieren das Zeitgefühl verloren geht. So stellt dieses Tun ganz offensichtlich Erholung und Beruhigung dar. Man gerät in einen Flow – die rechte, dafür verantwortliche Gehirnhälfte muss dafür nicht kultiviert werden. Malen ist gleich Wohlgefühl und Selbstwertgefühl. Die Soziale Gemeinschaft, Natur und Kunst bilden so Teil eines Ganzen. Kultur ist kein Luxus, Kultur ist Notwendigkeit.“
Unter den Zuhörern befanden sich auch die Politikerin Karin Honerlah von der WHU und der Jurist Dr. Klaus Wiegand, der mit einigen interessanten Einwürfen die Rede belebte. Der Henstedt-Ulzburger Maler Albert Christopfh Reck war mit seiner Frau und Tochter Genoveva gekommen. Eine Künstlerfamilie, die seit Jahrzehnten weiß und erlebt hat, was ihr Kunst und Kultur bedeutet. Der von Frau Dubber vorgestellte Künstler Uwe Fossemer korrigierte sie knapp und meinte, er sei kein Künstler, sondern ein Arbeiter. Als Glasmacher und Glasmaler entstehen unter seinen Händen fantastische Kirchenfenster, die in seinem Atelier in Itzstedt und in der Naher Kircher zu bewundern sind. Also doch ein Künstler (mit Understatement), und was für einer.
Nach dieser erkenntnisreichen Stunde fühlten sich alle ein wenig erhabener bei dem Gedanken, die Bedeutung von Kunst und Kultur nun viel besser verstanden zu haben und auch entsprechend wertzusschätzen.
Weitere Informationen über Angelika Dubber, Galerie Sarafand, Schultwiete 2, Telefon 63 43
Gabriele David
5. Oktober 2016