Journalistenverband: Bürgermeisterin verstößt gegen Informationsrecht der Presse!

Der Deutsche Journalistenverband (DJV), Landesverband Schleswig-Holstein, „kritisiert die amtierende Bürgermeisterin von Henstedt Ulzburg, Elisabeth von Bressensdorf (CDU), die ihre Mitarbeiterin angewiesen hat, bis auf weiteres die ‚Henstedt Ulzburger Nachrichten’ nicht mehr zu Pressekonferenzen einzuladen“. So heißt es in einer Erklärung der Journalistengewerkschaft, die heute landesweit veröffentlicht wurde.

Die Mitteilung lautet weiter: „Nach Informationen des DJV durch die Redaktion der ‚Henstedt-Ulzburger Nachrichten’ fühlt die Bürgermeisterin sich und ihre Verwaltungsspitze durch die Berichterstattung über die Vergabepraxis der Gemeinde beschädigt. Zudem hätten die ‚Henstedt-Ulzburger Nachrichten’ über eine Presserundfahrt der Gemeinde nicht berichtet. Die Bürgermeisterin hat daher den Kontakt zu dieser Online-Zeitung abgebrochen.“

Die Anordnung der Bürgermeisterin verstößt laut DJV gegen das im Landespressegesetz geregelte Informationsrecht der Presse. „Die Behörden sind verpflichtet, den Vertreterinnen und Vertretern der Presse die zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen“, sagt Karla Frieben-Wischer, Vorsitzende des DJV-Landesverbandes Schleswig-Holstein.

„Es ist den Behörden aus gutem Grund verboten, kritische Medien auszuschließen. Vielmehr ist es Aufgabe der Medien, Informationen zu sichten und zu bewerten“, so die Vorsitzende des DJV. Frieben-Wischer fordert die Bürgermeisterin auf, ihre Anweisung unverzüglich aufzuheben und wieder zur Sachlichkeit zurückzukehren.

Massiven Gegenwind bekommt Elisabeth von Bressensdorf heute noch einmal von Henstedt-Ulzburgs Liberalen: „Die FDP ist entsetzt über die angebliche Anweisung der amtierenden Bürgermeisterin, die Onlinezeitung Henstedt-Ulzburger Nachrichten von Pressegesprächen/Pressekonferenzen der amtierenden Bürgermeisterin auszuschließen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Partei. Die FDP hat deshalb eine schriftliche Anfrage zur Beantwortung in der Gemeindevertretersitzung am Dienstag, 21. August, um 19.30 Uhr im Rathaus an die amtierende Bürgermeisterin von Bressensdorf gestellt:

1.) Ist es richtig, dass zu der/den letzten Veranstaltung/en die Henstedt-Ulzburger Nachrichten nicht eingeladen worden sind?

2.) Ist es richtig, dass dies auf ausdrückliche Weisung der amtierenden Bürgermeisterin so gehandhabt wurde?

3.) Auf welcher rechtlichen Grundlage wurde diese Weisung gegeben?

In ihrer schriftlichen Anfrage für die Sitzung der Gemeindevertretung stellen die Liberalen fest: „Ein Ausschluss von unliebsamen Journalisten passt nicht in unsere Demokratie und ist nach Auffassung der FDP nicht mit dem Amt eines Bürgermeisters vereinbar. Die FDP wird ein solches Verhalten, sollte es sich als wahr herausstellen, nicht ohne Konsequenzen hinnehmen.“

Noch deutlicher wird da der frühere Henstedt-Ulzburger Bürgervorsteher Horst Schmidt, der nach eigenem Bekunden kein unbedingter Anhänger der Henstedt-Ulzburger Nachrichten ist. In einem Leserbrief fordert er die stellvertretende Bürgermeisterin indirekt zum Rücktritt auf. Für den Fall, dass sie das nicht tut, regt Horst Schmidt ihre Abwahl durch die Gemeindevertretung per Dringlichkeitsantrag am kommenden Dienstag an.

Die örtliche CDU will zu dem „Maulkorb“ für die Henstedt-Ulzburger Nachrichten nach wie vor nicht Stellung nehmen. „Wir sehen derzeit keinen Anlass dazu“, erklärte Pressesprecher Frank Bueschler auf Nachfrage.

Jörg Schlömann

16. August 2012

5 thoughts on "Journalistenverband: Bürgermeisterin verstößt gegen Informationsrecht der Presse!"

  1. Wenn dann die Stellungnahme kommt, bin ich mal auf die Version gespannt. Wird es das „falsch zitiert“ sein, oder „aus dem Zusammenhang gerissen“, gern auch immer das „große Mißverständnis“. Dann gibt es noch die letzte Konsequenz: „um meine Familie vor den ungerechtfertigten Anschuldigungen usw… ziehe ich die Konsequenzen…“
    Das Politiktheater ist klasse und um einen meiner Vorkommentatoren zu bestätigen, wer braucht da das Fernsehen!

    1. Nicht die CDU kommentiert, sondern die Dame selber.. Die Pressemitteilung vom gestrigen Tag spottet jeglicher Souveränität. Vielleicht ist es das Interesse der CDU einen freien Listenplatz für die nächste Kommunalwahl zu schaffen. Aber das werden die Parteiverantwortlichen selber am besten wissen.

  2. Ich bin für Sachlichkeit, daher habe ich mich an die Worte meines Jura-Professors Wolfgang Hoffmann-Riem erinnert: „Der Blick in das Gesetz erleichtert die Rechtsfindung“ und habe die beiden relevanten Paragraphen des Landespressegesetzes für Schleswig-Holstein aufgeführt:

    „Gesetz über die Presse
    (Landespressegesetz)
    in der Fassung vom 31. Januar 2005
    Fundstelle: GVOBl. 2005, S. 105

    § 4 Informationsrecht der Presse
    (1) Die Behörden sind verpflichtet, den Vertreterinnen und Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen.
    (2) Auskünfte können verweigert werden, soweit
    1. hierdurch die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt,
    erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte oder
    2. Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen oder
    3. ein überwiegendes öffentliches oder ein schutzwürdiges privates Interesse verletzt
    würde oder
    4. ihr Umfang das zumutbare Maß überschreitet.
    (3) Allgemeine Anordnungen, die einer Behörde Auskünfte an die Presse verbieten, sind unzulässig.

    § 18 Hörfunk, Fernsehen, Mediendienste
    § 4 gilt für Hörfunk, Fernsehen und Mediendienste entsprechend.“

    Abgesehen davon, dass jegliches Auskunftsverlangen von Gemeindevertretern oder der Presse anscheinend das zumutbare Maß für die Verwaltung überschreiten, gibt es für eine Verweigerung keine triftigen Gründe.

    Es sollte hier insbesondere der Absatz 3 eingehend geprüft werden: Der Ausschluss einzelner Pressevertreter von einer Pressekonferenz, könnte als Anordnung verstanden werden, Auskünfte zu verweigern. Und dies ist eindeutig VERBOTEN.

    Warum Herr Bueschler als CDU Pressesprecher für eine Stellungnahme keine Veranlassung sieht, obwohl ein möglicher Rechtsbruch „seiner“ Vertreterin im Rathaus im Raum steht, erschließt sich mir nicht und wirft ein schlechtes Licht auf das Demokratie- und Rechtsverständnis der örtlichen CDU.

    Die CDU muss Farbe bekennen und erklären, ob sie hinter Ihrer stellvertretenden Bürgermeisterin steht oder nicht.

    1. Leserbrief SZ 23.08.2012: „…Presse-Eklat…“ (H.Ulz.)

      Wie gut, dass es die Presse gibt. So erfährt die interessierte SZ-Leserin, dass in Henstedt-Ulzburg die stellvertretende Bürgermeisterin Elisabeth von Bessendorf (CDU) versucht hat, die unabhängige Berichterstattung in der Lokalpresse in Ihrem Sinne zu beeinflussen. Sie unterdrückte Informationen an die kritische, lokale Online-Zeitung „Ulzburger-Nachrichten.de“. Ein Presse-Eklat?

      Das ist doch noch gar nichts gegen das, was im letzten Juni in Bad Segeberg unter BGM Schönfeld abgegangen ist. Da wurde in einem „Blitzfeldzug“ nach mehr als 14 Jahren Bürgerfunk sogar das ganze Studio von „Radio Bad Segeberg“ ausgeräumt und dicht gemacht – in Absprache mit dem Leiter des Offenen Kanal Schleswig-Holstein Peter Willers. Waren die „ehrenamtlichen“ Redakteure, ModeratorInnen und Techniker dort keine „Journalisten“? Die meisten von ihnen sendeten harmlose Musikbeiträge wie Blues, Jazz, Techno … Dazwischen ein paar Magazin- und Unterhaltungssendungen wie Radioshow, RCS-Show (Fun and Music zum Wochenende) oder „Monicas Highlights“, eine musikalische Rundreise durch den Veranstaltungskalender der Stadt Bad Segeberg. Allerdings gab es damals schon „MaMaBos extras“, die „bitterbösen Kommentare“ zu Themen in und um Bad Segeberg. Da bekam BGM Schönfeld regelmäßig sein Fett ab, etwa beim Thema Skateranlage, Jugendkulturzentrum Hotel am Kalkberg (HaK), FehMare…usw. Versuchte BGM Schönfeld mit der Studioschließung etwa nicht die Meinungs- und Pressefreiheit zu unterdrücken?

      Angeblich erfolgte die Schließung des Studios aus finanziellen Gründen, aber … der Studioraum stand seitdem leer. Und im November letzten Jahres wurde sogar ein neues Studio in der JugendAkademie eröffnet – ein „Segeberger Jugendradio“ mit sozialpädagogischer Begleitung. Kostet das nix?

      Jedenfalls waren damit die „Alten“ draußen. Nicht ganz! Ein paar senden immer noch – vorproduziert oder online, auf den Wellen vom Offenen Kanal Lübeck (UKW/fm 98,8 oder 106,5 im Kabel oder „reinhören“ bei http://www.radiobadsegeberg-online.de) . Auch „MaMaBo“ mit ihren „Extras“ zu Themen in und um Bad Segeberg ist noch dabei. Aber weder die Lokalpresse noch das Schleswig-Holstein-Magazin berichte(te)n darüber. Nicht einmal das Anschreiben an die komplette Stadtvertretung wegen eines Vorstellungstermines für ein neues Radiokonzept wurde beantwortet. Kein Presse-Eklat?

      Solange die Presse solche Vorgänge in der Kreisstadt Bad Segeberg totschweigt wohl kaum. Aber nach dem Presse-Eklat in Henstedt-Ulzburg wächst die Hoffnung. Danke! Muss ich mich jetzt nur noch als freie Journalistin bei einem Journalistenverband anmelden, um für das Informationsrecht der Presse wahrgenommen zu werden?

      Magret Bonin, freie Journalistin
      Moderatorin im „Radio Bad Segeberg“
      „ein Radio, das keiner mehr hören soll,
      aber mehr als 450.000 hören können“

      ps
      „Wir im Radio Bad Segeberg, Schleswig-Holstein“ machen seit 1997 Bürgerfunk, nicht Deutschlandfunk. Denn wir sind keine Profis, sondern Amateure, dh mit dem Herzen dabei. Wir senden selber: Musik, Infos, Live-Mitschnitte und mehr … zu Themen in+um Bad Segeberg. Hör´n Sie doch mal rein: Montags 18.05-19h;
      Antenne 98,8 – Kabel 106,5 (auf den Wellen vom Offenen Kanal Lübeck) und online: http://www.radiobadsegeberg-online.de

  3. Die CDU sieht keinen Anlass zu einer Stellungnahme???
    Keine Stellungnahme ist fürmich auch eine Stellungnahme…

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