Die Besucher waren gespannt: eine ganze Ausstellung für etwas, das den meisten Menschen eigentlich zuwider ist, oft Ekel hervorruft oder gar Angst macht? Nur so konnte das Thema „Gezieferwelten“ doch verstanden werden. Keineswegs! Denn wenn nicht mal der Künstler Manuel Hopp seine Geziefer ernst nimmt („Ungeziefer gibt es nicht“), dann sahen es die Besucher der Vernissage in der Galerie Sarafand auch ganz locker. Bei näherem Hinschauen entpuppten sich seine farbigen Insekten und vor allem seine glänzend bunten Käferkeramiken nämlich als freundliche Persiflage auf alles, was da sonst so in der Natur kreucht und fleucht. Nicht ernst zu nehmen vor allem deshalb, weil er seinen vielbeinigen Kriechobjekten nicht nur so fantasievolle Namen wie Blauschlund, Schwanenhalsbrämie und Zweischwanzschabe gegeben hat, sondern sie auch noch hemmungslos ins Lateinische übersetzte.
Ob Skizzen, Linolschnitte oder Plastiken – sie alle entlockten den Besuchern ein amüsiertes Lächeln, gepaart mit Bewunderung für den 56-jährigen Künstler, der sich nicht scheute, sogar die Pestgurke in einer Installation zu präsentieren. Inspiriert durch einen Artikel im Hamburger Abendblatt setzte er das milllionenfach vergrößerte Bakterium in Weißwurstgröße in einen mit Wasser gefüllten Glashafen – gespickt mit allerlei Kleinzeug, „weil da ja sicher noch irgendwas Schädliches drauf saß“, wie Manuel Hopp vermutet.
„Ihn irgendwo einzuordnen, geht gar nicht“, stellte Galeristin Angelika Dubber zur Eröffnung der Vernissage fest. „Es ist nicht nur handwerkliches Können, sondern auch absolutes Beherrschen der Materie.“ Da war zunächst das Fotohandwerk, das er perfektionierte. Ihm folgte ein Germanistikstudium und danach ein Aufenthalt in Paris. Zurückgekehrt widmete er sich der Pressearbeit, bis er ein Architekturstudium begann, das ihn uunter anderem motivierte, Särge und Urnen unter künstlerischem Aspekt zu gestalten. Diese Neugier auf Neues treibt ihn bis heute an. Jetzt sind es die Keramiken, eine Hommage an die Insekten, denen seine ganz besondere Liebe gehört („Wenn Sie wüssten, wie wunderschön Wanzen aussehen …“). Er wirkt wie seine Skizzen als Vorlage für spätere Plastiken, immer mit einem verschmitzten Augenzwinkern im Blattwinkel. Unter seinem Blick erscheinen die harmlosen oder gefährlichen Krabbeltiere daher in einem ganz anderen Licht. Was übrigens schon bald auf den Betrachter übergeht. Nicht ein einziges „Iii!“ war zu hören…
Zu hören war dagegen der Gitarrist Holger Steenbock, der die Aufmerksamkeit von Zeit zu Zeit mit sanften Klängen und weicher Stimme auf sich lenkte. Chansons von Reinhard Mey und eigene Texte gleichen Niveaus setzten angenehme Akzente zum Smalltalk der geladenen „Eingeweihten“, die sich in der Kunstszene von Henstedt-Ulzburg und Umgebung immer wieder begegnen.
Nicht zu vergessen der Weltladen aus Norderstedt, dessen Produkte anlässlich seines 15-jährigen Bestehens hier ein besonders attraktives Forum für seine Präsentation gefunden hatte. „Bei uns wird nur ehrenamtlich gearbeitet“, betonte Rita Goebel, die mit Wolfgang Dick das Weltladen-Team vertrat. „Der Gewinn der verkauften Waren wird ausnahmslos gespendet, um in Krisengebieten zu helfen.“ Bis heute gilt ihr Leitmotiv „Fairer Handel, Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit“.
Über eine Begegnung der besonderen Art durfte sich die Galeristin persönlich freuen, als die ersten Besucher schon gegangen waren. Plötzlich ging ein Raunen durch den Raum: Ist sie’s oder ist sie’s nicht? Doch, sie war es: die Hamburger Kultursenatorin a.D., Journalistin und Buchautorin Dana Horáková! Gerade war ihre vielgerühmte Artikelserie „Starke Frauen – verehrt, geliebt, verteufelt“ in Buchform im Quadriga Verlag erschienen. Diese Neuigkeit verriet die immer noch mädchenhaft wirkende, lebhafte Autorin mit geradezu kindlicher Freude. Ein Buch, das angesichts von Quotenregelung und Niedriglohn für Frauen aktueller nicht sein könnte. „Starke Frauen hat es immer gegeben, damals wie heute“, sagt Dana Horáková und lächelt vielsagend. Sie jedenfalls ist eine.
Gabriele David