Gut für den Haushalt, schlecht für Pendler – Landwirt will kein Land am Meeschensee hergeben

Der Bahnhof Meeschensee liegt fernab der Zivilisation – und ist trotzdem gut frequentiert. 604 Ein- und Aussteiger zählte die landeseigene Verkehrsservicegesellschaft (LVS) dort durchschnittlich jeden Tag im Jahr 2010. Ein Grund für den Andrang: Der Bahnhof – noch auf Norderstedter Gebiet gelegen – bildet eine Tarifzonengrenze. So kostet die Fahrt von Hamburgs Innenstadt bis nach Meeschensee preiswerte 2,80 Euro, fährt man nur eine Station weiter nach Ulzburg-Süd werden gleich 4,65 Euro fällig.

Diese Diskrepanz hat Folgen: Statt die Bahnhöfe der Großgemeinde in Mitte oder Süd anzusteuern, fahren viele Henstedt-Ulzburger mit ihrem Auto gleich weiter nach Meeschensee. Dafür ist die dortige Bahnhofs-Infrastruktur allerdings nicht ausgelegt, der P&R-Platz platzt regelmäßig aus allen Nähten. Notgedrungen parkt so mancher seinen Wagen denn auch einfach im angrenzenden Wald.

Die Zustände sind nicht neu, doch nun sollte endlich Abhilfe geschaffen werden: Durch den Bau von 30 zusätzlichen Pkw-Stellplätzen. 220.000 Euro sind dafür im Gemeindehaushalt 2012 vorgesehen, der auf der nächsten Gemeindevertretersitzung verabschiedet werden soll.

Jetzt sieht es allerdings so aus, als ob die Gemeinde den Betrag wider Willen zur Schuldentilgung verwenden könnte. Denn Politik und Verwaltung haben offenbar die Rechnung ohne den Landwirtschaftsbetrieb gemacht, dem die nötigen Flächen gehören und der dort Mais und Getreide anbaut. Das, so lässt dieser der Gemeinde ausrichten, soll auch so bleiben: „Wir verkaufen keinen Quadratmeter von unserem Ackerland“, so die Bäuerin zu unserem Reporter Hans Bliedung. Denn der Hof, der vor allem Milchwirtschaft betreibt, baue fast sämtliche Futtermittel für die Kühe selber an und sei deshalb auf jedes Stück Land angewiesen, so die Begründung der Landwirtin.

So mancher steuerzahlende Bürger der Gemeinde dürfte das wahrscheinliche Aus für die Erweiterung mit Genugtuung registrieren. So hatte beispielsweise bei Leser Kurt Göttsch das Vorhaben  Kopfschütteln hervorgerufen: Kosten von 7.000 Euro pro Parkplatz hatte dieser errechnet und damit die Verhältnismäßigkeit des P&R-Ausbaus angezweifelt.

Doch auch genervte parkplatzsuchende P&R-Nutzer müssen nicht verzagen. Denn Henstedt-Ulzburger-Nachrichten-Reporter Bliedung hat sich bei seinem Streifzug durch die Wiesen und Wälder rund um das Meeschensee-Gebiet, in Begleitung von Vierbeiner Krümel, auch zum nächsten Bahnhof Haslohfurth vorgewagt. Und dort, nur rund 500 Meter weiter südlich, das scheinbar Unmögliche entdeckt: freien Parkraum, direkt am Bahnhof. „Der wenig genutzte Wald-Parkplatz bietet Platz für mindestens 15 Pendler“, so Bliedung.

Christian Meeder
17. Januar 2012

7 thoughts on "Gut für den Haushalt, schlecht für Pendler – Landwirt will kein Land am Meeschensee hergeben"

  1. Ein Streit Thema ohne Sinn.
    Ein Auto bringt dem Staat mehr einnahmen als der ÖNV/ÖV…
    Selbst dann,wenn das Fahrzeug nur alle Zwei Tage genutzt wird.
    Busse und Bahnen hingegen fahren immer Minus ein,egal wie gut die Strecken ausgelastet ist.Ich habe den ÖNV den Rücken gekehrt weil mir der Gestank und das ewige Umsteigen in den Bus/Bahnen und auf den Bahnhöfen ganz gewaltig auf den Zeiger gegangen sind.

  2. Lieber Herr Kenklies,

    Sie haben absolut Recht, wenn Sie auf die emotionale Komponente des Autofahrens hinweisen. Bequemlichkeit allgemein ist ein großes Thema in der ÖV-Planung. Dass aus H-U der „Pendlermarktanteil“ für die AKN so niedrig ist, dürfte auch am Umsteigezwang liegen. Diese „Rahmenbedingungen“ ändern wir aber mit unseren Maßnahmen nicht. Wir könnten die Fahrt aus Ulzburg gratis machen oder noch Geld dazu zahlen – man muss bis zum Jungfernstieg trotzdem zweimal umsteigen oder in Eidelstedt auf dem zugigen Bahnsteig herumstehen!

    Die Frage ist, was wir in Henstedt-Ulzburg erreichen wollen. Was ist das Ziel, wenn wir einmalig einen sechsstelligen Betrag in P+R-Parkplätze oder gar dauerhaft in die Verlagerung der Zahlgrenze investieren?

    „als eine (leichte?) Verbesserung des Busangebots.“

    Mit der Verlagerung der Zahlgrenze müssen erstmal alle bisherigen Nutzer weniger zahlen. Das ist ein Einnahmenausfall in erheblicher Höhe, den der HVV gern von der Gemeinde erstattet haben will. Dagegen stehen die zusätzlichen Einnahmen durch neue Nutzer. Das sind dann die, denen 95,60 € im Monat zu teuer sind, die aber – bei gleichem Angebot ! – für 77 € doch mit der AKN pendeln würden. Die Gemeinde hätte den Autoverkehr weniger auf den Straßen, der durch die neuen Nutzer verursacht wurde. Und die bisherigen Nutzer haben ein paar Euro mehr im Monat in der Tasche.

    Würden wir das Busnetz verbessern, blieben die Einnahmen erstmal gleich. Die Gemeinde hätte dafür höhere Ausgaben für zusätzliche Bus-Kilometer. Dem entgegen stehen zusätzliche Einnahmen durch Leute, die heute den ÖV ggf. gar nicht nutzen, weil es für sie kein Angebot gibt.

    Ich kenne die Zahlen der „ÖV-Total-Verweigerer“ in H-U nicht – aber im Ort kommt statistisch auf fast jeden über 18 auch ein Auto (über 950 Autos pro 1.000 Einwohner über 18 in H-U, Stand 2006). Wenn man das erstmal hat (haben muss), dann wird es – Stichwort: Bequemlichkeit – auch für alles genutzt. Ein Großteil der Kosten fällt ja sowieso an: Steuer, Versicherung… Mit der bloßen Verlagerung der Zahlgrenze ohne Verbesserung des Angebots gibt es keinen zwingenden Grund weniger für ein Auto. Aber ich glaube, dass genau da der Ansatzpunkt liegt, den wir wählen müssen.

    Heute
    – fährt aus dem Gewerbegebiet nach 19.30 Uhr gar kein Bus mehr.
    – herrscht tagsüber teilweise selbst in der Rush Hour nur ein 40-Minuten-Takt
    – fährt am Freitag und Samstag Abend teilweise über 1,5 Stunden gar kein Bus, obwohl der „Ausgehverkehr“ in H-U mit mehreren Discotheken und privaten Feiern längst nicht mehr dem verschlafenen Dorf von 1970 entspricht
    – sind die Buslinien teilweise so schlecht verbunden, dass die eine Linie die andere um genau 1 Minute verpasst
    – fahren die Busse an Zielen mit hohem Besucheraufkommen wie der Ulzburger Mitte (Rathaus, Gemeindebücherei, Edeka) einfach ohne Halt vorbei. (Haltestellenabstand in Ulzburg-Mitte: 800 Meter)

    Ich glaube, da könnte man einiges optimieren, so dass der ÖV auch eine einigermaßen ernstzunehmende Alternative zum Drittauto wäre. Insgesamt wäre selbst eine deutliche Leistungsausdehnung (z.B. Ausdehnung 20-Minuten-Takt, zusätzliche Fahrten abends – da müsste man genauer analysieren, wo Nachfragepotential besteht) überschlagen gerechnet für die Gemeinde günstiger als die Zahlgrenzenverlagerung. Und nebenbei hätten jedenfalls potentiell viel mehr Einwohner etwas davon.

  3. Hallo Herr Sazmann,
    Sie haben rational betrachtet Recht.

    Die Verkehrsmittelnutzung und insbesondere das Auto sind jedoch in der Regel emotional besetzt. Die Verkehrsmittelwahl wird daher oft „aus dem Bauch“ heraus entschieden. Und der „Bauch“ strebt nach der besten Mischung aus Bequemlichkeit und Kosten. Mir sind daher durchaus Pendler bekannt, die erst nach Hamburg fahren um dort (günstiger und ohne weitere Umstiegszwänge) zu Ihrer Arbeit zu gelangen.

    Ich behaupt daher: „Der Henstedt-Ulzburg“ läßt sein Auto im übrigen sowieso nur desshalb auf einem P+R-Platz stehen, wenn es an seinem Arbeitsplatz keine Parkmöglichkeiten gibt.

    Daher ist die Verlegung der Tarifgrenze für viele Interessanter, als eine (leichte?) Verbesserung des Busangebots.

  4. Lieber Herr Grützbach,

    wenn es nur an der Zahlgrenze läge, müssten (!) die Leute schon heute nicht bis Meeschensee fahren.

    Dass aus H-U so wenig Leute mit dem HVV unterwegs sind, liegt ganz sicher nicht am Preis. Entsprechend würde ich ehrlich gesagt fast wütend, wenn die Gemeindepolitik überlegen würde, das ohnehin knappe Geld in die völlig falschen Ecken zu stecken. Und das wäre eine Verlagerung der Zahlgrenze mit dem nötigen Ausgleich der fehlenden Einnahmen durch die Gemeinde, wie vom HVV gefordert.

    Wir brauchen ein besseres Angebot, gern auch im Busbereich. Wenn Sie die ganze Strecke mit dem Bus fahren können, wird kein P+R-Parkplatz benötigt, es fährt gar kein Auto auf den überlasteten Straßen im Ort und sie sparen als Autofahrer auch noch das Geld für die Strecke zum Bahnhof sowie für das ganze (Zweit-)Auto, das eventuell einfach überflüssig wird.

    Pendler mit Monatskarte (ABO) zahlen übrigens ab Meeschensee 77,00 € und ab Henstedt-Ulzburg inkl. Busnetz 95,60 €/Monat. Für 18,60 € kriegen Sie kein Auto der Welt, das bei P+R-Pendlern schließlich den halben Tag nutzlos auf nem Parkplatz herumsteht.

    Für Gelegenheitsnutzer sollte sich die Gemeinde dafür einsetzen, den Preissprung von Großbereich (Meeschensee) auf 3 Ringe (Ulzburg) langfrisitig wieder zu verringern. Das ist die Wurzel des Rest-„Problems“. Würde es ab Ulzburg 1 € mehr kosten als von Meeschensee, gäbe es keinen Anreiz mehr für 5 km einfache Strecke zusätzlich mit dem Auto.

  5. Ich halte ebenso die ca. 7.000 Euro pro Stellplatz für zu viel Geld. Es würden nur 30 Plätze geschaffen und es würde erneut viel Fläche versiegelt. Glücklicherweise lehnt die Landwirtin ab. Danke!

    Ich bitte daher die Verantwortlichen, sich erneut für eine Verschiebung der Zahlgrenze mindestens nach Ulzburg-Süd einzusetzen, besser noch nach Ulzburg-Mitte. Dort sind bereits Parkplätze vorhanden bzw. die Leute müssten gar nicht mehr mit dem Auto fahren.

    Die Autofahrt nach Meeschensee auf die angedachten Parkplätze ist doch ökologisch unsinnig und passt nicht mehr in die heutige Zeit.

  6. „Vieleicht könnte man ja die Tarifzonengrenze einfach mal angehen“

    Keine Chance, die Grenze liegt heute schon zu weit nördlich für die HVV-Tariflogik.

    „das würde dann auch genau die Pendler noch weiter von der Hamburger Strasse runterbringen, die jetzt zum Sparen nach Meeschensee fahren…“

    Das sind ja eh nur 30 🙂 Ansonsten als Vorschlag: die Tarifgrenze eben wieder zurück zur Quickborner Straße. Da war sie über Jahrzehnte und es ist nicht überliefert, dass geizige Ulzburger Pendler den nicht vorhandenen Pendlerparkplatz dort überlastet hätten.

    Andere Sache: Mich juckte wahnsinnig in den Fingern bei den letzten Artikeln, einmal auf die miserablen Zustand der Ulzburger Bushaltestellen hinzuweisen. Die verwahrlosten über Jahre, hatten irgendwann fast alle keine Scheiben mehr und waren mehr Gerippe als Wetterschutz. Ganz großes Kino, gerade im Winter und gerade, wo die Gemeinde plötzlich eine größere Summe für einen Parkplatz ausgeben wollte. Dann geschah vor einigen Wochen das Wunder und einige Bushaltestellen bekamen plötzlich wieder Seitenscheiben. Was mich dann aber wirklich sauer macht: Die örtlichen Vandalen legten direkt wieder los. An der Haltestelle Sportzentrum ist die erste Scheibe nach wenigen Tagen/Wochen schon wieder eingeschlagen. Herzlichen Dank dafür, das wird dann in H-U wohl für die nächsten 10 Jahre ein demoliertes Häuschen sein.

  7. 15 ganze Parkplätze – das bringt es ja total!
    Vieleicht könnte man ja die Tarifzonengrenze einfach mal angehen – das würde dann auch genau die Pendler noch weiter von der Hamburger Strasse runterbringen, die jetzt zum Sparen nach Meeschensee fahren…

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