Großer Bahnhof für zwei unterschiedliche Künstler in der Galerie Sarafand

Der Andrang erstaunte selbst Gastgeberin Angelika Dubber, die am vergangenen Sonntag zur Vernissage in ihre Galerie Sarafand (Schultwiete 2) geladen hatte: Der Platz reichte trotz der großzügigen Räumlichkeiten kaum aus, um der immer wieder hereinströmenden Besucher Herr zu werden. Was war der Anlass? Nun, die Gemäldeausstellung zweier Künstler, die sowohl in ihrer Malerei als auch in ihrem optischen Erscheinungsbild nicht unterschiedlicher hätten sein können: der eine,  Graham Reynolds, groß und schlank – der andere, Heinz Nordmann, kleiner und untersetzt. Dabei nutzten beide das gleiche „künstlerische Gleis“ in ihrer Ausbildung als Positiv-Retuscheur, ohne dabei voneinander zu wissen, wie die Galeristin betonte. Der eine in England, der andere in Ostdeutschland.

Als es beide viel später nach Hamburg verschlug, arbeiteten sie zunächst für den Modefotografen Gundlach, später für Kurt Kirchner, den ehemaligen Besitzer der Fotozentrale „Creativ Colors“, der es sich nicht hatte nehmen lassen, eigens zu ihrer Vernissage zu kommen. Und es hatte sich gelohnt. Die Bilder waren so dicht gehängt, dass sie kaum einen weißen Fleck zuließen, so riesig war das Ausstellungsangebot.

Vor allem die großformatigen, farbenprächtigen Gemälde in Öl und Acryl von Graham Reynolds hatten es den Damen angetan. Der Maler erzählt in jedem seiner Werke, in deren Mittelpunkt anmutige schlanke Frauen im Look der 40er und 50er Jahre vor den romantischen Häusern des Südens stehen, umworben von einem Mann, der ebenso verliebt wie eifersüchtig im Hintergrund oder in ihrer Nähe auftaucht. Mit einem verschmitzten Lächeln gesteht Reynolds, dass dabei jedes Mal seine Fantasie mit ihm durchgeht, wenn er sich die passenden Geschichten dazu ausdenkt. Kein Wunder, dass die Figuren den Eindruck erwecken, als würden sie sich gleich bewegen und aus der Leinwand heraus spazieren.

Ob romantische Bistros und Cafés à la francaise, grün bewachsene Hinterhöfe oder sonnendurchflutete Herbstwälder, ins schäumende Meer stürzende Felsen – nicht zu vergessen die tuschkastenbunten Plakate amerikanischer Automobile in Airbrush-Technik – der Pinselstrich des Engländers scheint unermüdlich aktiv. Und das auf meterhohen Großformaten! Fällt es da nicht schwer, sich beim Verkauf von diesen so realen Kunstwerken zu trennen? „Oh doch, sehr sogar“, gibt Graham Reynolds zu. „Aber man kann eben nicht alles haben. Und mein Haus ist schon fast zu klein für all diese Bilder.“ Wohl dem, der wenigstens eine seiner Wände mit einem solchen Werk beleben kann.

Nicht weniger fleißig ist Heinz Nordmann, dessen unzählige, viel kleinformatigere Bilder eines gemeinsam haben: Sie geben, wie verschlüsselt auch immer, die weiblichen Kurven und Rundungen eines Frauenkörpers wider. In den immer wiederkehrenden fröhlichen Farbkombinationen mit roten Effekten ähneln die Motive oft einem Suchbild, bis man schließlich das ewige Weib darin erkennt. Vereinzelt wird dem Betrachter allerdings eine gewisse Toleranz abverlangt, wenn üppige Brüste über die prallen Schenkel  einer Sitzenden quellen. Gleichzeitig verrät es den augenzwinkernden Humor des Künstlers, der ganz offensichtlich eine Schwäche für fleischliche Wollust hat, die er nur zu gern aufs Papier bannt… Obwohl die Galeristin in seinen „Bildern voller Harmonie und Leichtigkeit trotz aller Abstraktion die Poesie aus dem Reich der Fantasie“ erkennt.

Diese Vernissage jedenfalls hat erneut gezeigt, dass die Galerie Sarafand eine immer größere Popularität in der Kunstszene von Henstedt-Ulzburg und weit darüber hinaus genießt. Grund genug für Angelika Dubber, im nächsten Jahr Atelier-Besuche mit Kunstfreunden in ihr neues Programm aufzunehmen. Angesichts der großen Resonanz auf den Glaskünstler Uwe Fossener, der ihr und ihren begeisterten Besuchern seine wunderbaren Arbeiten in der Naher Kirche und in seinem Atelier präsentierte, steht es für sie fest, dass derartige Besuche in Zukunft unbedingt in ihr künstlerisches Angebot gehören.

Gabriele David

16.10.2012

2 thoughts on "Großer Bahnhof für zwei unterschiedliche Künstler in der Galerie Sarafand"

  1. Die Ausstellung war wiederum auf einem hohen Niveau.
    Das zahlreiche Publikum begeistert.
    Die „Henstedt- Ulzburger Nachrichten“ – und immer wieder lobenswert die „Umschau“ , sowie die „Segeberger Zeitung“ und andere Blätter berichten immer sehr ausführlich über unsere örtliche Kulturszene ( ja, die gibt es tatsächlich).
    Nur die Regionalausgabe „Norderstedter Zeitung“ des „Hamburger Abendblatt“,
    schreibt eher verhalten. Die Journalisten sind bei Veranstaltungen sehr selten vor Ort. Das ist sehr schade.Die Norderstedter Events werden dagegen überproportional berücksichtigt. Leider.

  2. Wenn unsere Kultur den Stellenwert des Spitzensports in der Gesellschaft erreicht hätte, wären wir ganz anders.

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