Bürgermeister zur Aufhebung der Tempo-30- Zone: „Das muss ich befolgen, sonst bekomme ich Ärger!“

Wenig erfreuliche Nachrichten für die Bürgerinitiative Wilstedter Straße: Anders als den streitbaren Anwohnern fehlt Bürgermeister Torsten Thormählen offenbar das Revoluzzer-Gen. Im Gespräch mit den Henstedt-Ulzburger Nachrichten bekräftigte der Verwaltungschef noch einmal, dass ihm nichts anderes übrig bleibe, als die Anordnung aus Kiel umzusetzen: “Das ist eine Weisung von unserer Aufsichtsbehörde in Verkehrsfragen, das muss ich befolgen, sonst kriege ich Ärger.“ Die Rechtslage sei zudem ja auch eindeutig, denn „die Tempo-30-Zone war von Anfang an rechtswidrig, weil es sich nicht um eine Anliegerstraße handelt, sondern um eine Durchgangsstraße.“

Mit offenkundigen Ungereimtheiten der Kieler Anordnung hatte sich der Bürgermeister allerdings noch nicht auseinandergesetzt: So wies der Verwaltungschef darauf hin, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Kilometer pro Stunde ja bestehen bleibe. Damit konfrontiert, dass dies nur auf einem Teilstück vorgesehen ist und beispielsweise das neue Wohngebiet an der Wittmoortwiete außerhalb des künftigen 30-er Bereichs liegt, antwortete Thormählen, das müsse dann noch einmal geprüft werden, die Weisung sei aber so erst einmal umzusetzen.

Spekulationen, die Gemeinde arbeite hinter den Kulissen an alternativen Lösungen, da der Weisung bisher nicht Folge geleistet wurde, erteilte  Thormählen eine Absage: „Das ist alles in die Wege geleitet.“ Offenbar allerdings mit angezogener Handbremse, denn laut Aussage des Bürgermeisters müssen die Schilder erst noch bestellt werden.

Neben den noch nicht vorhandenen Verkehrszeichen könnte auch die mögliche Ausarbeitung eines Unfall-Präventionsprogramms für eine Verlängerung des Status Quo sorgen. Die Henstedt-Ulzburger Nachrichten machten den Bürgermeister darauf aufmerksam, dass es insbesondere in der Anfangsphase bei Verkehrsregeländerungen zu einer Häufung von Unfällen kommen kann. Das jedenfalls haben Gutachter, Verkehrsbehörden und Polizei bei den Planungen der Grünen Welle auf der Hamburger Straße zu Protokoll gegeben. Dort soll das Ampelsignal-Programm für die Linksabbieger des Knotenpunktes Hamburger Straße/Birkenhof/Trögenolk von separat auf zeitgleiche Signalisierung mit dem Gegenverkehr umgestellt werden. Zu Bedenken sei dabei, dass es nach einer Signaländerung während einer Umgewöhnungsphase zu vermehrten Unfällen kommen könne, schreiben auch die Verkehrsplaner der Firma BDC Dorsch Consult, „da sich die Fahrzeugführer an das derzeitige Signalprogramm gewöhnt haben.“

Eine vergleichbare Umgewöhnungsphase dürften auch die Anlieger der Nebenstraßen der Wilstedter Straße vor sich haben, die sich in vielen Jahren an die Rechts-vor-Links-Regelung gewöhnt haben, die ebenfalls wegfallen soll. Der Bürgermeister nahm den Hinweis der Henstedt-Ulzburger Nachrichten zur Kenntnis und gab an, sich  über mögliche Vorbeugemaßnahmen Gedanken zu machen.

Wahrscheinlich keine schlechte Idee: Eine Häufung von Unfällen im Zuge des Wegfalls der Tempo-30-Zone, möglicherweise mit Personenschaden, wäre für die Kieler Verkehrsbehörde wie für die Gemeindeverwaltung ein planerischer Rohrkrepierer: Begründete das Kieler Amt für Straßenbau und Verkehr den Wegfall einiger Verkehrsberuhigungsmaßnahmen nehmen der formalen Rechtswidrigkeit doch auch mit derzeitiger mangelnder Verkehrssicherheit.

Christian Meeder

23.11.2011

Demnächst bei den Henstedt-Ulzburger Nachrichten: Der Bürgermeister über den Planungsstand der grünen Welle auf der Hamburger Straße.

10 thoughts on "Bürgermeister zur Aufhebung der Tempo-30- Zone: „Das muss ich befolgen, sonst bekomme ich Ärger!“"

  1. Herr Kubath,
    jetzt bin ich doch neugierig geworden – welche Aktion(en) erwarten Sie aktuell vom Bürgermeister (Bgm.) ohne dass er die konkreten Forderungen/Wünsche der Anwohner (Wilstedter Straße) kennt, bzw. eine Anfrage für einen Gesprächstermin von der die Anwohner vertretenden Bürgerinitiative auf seinem Tisch hat? Soll er nach Gefühlslage in einen „blinden“ Aktionismus verfallen.?

    Ich erkenne derzeit keinen Spielraum für den Bgm.. Das ändert sich doch erst durch den Abgleich der Wünsche der Anwohnerschaft mit den rechtlichen Rahmenbedingungen des Verkehrsrechts. Dort ergeben sich dann evtl. Spielräume.

  2. Der Krignelweg ist keine Anwohnerstrasse sondern lediglich aufgrund baulicher Beschränkgungen für LKW gesperrt. In der Strasseordnung steht die Wilstedter Str. als Gemeindeverbindungsweg nach Wilstedt und nicht nach Norderstedt. Daher kann ich der Aussage dass in Wilstedt andere Voraussetzungen gelten i nicht folgen.

    @ Pemöller

    Ich kann Sie beruhigen, dass ich kein persönliches Problem mit dem Bürgermeister habe. Nur mit der Einstellung und dem Handeln. Bürgermeister ist der oberste Verwaltungsmensch unserer Gemeinde. Dies ist sein Job und hier sind sicherlich – zumindestens nicht öffentlich bekannte- Spielräume, die genutzt werden könnten.

  3. So ist die Realität, Herr Warnecke, wie Sie es aus dem Birkenhof beschreiben. Das ist dort ja nun wirklich ein reiner Wohnbereich ohne fremden Durchgangsverkehr. Also müssen doch die Zuschnellfahrer und rücksichtslosen Überholer die gleichen Anwohner sein, die sich gleichzeitig laut über diese Übertretungen beschweren, oder?
    Die Wilstedter Straße ist – und sollte es bleiben – eine vernünftige Gemeindeverbindungsstraße. Wenn die Schikane-Nasen und die Tempo-30-Regelung verschwinden und wenn die Anwohner ihre Autos dort parken, wo sie hingehören, nämlich auf dem eigenen Grundstück, dann ist schon viel gewonnen. Dann ist bei etwas Disziplin ein vernünftiger und weitgehend störungsfreier Verkaufslauf sicher möglich.

  4. @Sazmann: Da stimme ich Ihnen zu. Niemand wird gezwungen, den Weg an der Para vorbei zu nutzen. Und meine persönliche Erfahrung: Der „Umweg“ über die SH-Str. ist schneller und komfortabler als das kriechende Stop&Go in der Wilstedter Str.

    Anmerken möchte ich noch, dass die reine Anzahl an Spielstraßen keine qualitative Aussage zur Geschwindigkeit der dort fahrenden KFZ zulässt. Als Bewohner des Birkenhofs haben wir diesbezüglich tagtäglich praktischen Anschauungsunterricht. Tempo 30/40, Überholmanöver (!) sind hier nahezu an der Tagesordnung. Insofern wäre es aus meiner Sicht für eine sinnvolle Gesamtverkehrslenkung im Ort sinnvoll, die Wilstedter Str. am Ortsausgang schlichtweg zu einer Sackgasse zu machen und für die Klinik die Besucherparkplätze auf der Seite der SH-Straße zu verlagern und jegliche Durchfahrtmöglichkeit zur Wilstedter zu unterbinden. Dann hätten die Anrainer ihre verdiente Ruhe und die Para könnte gut und schnell von der SH-Str. angefahren werden.

  5. Die Straße soll doch auf 30 km/h beschränkt werden, oder habe ich das völlig falsch verstanden? Mehr gibt es in Hamburg oder Berlin auch nicht, jedenfalls nicht auf Durchgangsstraßen.
    Erlauben Sie mir noch eine Bemerkung:

    Interessant, wie in einem Ort, der vor Spielstraßen und 30er Zonen nur so strotzt, dessen Eltern aus Angst vor Verkehr die Kinder per Auto zur 2 km entfernten Schule transportieren, wo sich aufgeregt wird über die Regelungswut im Supermarkt, kurz: in einem Ort, in dem viele ein großes Interesse an Verkehrssicherheit und Eigenverantwortung zu haben scheinen, dass genau dort intensiv über die Wilstedter Straße und ihre Verkehrsberuhigung diskutiert werden muss.

    Wenn die Wilstedter Straße Durchgangsstraße ist, dann mit wenigen Ausnahmen nur für Verkehr aus Henstedt-Ulzburg oder nach Henstedt-Ulzburg. Die SH-Straße als Alternative steht offen.

  6. Habe ich richtig verstanden,das die Wilstedter Str. lediglich eine „Vorfahrt Straße“ sein soll?Wenn ja,kann man ja nach Hambuger oder Berliner Vorbild trotzdem eine beschränkte 30er Zone daraus machen,wenn es der Sicherheit dient. Keiner sagt das eine Durchfahrtstraße unbedingt mit 50 oder mehr Km/h befahren werden muss.Den Knick in der Straße die mein Vorredner anspricht,könnte man ja mit einem Kreisel versehen,dazu muss man ja nicht unbedingt einen Riesen Kreisel daraus machen sondern lediglich einen „angedeutenen“ Kreisel. 😉
    Man sollte sich lieber mal Gedanken machen wie man beide Seiten glücklich machen kann.

  7. @Kubath
    In Wilstedt ist die Verkehrsregelung eine ganz andere als in der Wilstedter Str. auf dem Rhen. Der Kringelweg ist komplett nur für Anlieger frei zu befahren. Also von Wilstedt aus keine Durchgangsstrasse. Die Wilstedter Str. ist Richtung Wilstedt vor dem Kringelweg eine abknickende Vorfahrtsstrasse zur Schleswig-Holstein-Str. Also somit eine frei befahrbare Durchgangsstrasse.

  8. @Kubath:
    Haben Sie eigentlich ein persönliches Problem mit unserem Bürgermeister oder warum lassen Sie keine Gelegenheit aus gegen eben diesen zu schiessen? Der Mann hat von der übergeordneten Verkehrsbehörde eine Weisung erhalten die er zunächst einmal, ganz objektiv betrachtet, umzusetzen hat. Wie der weitere Fortgang in dieser Angelegenheit ablaufen wird und wie der Bürgermeister eventuelle „Spielräume“ nutzen wird kann doch aktuell niemand wirklich abschließend beurteilen – es sei denn Sie haben Kristallgläser mit magischen Eigenschaften im Schrank. Soweit ich informiert bin, hat die Bürgerinitiative ihre Ziele und dazugehörende Vorschläge noch nicht 100%ig definiert. Wie soll der Bürgermeister also mit vorauseilendem Gehorsam reagieren? – ENDE

    Für alle, die die Wilstedter Straße vor 15-20 Jahren noch nicht kannten. Durchgangsverkehr gab es immer. Die baulichen Veränderungen (Inseln), die Tempo 30-Zone und die rechts vor links Regel haben es lediglich nicht vermocht diesen schon immer vorhandenen Durchgangsverkehr von der Wilstedter Straße abzuhalten.

    Ich möchte nicht falsch verstanden werden – wenn es eine praktikable und rechtskonforme Möglichkeit gibt den Durchgangsverkehr zu verringern, dann bin ich ein Fan der ersten Stunde. Kommen wir aber nach Prüfung zum Ergebnis, dass das über einen langen Zeitraum nicht der Fall sein wird, dann werde ich mich dafür einsetzen, den nicht vermeidbaren Verkehr so langsam wie möglich aber „beweglich“ also fließend durch die Wilstedter Straße zu lenken.

  9. „die Tempo-30-Zone war von Anfang an rechtswidrig, weil es sich nicht um eine Anliegerstraße handelt, sondern um eine Durchgangsstraße.“

    Und genau darin liegt der Denkfehler unseres Bürgermeisters, denn die Willstedter Strasse ist ja erst in den letzten Jahren aufgrund falscher Verkehrspolitik, zu einer Durchgangsstraße geworden. Würde man hier versuchen, den Durchgangsverkehr wieder auf die Schleswig-Holstein-Straße zu lenken, wäre die Anweisung aus Kiel hinfällig.

  10. Mich wundert es nicht, dass der Bürgermeister so reagiert, da er ein Verwaltungsmensch ist. Interessant wäre doch aber, wenn sich ein Bürgermeister mal mit seinen Amtskollegen besprechen würde. Wie kann es sein, dass unter gleicher Argumentation in der Gemeinde Tangstedt im Ortsteil Wilstedt anders verfahren wird ? Auch die Ungereimtheiten in der Landesbehörde wären doch zumindest mal ein konstruktives Gespräch wert. Der für den kreis Stormarn zuständige Sachbearbeiter in Kiel scheint eine andere Meinung zu haben. Verwaltungschefs müssen sich ja auch nur gelgentlich dem Bürgerwilen stellen, von daher ist die Einstellung des Bürgermeisters nachvollziehbar- wenn auch nicht akzeptabel.

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