Das war knapp vergangene Woche im Ratssaal. SPD, WHU, die neuen Grünen sowie die BFB-Gruppe verabschiedeten den vorbereitenden Satzungsbeschluss für die Bebaubarkeit der Pinnauwiesen. CDU und FDP stimmten mit Nein. Die beiden Fraktionen erklärten, die Sachlage habe sich geändert. Zum einen brauche die Gemeinde dringend Wohnraum, zum anderen müsste die Fragestellung des Bürgerentscheids mittlerweile anders lauten. Stephan Holowaty (FDP): „Die richtige Frage heute wäre: wollt ihr Wohnungsbau oder eine 380-kV-Trasse.“
Moment mal: Pinnauwiesen, Bürgerentscheid, Satzungsbeschluss – ist das denn noch immer nicht in trockenen Tüchern?
Zur Erinnerung: Im Jahre 2015 hatte es eine beispiellose Auseinandersetzung um die Bebauung der Grünflächen am Pinnau-Biotop gegeben – zwischen Bauunternehmer Volker Manke und den Traditionsparteien auf der einen Seite, die die Pinnauwiesen großflächig bebauen wollten, und einer Bürgerinitiative auf der anderen Seite, die das nicht zulassen wollte. Am Ende untersagten die Bürger Henstedt-Ulzburgs in einem Bürgerentscheid mit überwältigender Mehrheit eine großflächige Bebauung der Pinnauwiesen, erlaubten gleichzeitig aber Wohnungsbau auf einer Teilfläche.
Und wie die Teilfläche im Detail bebaut werden darf, das hatten die Ortsentscheider dann 2017 festgelegt – manch einer erinnert sich vielleicht noch an die Debatte um Reihenhäuser, Grillplatz und Hundewiese. Die HU-Nachrichten hatten damals sogar getitelt – „Pinnauwiesen geschafft, einstimmiger Beschluss“. Das Problem nur: der allerletzte Schritt im mehrstufigen B-Plan-Verfahren, der Satzungsbeschluss nämlich, war ausgeblieben. Stattdessen war eine Veränderungssperre für das Areal erlassen worden, weil die Gemeinde abwarten wollte, wie es in Sachen Erdkabel weitergeht – der holländische Stromnetzbetreiber Tennet hatte ja angekündigt, Stromkabel unter dem Pinnau-Biotop verlegen zu wollen, um den Strom nicht mit Hochspannungsmasten über die Habichtstraße oder den Waldkindergarten transportieren zu müssen.
Neu ist nun, dass die Gemeinde mit dem Satzungsbeschluss nicht mehr warten kann – Ortsplaner Duda berichtete im Ratssaal von Bauvoranfragen des Grundstückseigentümers der Pinnau-Wiesen auf Basis des von den Bürgern abgelehnten Bebauungsplans, denen die Gemeinde nun zustimmen müsse, falls es keinen Satzungsbeschluss gebe. Die Verwaltung: „Weil der Entwurf der 4. Änderung des Bebauungsplanes noch keine rechtliche Bindung hat und die Instrumente zur Steuerung von Bauvorhaben während der Planaufstellung zeitlich befristet und jetzt abgelaufen sind, ist eine weitere Verlängerung der Veränderungssperre oder eine Zurückstellung der Baugesuche nicht mehr möglich.“
Deswegen im jüngsten Bauausschuss nun die Empfehlung von Duda und dem Bürgermeister, jetzt den Satzungsbeschluss zu fassen, damit der Bürgerentscheid nicht unterlaufen werden kann.
SPD, WHU, die neuen Grünen sowie die BFB-Wählervereinigung sahen das auch so, stimmten der Verwaltungsempfehlung zu. Der Beschluss muss jetzt noch am Dienstag vom Gemeindeparlament bestätigt werden, erst dann wäre der Bürgerentscheid von 2015 tatsächlich umgesetzt.
cm
17. Februar 2019
Den Fragetext von Bürgerbegehren kann man nachträglich noch abändern?
Super, die benötigten Stimmen für das Rewe-Bürgerbegehren hatten wir ja schon, nur die Fragestellung war im rechtlichen Sinne falsch formuliert. Benno Colmorgen wird schon seinen Bleistift spitzen…
Natürlich kann man einen einmal beschlossenen Bürgerentscheid nicht abändern.
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Aber wenn die Entscheidung damals mit dem heutigen Wissen um die danach erfolgte 380kv-Trassen-Suche erfolgt wäre, hätte sie korrekterweise lauten müssen: „Wollt ihr Wohnungsbau oder eine 380-kV-Trasse“?
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Das bedeutet aber: Die Sachlage hat sich in der Tat geändert. Deshalb ist es wichtig, auch über damals getroffene Entscheidungen nochmals nachzudenken.
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Insbesondere gibt es erhebliche Indizien dafür, dass die Gemeindevertretung nicht, wie von den HU-N dargestellt und vom Bürgermeister behauptet, unter Zeitdruck steht. Man hätte also noch weitere Gespräche führen können.
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Ob das wiederum etwas gebracht hätte, weiß ich nicht. Wenn ich aber eine Chance habe, 380kv-Trasse und Umspannwerk zu „vergrämen“, dann möchte ich die ungern entgehen lassen. Jetzt steht aber die Entscheidung.
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Ich habe in Gesprächen mit dem Umwelt- und Energieministerium erreicht, dass die TenneT nochmals die Alternativtrasse für die 380kv-Leitung weiter nördlich entlang der künftigen A20 prüfen muss. Das ist jetzt die letzte Hoffnung für Henstedt-Ulzburg.
Sehr gut. Mit etwas Glück kommt der TenneT-Draht am die A20 und die Pinnauwiesen erhalten die reduzierte Bebauung gem. Bürgerentscheid.
Dann hätten wir im Ergebnis aller Maßnahmen die Lebensqualität in dem Bereich maximal erhalten.
Ob das das realistische Szenario ist, bleibe mal dahingestellt.
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Durchaus wahrscheinlich ist alternativ auch das „klagemaximale“ Risiko, insbesondere, wenn die Klage gegen die Rechtmäßigkeit des damaligen Bürgerentscheides erfolgreich sein sollte.