Kindergarten-Bürgerentscheid: Hier lacht ein Gewinner

Patrizia Giuffrida und Sylvie Manke beim Überreichen des Bürgerbegehrens an den Bürgermeister
Patrizia Giuffrida und Sylvie Manke beim Überreichen des Bürgerbegehrens an den Bürgermeister

Heute so, morgen so.

Blick auf einen lachenden Henstedt-Ulzburger Bürgermeister, der weiß, dass er in Sachen Kindergarten-Organisationsstruktur sehr wahrscheinlich doch noch gewinnen wird. Die einzige Hürde besteht eigentlich nur noch im Sammeln von ausreichend Unterschriften, damit der Bürgerentscheid zustande kommt. Dafür sind 1800 Unterstützer-Unterschriften notwendig, die Initiatorinnen wollen sicherheitshalber 2400 Signaturen sammeln.

Hintergrund: Im Dezember hatte der Verwaltungschef für die Ausgliederung der gemeindlichen Kindergärten in einen Eigenbetrieb geworben – und hatte dabei die betroffenen Kindergärtnerinnen, viele Eltern aber auch die Rechnungsprüferin Andrea Roth hinter sich. Durchgesetzt hat sich aber die Ortspolitik – CDU, WHU, BFB und FDP beschlossen die Ausgründung in eine ‚Anstalt öffentlichen Rechts (AöR)‘.

Der kleine Unterschied von Eigenbetrieb und AöR-Anstalt: Bei einem Eigentrieb sind die Mitarbeiter weiterhin Angestellte der Gemeinde mit dem Bürgermeister als obersten Dienstherrn an der Spitze, eine AöR-Anstalt hätte dagegen einen eigenen Vorstand, der nicht den Weisungen des Verwaltungschefs unterliegen würde. Bauer hätte auf einmal 200 Mitarbeiter weniger unter sich, wäre in Sachen Kindergärten entmachtet.

Zurück zum lachenden Bürgermeister: Getreu dem Motto ‚Heute so, morgen so“ hat sich die Sachlage durch das Bürgerbegehren um 180 Grad gedreht. Denn die alles entscheidende Hürde bei einem Bürgerentscheid, das Erreichen des notwendigen Quorums am Abstimmungstag, ist auch schon in trockenen Tüchern. Bauer will über die Kindergarten-Organisationsstruktur am 24. September abstimmen lassen – zeitgleich also mit der Bundestagswahl, für volle Wahlkabinen ist so automatisch gesorgt.

Bleibt die Frage, wo die Mehrzahl der Wahlberechtigten im September ihr Kreuzchen machen. „Wer bei so einem Entscheid ernsthaft fundiert entscheiden möchte, wird sich wohl in die Niederungen kommunaler Organisationsstrukturen begeben müssen. Viel Spaß“ heißt es dazu in einem Leserkommentar bei den HU-Nachrichten. Sich in die Niederungen kommunaler Organisationstrukturen begeben? Das werden die wenigsten tun, entscheidend wird daher vielmehr sein, wem die Wähler mehr vertrauen: Dem Bürgermeister, den Kindergärtnerinnen, den Eltern, dem Kinderschutzbund, der beim Bürgerbegehren vorneweg marschiert – oder Henstedt-Ulzburgs Kommunalpolitikern. Eine Prognose darüber sollte nicht schwer fallen.

cm

5. Februar 2017

Die Reaktion der Ortspolitik auf das Bürgerbegehren gibt es hier: klick

3 thoughts on "Kindergarten-Bürgerentscheid: Hier lacht ein Gewinner"

  1. Vor dem Bürgerentscheid muss eine öffentliche Bürgerinfo stattfinden, in der alle relevanten Aspekte des Pro und Kontra ausführlich dargelegt werden und insbesondere die widerstreitenden Parteien mit ihren Argumenten zu Wort kommen.
    Ob Eigenbetrieb oder Anstalt öffentlichen Rechts, da bin ich relativ leidenschaftslos. Aber für die Organisationsstruktur der Kindergärten muss unter Abwägung aller Aspekte die beste Lösung gefunden werden.
    Wenn 4 von 5 Fraktionen der Gemeindevertretung, die sich bei anderen Themen sehr konträr gegenüberstehen , sich für eine AöR entscheiden, in der der Bürgermeister nicht mehr vertreten ist, muss das weitgehende Gründe haben. Das schlechte Mittagessen, oder die schlechte Auswahl eines Catering-Unternehmens, wie das einem Kommentar zu entnehmen war, kann nicht der einzige Grund dieser Entscheidung sein. Außerdem war öffentlich zu vernehmen, dass der Bürgermeister über permanente Arbeitsüberlastung klagte. Geradezu logisch wäre dann die Entscheidung für eine AöR in der er nicht mehr vertreten ist.
    Eine AöR ist aber auch nicht zum Nulltarif zu haben. Der Vorstand oder Verwaltungsrat wird wohl per Proporz der Gemeindevertretung besetzt werden und nur etwas Sitzungsgeld kosten.
    Das operative Geschäft wird wird aber von einem hauptamtlichen Geschäftsführer, evtl. mit einem Mitarbeiter, betrieben werden und somit natürlich Personalkosten verursachen. Da aber die Verwaltung ohnehin überlastet ist, würden auch bei anderen Konstellationen für mehr Personal zusätzliche Kosten anfallen
    Der Geschäftsführer sollte für diese leitende Funktion ausreichend fachlich qualifiziert sein, also z.B. studierter Sozialpädagoge mit betriebswirtschaftlichen Ambitionen, oder umgekehrt.
    Die im Augenblick stattfindende öffentliche Diskussion wird lediglich aus dem „hohlen Bauch“ herausgeführt ohne Benennung der Fakten. Viele Kommunen haben gar keine Kindergärten in eigener Trägerschaft. Die liegt dann beim DRK, AWO etc. Wo gibt es dadurch Probleme?
    Oder nehmen wir die VHS, die ist nicht in der Trägerschaft der Gemeinde, sondern ein eingetragener Verein mit einer sehr guten pädagogischen Geschäftsführung. Gibt es dadurch Probleme? Nein, es läuft sehr gut!

    1. Sehr geehrter Herr Borchert,

      Sie scheinen sich damit sehr intensiv auseinander gesetzt zu haben. Das finde ich sehr positiv und hilfreich.
      Ein kleiner Hinweis zu Ihren Ausführungen: Auch der Eigenbetrieb muss mit einer Führungsposition besetzt werden (Werkleitung), die natürlich über gleiche Fähigkeiten wie der Vorstand einer AöR verfügen muss.
      Den Eigenbetrieb wird es also auch nicht zum Nulltarif geben.

      1. Hallo Herr Becker,
        im Eigenbetrieb arbeitet weiterhin das Personal der Gemeindeverwaltung und der Bürgermeister wird Werkleiter, also Leiter des Eigenbetriebes. Sinn des Eigenbetriebes und der AöR ist die Ausgliederung aus dem gemeindlichen, kameralistisch geführten Haushalt in einen eigenen, betriebswirtschaftlich geführten Wirtschafts- und Vermögensplan mit anschließender Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung einzuführen. Die Gemeindevertretung und ein zu bildender Werkausschuss bleiben weiterhin in der Verantwortung.
        Bei der AöR wird ein kleiner Verwaltungsrat gem. Proporz der Gemeindevertretung als Beschluss- und Aufsichtsorgan gebildet und ein Vorstand (geschäftsführendes Organ) für das Operative mit mind. einer Person bestellt. Das wird nicht der Bürgermeister sein. Die AöR ist im Aufbau und im Beratungs- und Entscheidungsprozess „schlanker“ als der Eigenbetrieb. Mit einer neuen, qualifiziert ausgebildeten und erfahrenen Geschäftsführung besteht die Chance in betriebswirtschaftlicher und pädagogischer Hinsicht den Kindergartenbereich erfolgreicher zu führen.
        Mit der Bildung einer AöR gibt die Gemeinde weder vermögensrechtlich noch personell etwas in private Hände. Um so mehr hat mich erstaunt, dass in Pressemedien über die AöR ausgeführt wurde die Gemeinde würde etwas aus der Hand geben (oder so ähnlich). Wenn unter solcher Prämisse oder besser gesagt unter solchen „alternativen Fakten“ Unterschriften gesammelt und Bürgerentscheide vorbereitet werden, dann sage ich, gute Nacht….

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