Ungewohnte Töne von Henstedt-Ulzburgs SPD-Fraktionsvorsitzendem Horst Ostwald. In einer Pressemitteilung geht der Sozialdemokrat auf die CDU los: „Immer wieder wird von der Integration Behinderter und Barrierefreiheit geredet. Aber bei der ersten Kosten verursachenden Maßnahme zeigen sich die Sonntagsredner – wie entlarvend“, schreibt der SPD-Mann. Als einzige Partei habe die CDU in der jüngsten Ausschusssitzung keine Notwendigkeit für eine gleichberechtigte Teilhabe Behinderter gesehen und einen barrierefreien Zugang zu einer neuen Krippe abgelehnt.
Hintergrund: Um möglichst schnell Krippenplätze in der Gemeinde zu schaffen, hatte die Verwaltung in der gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Kinder und Jugend sowie für Umwelt und Planung vorgeschlagen, das Hausmeisterhaus der Rhener Grundschule zu einer Krippe umzubauen – aus Kostengründen allerdings nicht barrierefrei: Eine entsprechende Rampe müsste einmal um das ganze Haus geführt werden. Mehrkosten: 10.000 Euro.
Da die direkt nebenan bereits bestehende Krippe behindertengerecht ausgestattet ist, sei diese Vorgehensweise vertretbar, erläuterte die Verwaltung. Kinder mit Behinderung könnten dorthin ausweichen.
SPD-Vertreter Rudi Hennecke reagierte empört: Das sei diskriminierend. Wenn man so einen Umbau vornehme, müsse man das doch gleich ordentlich machen, forderte der Sozialdemokrat und bekam Schützenhilfe von der neuen Behindertenbeauftragten: Man müsse auch die Wahlfreiheit für Behinderte beachten, rief Juliane Geuke in den Saal.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Folker Brocks hielt dagegen: Nach den Ausführungen der Verwaltung, dass gleich nebenan Barrierefreiheit herrsche, sei die Rampe in diesem Fall verzichtbar.
Kuddelmuddel dann bei der Abstimmung:
Der Jugend- und Sozialausschuss stimmte mit sieben (SPD, WHU, BFB) zu vier Stimmen (CDU) der Umbaumaßnahme einschließlich behindertengerechter Rampe zu, die Mitglieder des Umwelt-und Planungsaussschausses sagten mit fünf (SPD und WHU) zu sechs (CDU und BFB) Stimmen mehrheitlich nein. Die FDP hat in den Ausschüssen kein Stimmrecht, da sie in der Gemeindevertretung nur zwei Sitze hat.
Damit sei der Antrag abgelehnt, erklärte Doris Dosdahl, Vorsitzende des Jugend- und Sozialausschusses. Die stellvertretenden BFB-Fraktionsvorsitzende wurde allerdings umgehend vom neben ihr sitzenden Vorsitzenden des Umwelt- und Planungsausschusses, Horst Ostwald, korrigiert. „Das war eine gemeinsame Abstimmung, der Antrag ist damit angenommen.“ Endgültig muss die Gemeindevertretung beschließen.
Insgesamt wird sich die Gemeinde den Krippen-Umbau des Hausmeisterhauses an der Grundschule Rhen jetzt wohl 95.000 Euro kosten lassen.
Christian Meeder
24. März
Hallo Herr Meeder,
der von Ihnen genannte Jugend- und Sozialausschuss heißt Kinder- und Jugendausschuss 😉 und die BFB-Kollegen des Umwelt- und Planungsausschusses haben sich der Stimme enthalten und nicht gegen die Barrierefreiheit gestimmt.
Viele Grüße
Doris Dosdahl
Vorsitzende des Kinder- und Jugendausschusses
Henstedt-Ulzburg
Warum haben die BFB-Kollegen des Umwelt-u. Planungsausschusses nicht klare Position bezogen wie die BFB-MItglieder des Kinder-und Jugendausschussses, die dafür gestimmt haben? Sind dem BfB die Behinderten nicht 10.000 € wert? Zum Glück haben es andere verhindert.
Denkt eigentlich auch mal jemand nach oder ist hier nur noch Wahlkampf auf unterem Niveau? Die Frage ist doch vor allem: was sagen denn z.B. die „Minderheiten“ dazu, wegen derer die Rampe gebaut werden soll? Die sind doch auch nicht dumm und wissen, daß €10.000 aus Steuergeldern viel Geld ist, obwohl nebenan eine barrierefreie Krippe existiert. Sofern die Behinderung nicht geistiger Natur ist, wird somit vermutlich keiner, der auf eine Rampe angewiesen ist, sich dermaßen beschweren, wie es manch Politiker momentan anscheinend nötig hat!
Wieder müssen geistig Behinderte für etwas herhalten.
Wer anderer Meinung ist, muß geistig behindert sein.
Wer die gesetzlich verankerte Barrierefreiheit einfordert muß ebenfalls geistig behindert sein. Anders kann ich diese Zeilen nicht deuten.
Wozu brauche wir Gesetze wenn sich keiner daran hält.
Es ging mir eigentlich darum, daß ein körperlich Eingeschränkter nicht zwangsläufig auch geistig eingeschränkt ist und durchaus Verständnis für die Argumentation der CDU aufbringen könnte. Sie hingegen können das anscheinend nicht… Gesetze sind übrigens häufig auch Auslegungssache, nicht alles macht in jedem Kontext Sinn, das weiß sogar der Gesetzgeber selbst! Aber es muß halt auch Erbsenzähler geben…
Zum Glück gibt es Erbsenzähler, sonst wären wir der Willkür der Gesetzesmissachter ausgesetzt. Gesetzbefolgung nach Kassenlage und der Ansicht nicht Betroffener.
Sämtliche Menschen mit Behinderungen, die ich bislang kennengelernt habe, waren nicht der Ansicht, daß die Welt sich nur und um jeden Preis um sie drehen soll, ganz im Gegenteil!
Und über die „Willkür der Gesetzesmißachter“ sollten Sie mal etwas genauer nachden. Jeder Autofahrer mißachtet Gesetze, jeder Fahrradfahrer, jeder Fußgänger, jeder Hausbesitzer usw! Aber Sie sind vermutlich ein Heiliger und die absolute Ausnahme…
Im Gegensatz, ja.
Danke Herr Ostwald. An die Neinsager, Sozial nur wenn Ihnen dient.
Sie haben sich sebst entlarvt.