Sonntag gegen 18:30 Uhr, CDU-Spitzenkandidat Jost de Jager tritt vor seine jubelnden Anhänger. Den Fernsehkameras entgeht dabei nichts: Der Ministerpräsidenten-Anwärter habe ja Glanz in seinen Augen, so eine ARD-Kommentartorenstimme aus dem Off.
Die CDU-Spitzenpolitiker in Schleswig-Holstein scheinen offenbar alle ziemlich nahe am Wasser gebaut zu sein. Zuletzt vergoss Ministerpräsident Peter Harry Carstensen bei seiner Abschiedsrede im Kieler Landtag Tränen der Rührung. Und im Sommer letzen Jahres heulte De Jagers zurückgetretener Vorgänger Christian von Boetticher live in die Fernsehkameras: Seine Beziehung zu einer 16-Jährigen sei schlichtweg Liebe gewesen, schluchzte damals der einstmalige CDU-Hoffnungsträger.
Die Sozialdemokraten wirken daran gemessen ziemlich hartgesotten. Denn Torsten Albig und Co. stürzen sich nun todesmutig auf eine Dänen-Ampel. Und das, obwohl der legendäre „Heide-Mörder“ von 2005 weiterhin unerkannt herumläuft. Damals versuchten SPD, Grüne und SSW erstmals das Dreierbündnis auf die Beine zu stellen und scheiterten spektakulär. Auch nach dem vierten Wahlanlauf fehlte Heide Simonis eine Stimme.
Geht es nach den Bürgern Henstedt-Ulzburgs, würden diese den Landespolitikern wohl eine große Koalition empfehlen. Eine Dänen-Ampel hätte in der Großgemeinde jedenfalls keine Mehrheit. Wobei es erstaunlich ist, dass der SSW zwischen Alster und Pinnau immerhin 3,18 Prozent erreicht hat. Übertragen auf die in einem Jahr stattfindende Kommunalwahl säße der SSW mit so einem Ergebnis wohl mit einem Mandat im Gemeindeparlament. Und das ganz ohne Extrawurst: Bei der Kommunalwahl gibt es für alle Parteien keine Fünf-Prozent-Hürde. Genügend Bürger mit dänischer Staatsbürgerschaft wären für die Bildung einer SSW-Ortsgruppe auf jeden Fall vorhanden: 2011 hatten 31 Henstedt-Ulzburger einen dänischen Pass.
Sehr viel wahrscheinlicher als dass demnächst eine dänische Minderheit im Gemeindeparlament Platz nimmt, ist allerdings der Einmarsch von Grünen und Piraten ins Henstedt-Ulzburger Rathaus. Denn beide Parteien liebäugeln bereits mit der Teilnahme an den Kommunalwahlen. Die Grünen haben darüber hinaus auch schon einen Ortsverband gegründet. Es handelt sich dabei gleichwohl „nur“ um einen überörtlichen Ortsverband mit dem Namen „Henstedt-Ulzburg, Kaltenkirchen und Umgebung“. Das zeigt auch, was die eigentliche Herausforderung von Grünen und Piraten sein wird: Genügend Mitstreiter zu finden, die Lust haben sich ehrenamtlich zu engagieren. Gelingt ihnen das, kann es ziemlich bunt werden nach den Kommunalwahlen im Mai 2013. Denn dann stehen auch noch zwei Gruppierungen auf dem Wahlzettel, die sich am Sonntag nicht um Wählerstimmen beworben hatten. Die WHU und deren Abspaltung BFB.
Christian Meeder
7.5.2012
Die Projektion und Ausschau auf die Kommunalwahl nächstes Jahr ist aktuell nicht einfach, denn es kann noch viel passieren und es stehen lokale Dinge im Fokus. Ein Vielparteiensystem in HU hat ja schon Tradition und es hat der Gemeinde immer gut getan, mit wechselnden Mehrheiten zu operieren. Dominaz einer Partei über eine Legislaturperiode hat HU nicht gut getan und zu mancher irritierender Entscheidung geführt.