Wie berichtet steht Henstedt-Ulzburg möglicherweise vor einem beispiellosen Verkehrskollaps: Bürgermeister und Bürgervorsteher rechnen mit Dauerstau auf der Hamburger Straße im Zuge des dreispurigen A-7-Ausbaus von 2013 bis 2015. Viele Autofahrer würden dann auf die B4 (Kieler Strasse) und die B433 (Hamburger Strasse) ausweichen, so die Befürchtungen der beiden Spitzen von Gemeindeverwaltung und Gemeindevertretung im Gespräch mit den Henstedt-Ulzburger Nachrichten Ende Juni. Besonderen Tatendrang, sich gegen den vorübergehenden Verkehrskollaps mit allen Mitteln zu stemmen, ließen die beiden indes nicht erkennen. „Wir werden das nicht verhindern können“, so der Bürgermeister resignierend.
HU-Nachrichten Leser Florian Morla, der einen Teil seines Urlaubs für einen Abstecher in seine alte Heimat nutzt, wundert sich: „Man kann immer mehr tun, als den Kopf in den Sand zu stecken, eine mögliche Reaktion wäre doch beispielsweise, endlich mal das Bahnfahren attraktiver zu machen und den günstigen HVV-Hamburg-Tarif nach Henstedt-Ulzburg und Kaltenkirchen zu erweitern. Für mein Ticket vom Hamburger Hauptbahnhof nach Ulzburg-Süd habe ich 4,65 Euro bezahlt, wäre ich eine Station früher in Meschensee ausgestiegen, hätte ich nur 2,80 Euro berappen müssen.“
Damit kostet die knapp zwei Kilometer lange Strecke von Meschensee nach Ulzburg-Süd fast genauso viel, wie die vorherigen 30 Kilometer vom Hauptbahnhof bis Meschensee. „Jetzt ist es ja ganz offensichtlich doch so, dass viele mit dem Auto zum Bahnhof Meschensee oder gleich nach Norderstedt-Mitte fahren, weil sie diese Kostendiskrepanz nicht einsehen“, vermutet Florian Morla und argumentiert: „Sinnvoller wäre es doch, wenn die Henstedt-Ulzburger die fußläufig oder per Fahrrad erreichbaren Bahnhöfe in Ulzburg ansteuern würden: Jeder der in Ulzburg-Mitte in die Bahn einsteigt, fährt schließlich nicht mit dem Auto durch den ganzen Ort. Und auch jeder, der in Kaltenkirchen statt in Norderstedt in die Bahn einsteigt, verstopft nicht die Hamburger Straße.“
Florian Morla, Jahrgang 74, ist in Henstedt-Ulzburg groß geworden. Nach Schulzeit und Ausbildung zog es ihn zunächst nach Hamburg, mittlerweile lebt er in Frankfurt. „Die Problematik der Tarifzonengrenzen wird ja schon lange diskutiert. Wenn jetzt aber demnächst im Zuge des dreispurigen A-7-Ausbaus ein Verkehrsinfarkt bevorsteht, muß doch jedwede mögliche Maßnahme, die Autos von der Straße holt, umgesetzt werden“, meint der Besucher aus der Main-Metropole.
Christian Meeder
26.07.2011
Herrn Marla sei einmal folgendes geantwortet:
1. Das Verkehrsaufkommen bis Meeschensee durch Autofahrer, die erst dort auf die Bahn umsteigen, dürfte vernachlässigbar sein. Meeschensee hat nämlich kaum 30 Stellplätze. Norderstedt Mitte könnte eine andere Dimension haben. Dabei spielt aber sicher der Preis nicht die alleinige Rolle. Die Verbindung in Norderstedt ist einfach viel besser und vor allem entfallen zweimal Umsteigen.
2. Das Problem ist m.E. nicht, dass 4,65 EUR ab Henstedt-Ulzburg zu teuer wären. 2,80 EUR ab Meeschensee sind zu billig. Jedenfalls im Vergleich zu anderen Nahverkehrstarifen. Fahrgäste von Hamburg-Niendorf in die Hamburger Innenstadt zahlen beispielsweise genau den gleichen Preis.
2a. Stammkunden des HVV fahren ohnehin nicht mit Einzelkarten, sondern nutzen Zeitkarten. Da ist für die Fahrt bis Henstedt-Ulzburg der Aufpreis „nur“ noch bei knapp 25 Prozent gegenüber einer Zeitfahrkarte bis Meeschensee.
3. Allgemein ist nicht der Preis der Grund, dass die Henstedt-Ulzburger in ihrer Mehrzahl „ÖPNV“ bestenfalls aus dem Fernsehen kennen. Kaum 10 Prozent der Pendler aus Henstedt-Ulzburg, Kaltenkirchen und Umgebung nutzen die AKN. Das ist mit weitem Abstand der schlechteste Wert unter allen „Achsen“ von Hamburg ins Umland. Der Preis ist aber überall der gleiche und übrigens für Pendler auch aus H-U absolut konkurrenzfähig zum Auto.
Das Angebot muss vielmehr besser werden. Umsteigefreie Verbindung zum Hauptbahnhof mit einer S-Bahn und optimiertes Busnetz in die Ortsteile mit guten Anschlüssen zur Bahn.
Das wird man aber kaum bis zum Ausbau der A7 hinkriegen. Kein Wunder, das Desinteresse der örtlichen Verantwortlichen am Thema in den letzten Jahr(zent)en ist kaum zu übersehen.