Pfadfinder weihten ihr renoviertes Heim ein: „Raus in die Natur! Weg von TV und PC, von Twitter, Facebook & Co.“

Riesige Bleche mit süßen saftigen Kuchen wurden ins Innere des ehemaligen Bauhofs An der Pinnau geschleppt. Denn bei der „Freien Pfadfinderschaft Nordland“  gab es was zu feiern: Das renovierte Pfadfinderheim sollte eingeweiht werden. Und alle Eltern, Freunde und Verwandte halfen mit, um diese Einweihungsfeier unvergesslich zu machen. Zum Glück spielte auch noch Petrus mit und ließ nach langen Regentagen endlich wieder die Sonne scheinen. Dieses Ereignis wollte sich auch Bürgermeister Thorsten Thormälen nicht entgehen lassen, der im Beisein von Bürgervorsteher Carsten Schäfer das rote Band zerschnitt und mit der offiziellen Übergabe des Domizils eine neue Ära für die Pfadfinder einläutete.

Seinen Glückwünschen folgte auch ein großes Lob, wie gut die ehrenamtliche Arbeit der jungen Leute gelungen war, obwohl er anfangs doch ziemlich skeptisch war, wie das Ganze wohl ausgehen würde. Er sei sogar ab und zu vorbeigefahren, um sich vom Fortgang der Arbeiten zu überzeugen. Immerhin hatte die Gemeinde im Sommer letzten Jahres den Pfadfindern 23.000 Euro für die Renovierung des ehemaligen Bauhofs zur Verfügung gestellt. Die aber deckten letztlich nur die Materialkosten ab. Alles andere war reine Eigenleistung, mit der aus der ehemaligen Hütte, die sie seit 1995 nutzen durften, jetzt ein schmuckes Holzhaus in Schwedenrot entstanden ist. Offizielle Adresse: Hamburger Straße 60 (An der Pinnau).  „Ich finde es toll, was hier geschaffen wurde!“ lobte der Verwaltungschef. Es würde soviel Geld für unnützes Zeug aus dem Fenster geworfen – hier sei es wirklich gut angelegt. Er hoffe daher, dass dieses Vorzeigebeispiel sich auch in anderen Projekten wiederholen möge.

Von Stammesführer Sebastian Arps (18), Hauptansprechpartner für alle Jungsgruppen (Nadja Voß ist Stammesführerin für die Mädchen),  war zu erfahren, dass die Pfadfinder bereits im Juli vergangenen Jahres mit den Sanierungsarbeiten des alten Backsteingebäudes begonnen hatten. Ihnen kam es vor allem auf die langfristige Dämmung von Dach und Fenstern an. Während die Fassaden mit hartem Lärchenholz verkleidet wurden, legte man auch das Fundament für Spritzwasserschutz frei, „damit so viel an Energie eingespart werden kann wie nur möglich“, betont Sebastian. Auch das Vordach wurde gänzlich erneuert und der Boden neu gepflastert, der Vorplatz entwässert und das Haus komplett eingezäunt, um Graffiti-Sprayer von vornherein fernzuhalten.

Nur gut, dass viele Väter und Brüder der insgesamt 110 Mitglieder Handwerker sind. Für sie war es Ehrensache, an ihren freien Wochenenden dort aktiv zu sein, wo ihre Kinder sich nach der Schule aufhalten. Um in einer ursprünglichen und  bereichernden Kameradschaft ihre Freizeit zu verbringen, wie sie heute selten geworden ist.

Neben dem großen Kuchenbüfett wurde am Lagerfeuer das traditionelle Stockbrot gebraten. „Unsere Mitglieder sind von acht bis 40 Jahre alt“, sagt Sebastian stolz und weist darauf hin, dass seine Pfadfinder weder konfessionell noch parteipolitisch gebunden sind. Ihre Hauptaufgabe ist es, das Erlebnis in den Gruppen zu gestalten. Man trifft sich einmal pro Woche zum Heimabend in der Sippe, nach altem Brauch Jungen und Mädchen getrennt.  Unter dem Motto „Jugend führt Jugend“ geht es um ein soziales Miteinander, um Kameradschaft, Toleranz und die Grundsätze der Demokratie.

Erstes Gebot ist die Natur. Deshalb heißt es vor allem: Raus in die Natur! Weg von Fernsehen und Videospielen, Facebook und Twitter. „Wir haben die bessere Alternative, die sich auch von der Jugendarbeit und der in Sportvereinen unterscheidet.“ Sie machen regelmäßige Wochenendfahrten oder fahren zum Zelten. „Und in den Sommerferien unternehmen wir sogar Reisen ins europäische Ausland“, sagt Sebastian. „Letztes Jahr waren wir in Schweden zum Kanufahren, davor drei Wochen in Ungarn und in Irland.“ Die Fahrten kosten zwischen 200 und 300 Euro, weil die Ansprüche bescheiden sind. Es wird lediglich ein Rucksack mitgenommen. „Für so wenig Geld soviel Erlebnis vermitteln – damit sind alle Eltern einverstanden.“

Denn das, was die Pfadfinder im Ausland und in der fremden Natur erleben, prägt auch ihr zukünftiges Leben. Man kocht auf offenem Feuer und hat zwangsläufig viel Kontakt zu den Einheimischen, die man auf diese Weise viel besser kennen lernt. Auch sprachlich wird sich auf den Heimabenden vorbereitet. Sebastian weiß, wovon er spricht, denn er ist seit 11 Jahren dabei. Schon mit 14 hatte er seine erste eigene Gruppe! „Wir sind sozusagen ein Lebensbund – die Leidenschaft bleibt.“
Zurzeit suchen die Freien Pfadfinder noch interessierte Mädchen und Jungen von acht bis zwölf Jahren. Mehr Infos erhalten sie bei Sebastian unter Telefon 0177/ 814 7772. Er freut sich über jeden Anruf.

Gabriele David

16.01.2012

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