Duftende Öle, heilende Kräuter: Waschkultur aus 1001 Nacht in Henstedt-Ulzburg

Dass die Galerie Sarafand an der Schultwiete 2 nicht nur zeitgenössische Kunst präsentiert, sondern auch einen speziellen Raum im Haus ihren „Sesam öffne dich“ nennt, verwundert nicht. Denn hier hat Ahmed Zaarour, der aus dem Libanon stammende Ehemann von Galeristin Angelika Dubber, sein eigenes duftendes Paradies eingerichtet. Mit Gewürzen und Ölen, Seifen und Düften aus seiner Heimat, deren Vielfalt sich in seinen handgearbeiteten Kostbarkeiten widerspiegelt, die man sogar kaufen kann. Welch großartige Historie sich dahinter verbirgt – darüber weiß er aufs Interessanteste zu berichten.

Untermalt wird das Ganze von einem Film über die historische Seifenherstellung aus reinem Olivenöl, den „Arte“ vor drei Jahren im Libanon gedreht hat. Hier erfährt man neben den persönlichen Erfahrungen und Erkenntnissen von Ahmed Zaarour alles über die langwierige Handarbeit, die notwendig ist, um diese hochwertigen, biologisch reinen Seifen zu produzieren. Neben der Seifenstadt Aleppo, in der die Seifenherstellung in kleinen Manufakturen bereits im Jahr 800 vor Christus ihren Ursprung hatte, gilt „die weiße Stadt“ Beirut als klassische Seifenproduktionsstätte.

Hier wirkt bis heute ein Seifenmeister, der sich auch in ganz Frankreich größter Berühmtheit erfreut. Er darf sich rühmen, dass alle Menschen, die seine Seifen mit den hochwertigen Ingredenzien verwenden, niemals Hautprobleme hatten und haben werden. Zum Modellieren werden von ihm nur die alten Formen seiner Vorfahren benutzt – der Beruf des Seifenherstellers als Berufung. Und das in einem Betrieb, der noch aus dem 18. Jahrhundert stammt.

In riesigen Hallen werden die Seifentürme auch heute noch getrocknet. Echte Olivenseife muss neun Monate reifen, bis sie jenen charakteristischen Ockerton annimmt und sich ihre Inhaltsstoffe gänzlich entfalten konnten. Neben den Produktions- und Lagerstätten liegen meist große Badehäuser, in denen Massen von Seife verbraucht werden. Wie auch im Hamam, dem kunstvoll gestalteten Badetempel. Hier findet eine regelrechte Enthäutung statt, die jeden derart Eingeschäumten und Gewaschenen blitzsauber zurücklässt. „Für diese Prozedur sollte man möglichst einen ganzen Tag einplanen, um das Ritual, das nicht nur außen, sondern auch innen reinigt, ausgiebig genießen zu können“, sagt Ahmed Zaarour. Der Besuch des Hamam wird in seiner Heimat einmal pro Woche empfohlen. Schon seit dem 14. Jahrhundert sind im Libanon Wasserkuren bekannt, mit denen Nervenleiden geheilt wurden, während die Aleppo-Seife in Krankenhäusern bei Hautkrankheiten angewandt wurde. Die arabische Waschkultur existierte bereits, als in Europa diese Art der Reinigung noch gänzlich unbekannt war.

Auf den ersten Blick mutet der Seifenteig an wie ein Haufen frisch gepflückter Baumwolle. Bei näherem Hinschauen gewinnt er an Geschmeidigkeit und wird durch die Bearbeitung mit den Händen immer cremiger. Was sich auf der Haut angenehm sahnig anfühlt und doch vollständig abgespült werden kann, obwohl sich die Haut danach zart und wie dezent eingecremt anfühlt. Hier gleicht die Seifenproduktion einer Wissenschaft, die qualitativ noch raffiniertere Seifen hervorbringt als in Frankreich oder Italien. Aber auch die berühmte „Savon de Marseille“, eine veredelte Form unserer Kernseife, stammt aus Aleppo und ist bis heute in jedem französischen Haushalt unverzichtbar.

Zedernöl aus der Rinde des heiligen Baumes wird in den besonders kostbaren Seifen verarbeitet, Zedernharz zum Räuchern und Parfümieren. Denn in der ästhetisch anmutenden Architektur der Paläste befindet sich immer auch ein Hamam für den Harem, in dem sich die Damen nach dem Einseifen mit Ölen und Düften gegenseitig für ihren Fürsten schön machen.

Nach dem Ramadan haben alle Araber einen großen Bedarf an Seifen und Düften, um nach der geläuterten Seele nun auch den Körper zu reinigen. Kein Wunder, dass schon die Kinder ganz früh an Duftwässer gewöhnt werden. So verlocken in Beirut pompöse Flacons mit kostbaren Essenzen zum Kauf – ein Dorado  für die Saudi-Prinzen, nicht zuletzt auch wegen der bildschönen, eleganten Frauen dieser Stadt, die sich mit jeder attraktiven Pariserin messen können.

Ahmed Zaarour stammt aus einer Familie mit eigener Olivenplantage. Sein Großvater (er wurde 118 Jahre alt) galt als Pflanzenheiliger. „Als sein Lieblingsenkel habe ich viel von ihm gelernt, da er mich von Anfang an intensiv in die Arbeit mit der Natur einweihte.“ Daher seine spätere Leidenschaft für alles, was mit der biologischen Seifenherstellung zu tun hatte. Ahmed wuchs auf als eins von zwölf Geschwistern mit 150 engen Familienmitgliedern und insgesamt 1.483 Verwandten, „über die bis heute meine Mutter wacht – eine echte Familien-Managerin“, sagt er stolz.

Wer diesen außergewöhnlichen Mann erleben möchte, hat am 28. August Gelegenheit dazu. Da gibt er in der Galerie Sarafand von zwölf bis 17 Uhr ein traditionelles Räucherseminar rund um den Weihrauch: um 13 Uhr und um 15 Uhr. Am 18. September wird er seine Seifen, Öle, Kräuter und Räucherwaren auf dem berühmten „Grünen Markt“ in Alveslohe zum Verkauf anbieten. Am 18. November ist Ahmed Zaarour im Margarethenhoff in Kisdorf  mit seinem arabischen Sortiment zu Gast und am 1. Advent in der Erlöserkirche nach dem Gottesdienst ab 11 Uhr. „Es ist immer ein wunderschöner Markt, in dessen Mittelpunkt die Kirche steht“, weiß der Mann aus dem Libanon, der schon seit 21 Jahren in Henstedt-Ulzburg lebt. Er ist immer in der Galerie Sarafand unter der Rufnummer 95432 zu erreichen.

Gabriele David

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