Noch vor kurzem war der Begriff Willkommenskultur in unseren Breiten nur wenigen bekannt. Inzwischen kommen jedoch täglich Menschen aus verschiedenen Kriegs- und Krisengebieten nach Deutschland – in der Hoffnung, den alltäglichen Terror hinter sich zu lassen und hier wenigstens ein Dach über dem Kopf zu finden, einen Schlafplatz und etwas zu essen. Es sind Junge und Alte, auch Familien mit ihren Kindern, die oft den Vater oder die Mutter zurücklassen mussten und qualvolles Elend hinter sich haben. Und die in Lebensgefahr schwebten, bevor sie bei uns Aufnahme fanden.
In Henstedt-Ulzburg ist es, wie in vielen anderen Städten auch, das Willkommensteam, das hilft und sich kümmert und über das Lebensnotwendige hinaus Trost spendet, Wärme gibt und den Menschen wenigstens vorübergehend so etwas wie Geborgenheit vermittelt.
Seit das WillkommensTeam im September vorigen Jahres seine Arbeit aufgenommen hat, herrscht in Henstedt-Ulzburg eine positive Stimmung im Umgang mit den Flüchtlingen. Und das dank der 70 beteiligten Henstedt-Ulzburger, die wie selbstverständlich sofort tätig geworden sind und auch die Nachbarn von Flüchtlingsunterkünften mit den Bewohnern bekannt gemacht haben. Auf diese Weise fühlten sie sich gleich selbst ein wenig mitverantwortlich dafür, dass es den neuen Bewohnern hier bei ihnen gut geht.
Alles begann an einem runden Tisch mit Gründerin und Vorsitzender Heidi Colmorgen, die in Zusammenarbeit mit Bürgermeister Stefan Bauer interessierte Henstedt-Ulzburger im Bürgerhaus um sich versammelte mit dem Ziel, sich zu organisieren und aktiv zu werden. Birgit Sommer von Bürger Aktiv stellte sofort den Bus des Vereins für die Flüchtlinge zur Verfügung. Annemarie Winter nimmt die im Rathaus eintreffenden Flüchtlinge in Empfang und begleitet sie gemeinsam mit dem Fahrer Rainer Münch in die vom Willkommensteam vorbereiteten Unterkünfte. Die Begleiter gehen mit den Flüchtlingen gemeinsam zum ersten Mal einkaufen und helfen bei der ersten Orientierung im Ort. Schließlich sind die Flüchtlinge in einem fremden Land, dessen Sprache und Schrift sie nicht kennen – also total auf Hilfe angewiesen. Die Begleiter sind auch Ansprechpartner der Flüchtlinge bei Korrespondenz, unterstützen in der schwierigen Anfangszeit beim Kontakt mit Ämtern, Behörden, Ärzten.
Jeden Mittwoch ist die DRK-Kleiderkammer geöffnet, am Donnerstag die Tafel im Bürgerhaus, wo sie Lebensmittel erhalten können. Ehrenamtliche Lehrkräfte geben dienstags und donnerstags Sprachkurse im Bürgerhaus. Es gibt eine Fahrradwerkstatt, in der Asylsuchende lernen, gespendete Räder zu reparieren. Immer dienstags kann eine Nähwerkstatt im Jugendzentrum „Tonne“ besucht werden. Vom SVHU wird ganz viel Sport angeboten: Die Trainer und Spartenleiter sind sehr engagiert. Weil Sport von der mißlichen persönlichen Situation ablenkt, ohne große Sprachkenntnisse funktioniert und für Integration sorgt. Junge Schüler kommen nach Kaltenkirchen oder Norderstedt in eine DAZ-Klasse mit Deutsch als Zweitsprache, die es ihnen möglich macht, nach einem Jahr eine Regelschule zu besuchen. Kleinere Kinder werden im Kindergarten betreut.
Die Internetseite „Willkommensteam.de“ beinhaltet alle Informationen und Spendenmöglichkeiten. Wer sich beim gemeinnützigen Willkommensteam e.V. einbringen möchte und Flüchtlinge begleiten will, tut es nicht allein. In der Regel kümmern sich zwei bis drei Personen um eine Gruppe von Flüchtlingen gemeinsam. Das Willkommensteam trifft sich an jedem Montag um 19.30 Uhr im Bürgerhaus und sucht ganz dringend noch aktive Unterstützer für die persönliche Begleitung neu eintreffender Flüchtlinge. Allein in diesem Jahr werden noch etwa 100 Personen in Henstedt-Ulzburg erwartet. Und wer nicht selbst mitmachen kann, der hat vielleicht noch ein ganz dringend benötigtes Fahrrad übrig, von dem er sich trennen mag und mit dem er einem Flüchtling selbständige Mobilität schenkt.
Gabriele David
5. August 2015
Und was ist eigentlich mit den Fund-Fahrrädern auf der Gemeinde? Die werden doch sonst einmal im Jahr versteigert. Und das sind doch immer nicht ganz wenige, die sich da so ansammeln. Ist da nicht eine Teil-Ladung reif für die Abgabe?
MoinMoin Thomas,
Das hatte ich vor der letzten Versteigerung versucht, Auskunft der Verwaltung: das geht aus rechtlichen Gründen nicht. Die Gemeinde muss alles was nicht gerade „wertlos“ ist öffentlich versteigern. Wenn ich mich recht erinnere ist dort auch beim letzten Mal nur ein einziges Rad nicht verkauft worden. Man kann also nur in seinem Verwandten-/Freundes-/Nachbarschaftskreis Werbung machen. Bei mir wurde das „organisierte“ Rad sogar eine Stunde nach meinem Telefonanruf bei mir zu Hause von einem Mitglied des Wilkommen Teams abgeholt.
Kaum zu glauben!?!
Willkommen in der deutschen Bürokratie. Tja, der deutsche Michel passt eben schon sehr gut auf. Da, wo kein Finderlohn beantragt wird, geht der volle Erlös in das Gemeindesäckel – also ganz in die Disposition der Gemeinde. Und was wird bei über 50% geschätzt so sein. Wo soll da dann die Verwertungshoheit limitiert sein. Da interessiert mich dann doch die angebliche rechtliche Hinderung. Es lohnt sich nach der sommerlichen Sitzungspause mal eine Anfrage im Ausschuss. Mal sehen, wie lange der Amtsschimmel noch wiehert. Allerdings sehe ich allenfalls eine fifty-fifty chance. Aber es soll sich in D ja einiges bewegen. Ggf. Sind ja auch Ausnahmen möglich und es muss nur in der Landeshauptstadt mal ein Signal umgestellt werden. Aber dafür haben wir ja unsere MdLs.
_Nachtrag:_
Ein freundlicher Bekannter hat mir inzwischen etwas Erleuchtung zuteil werden lassen und ich möchte diese dann hier auch teilen:
Die Räder müssen wohl versteigert werden, da es unter bestimmten Umständen weiterhin Rechte der ursprünglichen Eigentümers an den Gegenständen gibt.
Wenn diese dann eingeklagt werden, dann müsste das Rad ausfindig gemacht und zurückgegeben werden. Um diese Kette zu unterbrechen gibt es die öffentliche Versteigerung.
Sollte später ein Anspruch geltend gemacht werden und für rechtens beschieden werden, so gibt es nur den Anspruch auf den Verkaufserlös aus der Versteigerung – und das Geld ist dann irgendwie aufzutreiben…
Das leuchtet zumindest ein, wenn man es sich auch einfacher vorstellen kann.
Wer kennt noch die etwas älteren Sprüche: „Stell dir vor es ist ….. und (k)einer ….. ?
Aktualisiert wäre das dann: „Stell dir vor, es ist Fundsachenversteigerung und keiner überbietet das Willkommensteam!“ oder gar „Stell dir vor, es ist Fahrradversteigerung und fast alle erfolgreichen Bieter spendeten die Räder dem Willkommensteam“
Wo ist denn die besagte Fahradwerkstatt ?
Auch beim Gemeindehaus ? Ich habe ein Fahrad übrig und würde das gerne vorbei bringen, über Infos würde ich mich freuen….
Helmut Wrage
Hallo Herr Wrage die Fahrradwerkstatt befindet sich zur Zeit bei der Fa. RightVision im Tiedenkamp.
Sehr geehrter Herr Wrage,
Sie können das Rad gerne im Tiedenkamp 23 vorbeibringen. Die Fahrradwerkstatt vom Willkommensteam nimmt dort – allerdings nur donnerstags von 12.30-15.30 Uhr – Fahrradspenden für Flüchtlinge entgegen.
Die Fa. RightVision bietet uns freundlicherweise die Möglichkeit dann einen Raum zu nutzen. Außerhalb der angegebenen Zeit kann keine Anlieferung erfolgen.
Sollte es Ihnen zu dieser Zeit nicht möglich sein, das Fahrrad vorbei zu bringen, holen wir es auch gerne bei Ihnen ab. Oder Sie können über unsere Internetseite http://www.willkommensteam.de und das Kontaktformular Kontakt zu uns aufnehmen und wir vereinbaren eine andere Anlieferungsadresse.
Mit freundlichen Grüßen
Heidi Colmorgen
Willkommensteam e.V.