Monstersitzung, Marathonsitzung, Doppelsitzung – in jüngster Zeit wurde in den gemeindlichen Entscheidungsgremien viel Sitzfleisch verlangt. Die morgige Sitzung des Umwelt- und Planungsausschusses ab 18.30 Uhr macht da keine Ausnahme: 20 Punkte stehen auf der Tagesordnung, falls die Zeit nicht für alle Themen ausreichen sollte, wird in der Einladung vorsichtshalber schon einmal ein Fortsetzungstermin genannt – eine Woche darauf, am Mittwoch, 20. März.
Weit genug oben auf der Tagesordnung und damit am Montagabend auf jeden Fall mit dabei: das CCU. Beim geplanten Einkaufszentrum steht der vorbereitende Satzungsbeschluss für die Änderung des Bebauungsplans an, die endgültige Entscheidung soll dann eine Woche später in der Gemeindevertretung fallen.
Dabei ist die Entscheidungsgewalt der Freizeitpolitiker gleich null. Denn selbst wenn die Volksvertreter abermals ihr Veto zur Änderung einlegen: Es wäre vollkommen Wurst! Denn Henstedt-Ulzburgs Politker sind schon lange raus aus der CCU-Entscheidung, haben sich mit ihrem bereits im Sommer 2012 ohne Not erteilten „gemeindlichen Einvernehmen“ selbst die Möglichkeit genommen, noch mitreden zu können.
Anschließend waren auch die Mitarbeiter in der Segeberger Kreisverwaltung sehr freigebig und schickten Peter Skrabs die amtliche Baugenehmigung zu. Die sie allerdings nur ausstellen konnten, weil es keinen vorherigen Einspruch aus der Großgemeinde gab. Die letzte Hürde, die Vorgaben aus dem städtebaulichen Vertrag, wurden nach Verwaltungsangaben dann Ende Februar erfüllt, seitdem darf gebaut werden. Und es wird gebaut!
Ohne – man kann es nicht oft genug wiederholen – die Prüfung abzuwarten, ob die Hamburger Straße eine direkte CCU-Zufahrt vertragen kann und ob überhaupt insgesamt der zusätzliche CCU-Verkehr verkraftbar ist.
Und durch die voreilige Baugenehmigung von Kommune und Kreis – und das ist Futter für weitere mögliche CCU-Kläger – ist eine neutrale, unabhängige und gewissenhafte Prüfung, ob die Hamburger Straße den zusätzlichen Verkehr überhaupt verkraften kann, durch die zuständige Itzehoer Verkehrsbehörde wohl kaum mehr möglich. Denn würde das Landesamt Verkehr zu dem Ergebnis kommen, dass eine direkte Zufahrt über Henstedt-Ulzburgs Hauptverkehrsachse nicht genehmigungsfähig ist, weil sonst der Verkehrsfluss auf der Hamburger Straße endgültig zum Erliegen käme, wäre das wohl das Ende des im Bau befindlichen City-Centers. Mit der Konsequenz, dass auf die öffentliche Hand Regressforderungen in Millionenhöhe zukämen.
Bauamtsleiter Jörn Mohr Anfang voriger Woche zu den Henstedt-Ulzburger Nachrichten: „Nehmen wir mal den Worst Case an, der LBV sagt: ‚Geht nicht’, dann, so sehe ich das, leitet sich daraus ein Schadensersatz ab. Der Investor, der die Baugenehmigung in der Hand hat, müsste dann den Kreis verklagen!“
Ob die Itzehoer Straßenbauamtler ihren Kollegen aus Segeberg so eine Klage zumuten wollen? Wohl eher nicht. Jedenfalls sammelt der Itzehoer Landesbetrieb Verkehr (LBV) offenbar gerade alle seine vorgebrachten Vorbehalte wieder ein. Die Itzehoer Behörde, die bisher mit einer Verlängerung der Grünphasen für die Hauptrichtung der Hamburger Straße nicht einverstanden war und die bisher ihr Einverständnis für eine CCU-Zufahrt über die Hamburger Straße nicht erteilen wollte, hat jetzt, so schreibt es die Verwaltung, ihre Meinung geändert:
Zehn Einwände zur Bebauungsplan-Änderung, jeweils mit Bezug auf die bisherigen ablehnenden Stellungnahmen der Itzehoer Verkehrsexperten, haben Anwälte im Namen eines nicht genannten Mandanten eingereicht. Auf alle zehn Einwände kontert die Gemeindeverwaltung mit demselben Satz: „… die Bedenken von Seiten des Landesbetriebs Verkehr… bestehen nicht mehr.“
Ganz zum Schluss ihrer Stellungnahme drohen die Anwälte mit gerichtlichen Schritten. Ganz konkret mit einem Normenkontrollverfahren. Dabei prüft das Gericht, ob es beim Beschluss eines Bebauungsplans zu Verfahrensfehlern gekommen ist. Das schließt auch die Überprüfung ein, ob Verkehrsgutachter mit richtigen Zahlen gerechnet haben – und auch ob deren Expertisen möglicherweise wegen Befangenheit null und nichtig sind.
Christian Meeder
10. März 2013
Zumal alles ja auch immer zwei Seiten hat. Es wurde in der Vergangenheit nie angezweifelt, wenn der LBV Bedenken geäußert hat (oder um es etwas konkreter zu sagen: zumindest nicht von denen, die sowieso gegen das CCU waren/sind). Jetzt hat er angeblich keine mehr und es wird unterstellt, daß das doch eigentlich nicht sein kann, eine passende Theorie wird gleich dazu geliefert. Genauso gut ist es doch aber vorstellbar, daß die ehemaligen Bedenken tatsächlich noch nie wahr waren. Dazu brauchbare Theorien: von Bauverhinderungswilligen ein Geldfluß zum LBV, oder aber ein einflußreicher Mitarbeiter im LBV, der „persönliche Differenzen“ mit H-U hat. Man kann also jede Seite immer mit „Verschwörungstheorien“ ausstatten, hilft bei der Wahrheitsfindung allerdings überhaupt nicht.
Knackige Überschrift und langatmiger Artikel stimmen nicht überein. Staatsanwälte agieren in unserem Rechtssystem nur in Strafprozessen, nicht in Verwaltungs- und Zivilprozessen. Wo soll hier eine nachweisbare Straftat vorliegen? Falsche Zahlen allein sind nicht strafbar. Meinen Sie etwa Bestechung?
Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version lautete die Überschrift: CCU: Die Politiker sind raus, übernehmen jetzt Staatsanwälte die Regie?
Brachialgewalt und zugleich völligem Mangel an Gemeinwohlorientierung der örtlichen Politik ab initio, das sehe ich bei der Durchsetzung des CCU-Projekts wohl,-
was aber der genaue Anknüpfungspunkt für den Staatsanwalt nun bei der beschriebenen Sachlage sein soll, ergibt sich aus dem vorstehenden Artikel irgendwie nicht.
Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version lautete die Überschrift: CCU: Die Politiker sind raus, übernehmen jetzt Staatsanwälte die Regie?