Eigentlich ist der Kinofilm „Einer flog über das Kuckucksnest“ eher der älteren Generation ein Begriff. Ein Meisterwerk von Milos Forman, das 1975 uraufgeführt und sogleich mit fünf Oscars ausgezeichnet wurde. Und den Hauptdarsteller Jack Nicholson mit einem Schlag weltberühmt machte. Umso erstaunlicher, dass sich die Schüler vom zehnten bis zwölften Jahrgang des Alstergymnasiums Henstedt-Ulzburg an diesen hochkomplizierten Stoff heranwagten.
Aber der Erfolg gab ihnen recht: An zwei Abenden konnten sich die begeisterten Zuschauer davon überzeugen, dass den Gymnasiasten der Theater AG mit ihrem subtilen Spiel etwas ganz Hervorragendes gelungen war – eine Gratwanderung zwischen komischen und tragischen Elementen, gepaart mit Protest und verzweifeltem Ausgeliefertsein. Ein Verdienst ihres Lehrers Rainer Köck, der vor einem halben Jahr als Spielleiter mit der Inszenierung begonnen hatte, weil ihn die Thematik des Films bereits als junger Mann fasziniert hat. Und der den Henstedt-Ulzburger Nachrichten jetzt einen Blick hinter die Kulissen gewährte.
Zum Inhalt: Der Zuschauer erlebt ein Irrenhaus als ein perfekt funktionierendes System totaler Unterdrückung und Manipulation, dem alle Insassen hilflos ausgeliefert sind. Das strenge Regiment reicht von Schikanen und Ruhigstellung durch Medikamente bis hin zu Elektroschocks. Bis einer kommt, der da nicht mitmacht und das Ganze so grandios wie dramatisch aufmischt: Jack Nicholson alias McMurphy.
Vor zwei Jahren hatte der Theater begeisterte Deutsch- und Sportlehrer Rainer Köck eine Zusatzausbildung in „DS Darstellende Kunst“ absolviert und wollte dieses neue Wissen schließlich auch umsetzen. Er gründete die Theater AG, die sich inzwischen so großer Beliebtheit erfreut, dass sie im nächsten Jahr von drei auf vier Kurse aufgestockt wird.
Und dann machte sich Köck mit viel Spaß und Lust an die Proben des „Kuckucksnests“ heran. Sie wurden für alle Beteiligten zum Aha-Erlebnis, obwohl es neben Unterricht und Hausaufgaben viel Zeit und Kraft kostete, ein solches Stück überzeugend auf die Bühne zu bringen. „Aber für mich waren die Proben mittlerweile zu einer regelrechten Leidenschaft geworden“, gibt Rainer Köck zu. Da verwundert es auch nicht, dass er das Bühnenbild selbst gestaltete: zum Nulltarif mit 100 leeren Bananenkisten von Aldi! Damit wurde die Anstaltsmauer ebenso symbolisiert wie die verschiedenen „stabilen“ Sitzgelegenheiten, ausgeschäumt im Heizungskeller des Gymnasiums.
Grund genug, seiner fleißigen Theatertruppe noch ein Highlight zu bieten: einen dreitägigen Aufenthalt im Jugendheim Schloss Noer bei Rendsburg. „Also eine Art klassenübergreifende Klassenreise“, erläutert Köck. „Hier wurde nicht nur ununterbrochen geprobt, hier kamen sich die Schüler auch persönlich näher. Und das sorgte wiederum für einen viel besseren Zusammenhalt untereinander.“ Kein Wunder, dass die Schüler bei so viel Spielfreude auch knifflige Situationen mit Leichtigkeit meisterten. Und das, obwohl die spezielle Thematik des Stückes ihnen einiges abverlangte. „Und deshalb freue ich mich auch jetzt schon auf die nächste Inszenierung!“
Aber vorher soll es am Dienstag, 21. Juni um 10.30 Uhr, noch eine schulinterne Aufführung von „Einer flog über das Kuckucksnest“ geben: für die neunten und zehnten Klassen in der vierten, fünften und sechsten Stunde. „Damit sich der Nachwuchs mal anschaut, was so alles möglich ist und ob er nicht vielleicht doch Lust hat, im nächsten Jahr selbst auf der Bühne zu stehen“, hofft Rainer Köck.
Gabriele David