Klappe zu, Affe tot. Die Kommunalpolitiker lehnen sich nicht mehr gegen eine Brücken-Entscheidung der Landesregierung auf. Das Land kann nun die Schlappenmoorbrücke an der Alster abreißen und durch eine Furt ersetzen. Das haben die Ortspolitiker am Montag im Natur- und Umweltausschuss einstimmig beschlossen.
Hintergrund: Weil dem Land eine Sanierung der Brücke zu teuer ist, hatte Kiel angekündigt, die Brücke abzureißen und durch eine Furt zu ersetzen. Daraufhin hatten die Ortsentscheider im August beschlossen, auf eigene Kosten eine neue Brücke zu bauen.
Am Montag gab es nun aber parteiübergreifendes Stirnrunzeln im Ratssaal – beim Blick auf die Unterlagen, die ein von der Verwaltung ausgeguckter Brückenplaner präsentierte.
Einen ersten Stirnrunzler gab es wegen der Gesamtkosten des Bauwerks – die Gemeinde sollte deutlich mehr als 200.000 Euro für den Ersatzbau bezahlen.
Den zweiten Stirnrunzler dann für die Brückenbreite von 3,50 Meter. Warum denn die Brücke so breit sein müsse, fragten sich die Ortspolitiker. Schulterzucken dazu vom Brückenexperten. Das sei nun mal Vorgabe gewesen. Nachfrage aus der Runde: Und wie breit sind die Fahrzeuge, die die Brücke benutzen? Die Antwort: Zwei, maximal 2,50 Meter.
Einen dritten Runzler schließlich für die Knausrigkeit der Landesregierung: Das Land selber wollte sich nur mit 19.000 Euro an den Kosten beteiligen – obwohl die Gemeinde im Rahmen des Brückenneubaus alleine rund 40.000 Euro für „naturschutzfachliche Kompensationsmaßnahmen“ hinblättern sollte. Die Vermutung ist: Baut das Land auf eigene Kosten eine Furt, ist der Eingriff in den Flusslauf weitaus höher und die reinen Baukosten plus Naturausgleichskosten dürften ein Vielfaches der 19.000 Euro betragen. Der Kommentar von CDU-Vertreter Kai-Uwe Möhler deswegen zum Angebot des Landes: „Frechheit, uns mit 19.000 Euro abzuspeisen.“ Sein Vorschlag: „Lassen wir das Land die Furt bauen und wir bauen unsere Fußgängerbrücke daneben.“
Statt Stirnrunzeln nun kräftiges Kopfnicken. BFB-Gemeinderat Dirk Rohlfing: „Die Idee finde ich gut.“ Das fanden auch alle anderen Ausschussmitglieder. Gut möglich, dass es nun eines Tages sogar eine neue Brücke Marke Eigenbau geben wird: Vor ein paar Jahren hatte etwa der Bauhof eine Fußgängerbrücke über die Pinnau gezimmert. Beschlossen wurde die Überführung aber noch nicht, erst einmal soll das Land Tatsachen schaffen. Der Montagsbeschluss lautet nämlich nur: „Der Umwelt- und Naturausschuss beschließt, aufgrund der vorliegenden Kostenermittlung von einem Neubau der „Schlappenmoorbrücke“ abzusehen und stimmt der Beseitigung der vorhandenen Brücke und der anschließenden Herrichtung einer Furt seitens des Landes Schleswig-Holstein zu.“
Dem Vernehmen nach können Wanderer übrigens auch nach dem Abriss der Brücke an der Stelle trockenen Fußes über die Alster gelangen – ganz ohne Fußgängerbrücke. Die Furt soll nämlich mit Trittsteinen ausgestattet werden.
Bleibt vielleicht für manch Leser nun noch eine Frage zu klären: Wo befindet sich eigentlich die Brücke? Hier gibt es eine Karte (klick).
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5. Dezember 2019
„Schlappenmoor“: Brücke oder Furt?
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Die Gemeinde stimmt der Beseitigung der vorhandenen Schlappenmoorbrücke durch das Land und dem Bau einer Furt für den Verkehr mit Zugmaschinen zu.
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Das Land dazu bereits am 17.06.2019:
„Die Furt würde vom Land SH bzw. durch den von ihr beauftragten Wasser- und Bodenverband unterhalten werden, sofern die Gemeinde dem Bau der Furt zustimmt und diese durch die untere Wasserbehörde des Kreises Segeberg genehmigt wird. Weiterhin soll der Verkehr nur für Berechtigte im Rahmen der Bewirtschaftung der im Schlappenmoor gelegenen Flächen zugelassen werden, so dass nach dem Bau geeignete Vorkehrungen getroffen werden, um andere Verkehre auszuschließen. Die Furt ist für Fußgängerverkehr ungeeignet und dieser wird von Seiten des Landes ausgeschlossen (keine Trittsteine o. ä. Vorkehrungen).
Weiterhin wäre die Gemeinde dann verkehrssicherungspflichtig, da sie Eigentümerin der Zuwegung ist. Diese beschränkt sich dann allerdings auf das Aufstellen von Warnhinweisen, Winterdienst und auf die Herrichtung und Erhaltung geeigneter Vorkehrungen zur verkehrlichen Nutzungseinschränkung.“
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Die „BfB“ in ihrem Antrag vom 11.12.2018:
„Eine solche Lösung macht aus der Sicht der Gebietsbetreuer aber nur dann Sinn, wenn parallel zu der Furt eine Querung über die Alster mit einem Fußgängersteg errichtet wird, um die Durchgängigkeit des Wanderweges zu erhalten. Die Lösung einer Querung über Trittsteine in der Alster wurde sinnvoller Weise verworfen.“
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Ein Fußgängersteg sicherlich wohl auch eine günstigere Variante zu einem Brücken-Neubau.
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Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass es nicht nur vom „NABU“ – sondern auch aus Kreisen der Gemeindevertretung Bedenken gibt / gab, dass „eine Furt im Naturschutzgebiet einen zu großen Eingriff in die Natur darstellt“.
Was da an Ressourcen und Kapazitäten verblasen wird, weil im Zuständigkeits- und Schnittstellenmanagement zwischen den Verwaltungen von Bund, Ländern, Kreisen und Kommunen einfach nicht die Effizienz im Vordergrund steht, erkennt man womöglich an diesem lapidaren Beispiel.
Viele derzeit aufgestellte Forderungen (und bleiben wir mal bei den vernünftigen), wie der Ausbau von Bahnstrecken oder anderen infrastrukturellen Notwendigkeiten für eine gute Zukunftsperspektive, können so doch gar nicht realisiert werden. Und wenn überhaupt, muss man von Jahrzehnten ausgehen.
Wo bleibt der geeignete Pragmatismus? Soll das Land doch seine klamme Geldbüx in der kompliziert vernähten Tasche behalten. Stattdessen ein bürgergestütztes Beteiligungsprojekt zum Bau einer neuen Brücke ins Leben rufen, das unter fachmännischer Leitung eine Brücke „made in HU“ auf die Pfeiler stellt. Wäre dabei. Aber nicht, wenn es wieder künstlich kompliziert gemacht wird, oder für einzelne Personen- oder Parteiinteressen genutzt würde. Einfach nur machen.
…ein dreifaches Hoch der deutschen Bürokratie und Gerangel um Kompetenzen damit die Gerichte und Anwälte immer beschäftigt werden…..
Genau, Herr Blau: „Einfach nur machen“. Ich würde mich dabei ebenfalls gern tatkräfitg mit einbringen wollen. Vorausgesetzt, die Bürokratie legt die Hände in den Schoss. 😉
Gute Idee, Herr Blau, leider wirklich nicht so einfach, die Choose. Selbst wenn man eine Brücke in einfach, praktisch und gut mittels Bürgerprojekt bauen würde, müsste man alle paar Jahre den Brücken-TÜV durchführen etc.. Folgekosten entstünden folglich auch; Haftungsfragen wären zu klären. Ist leider wirklich alles kompliziert.
Der Brückenbau-Ingenieur hat uns in der Sitzung erklärt, dass sogar eine reine Fussgängerbrücke (welche natürlich wehrhaft gegen Befahren durch Fahrzeuge zu sichern wäre) irren Anforderungen gerecht werden muss: Sie wäre nicht wesentlich günstiger, da sie Belastungen aushalten muss, die dem Gewicht von 4 Erwachsenen pro Quadratmetern entspricht. So ein Gedränge hat noch keiner im Schlappenmoor gesehen!
Der Plan ist deshalb die Furt vom Land errichten zu lassen. Die Brücke kann durch einen Steg ersetzt werden, so dass Radfahrer, Fussgänger mit oder oder Hund (jedoch angeleint) und auch Rollstuhlfahrende trocken hinüber gelangen können.
Hallo Frau Honerlah, mir ist nicht klar, wo sie den Unterschied zwischen einer Fußgängerbrücke und einem „Steg“ sehen. Die Sicherheitsanforderungen mit einer Flächenlast von 5kn/m² (500kg/m²) müssen gewährleistet sein. Ihr Ansatz von 4 Erwachsene je m² Brückenfläche ist nicht ausreichend, wenn sie nicht stark übergewichtig sein sollten.
Wer braucht eigentlich diese Brücke? gemäß Verwaltungsvorlage nicht die Landwirtschaft und für ein Betriebsfahrzeug von 5 to Last für eine einmalige Mahd im Jahr dürfte der Aufwand von €250.000 (€10.000/m²!!!) nicht vertretbar sein.
Als Radfahrer ist Richtung Süden/Togenkamp durch das Schlappenmoor keine brauchbare Wegeverbindung ( ich habe das mehrfach versucht; evtl. mit dem Mountain-Bike?) gegeben und Wanderer sind mir dort nicht begegnet.
Ich fahre mit dem Fahrrad und weiteren Mitsportlern des SVHU lieber über den Wohldweg Richtung Speckel/Wilstedt über eine kleine Fußgängerbrücke, die nur ca. 1000m Luftlinie von der Schlappenmoorbrücke entfernt ist, und komme dann bei der Gärtnerei Jenkel auf den verlängerten Togenkamp.
Zum Glück hat die Vernunft bei der GV gesiegt, da das Projekt gestrichen wurde.
Falls dennoch künftig das Projekt wieder in Erwägung gezogen werden sollte, würde eine Fußgängerbrücke von 1,5m Breite (wie Richtung Wilstedt) und ca. 7-8m Länge ohne mittige Unterstützung aus Rammpfählen mit 2 Doppel-T- Stahlhauptträgern oder 2 Holzfachwerkträgern mit integrierten Geländern und Holzüberbau den Anforderungen genügen. Die Kosten wären höchsten halb so hoch wie bei dem vorgestellten Projekt.
Außerdem gibt es Fachfirmen auf dem „Markt“, die standardisierte Fußgängerbrücken in variablen Abmessungen und Konstruktionen zu günstigen Preisen inkl. Statik und Bauzeichnungen anbieten. Dort kann man sich auch überschlägliche Kosten einholen.
Ohnehin ist mir unklar, warum mit einem Ing-Büro mit 4 Entwurfsvarianten in die Beratungen gegangen wurde, ohne das vorbereitend die Verwaltung mit einer grundsätzlichen Konzeption und Kosten die Beratungen eröffnet hätte (fehlt Fachpersonal?).
Gemäß HOAI hat das Ing.-Büro mindesten die Leistungsphasen Grundlagenermittlung und Vorentwurf erbracht und damit einen Honoraranspruch auf mind. 10% der honorarfähigen Baukosten, also ca. €25.000. Dafür hätte der Bauhof schon das Baumaterial beschaffen können.
Fazit: Eine sehr ineffizientes Procedere von Verwaltung und Politik für das der Steuerzahler herhalten muss.
Hallo Herr Borchert, die Verwaltung war aufgefordert eine Kostenermittlung beizubringen. Über die Detailierung wurde nicht befunden. Die tiefgehenden Berechnungen erstaunten daher schon. Sie zeigten allerdings auch, dass eine aufwändige Baustrasse für ein derartiges Bauwerk zu errichten ist, was mit Kollateralschäden verunden wäre.
Der weitere Schritt, eine fussläufige Verbindung herzustellen, wie vielfach von der Bevölkerung gewünscht, ist dann zu beschließen. Die Idee einer einfachen Furt wie z.B. im Himmelmoor Quickborn mehrfach zu sehen, ist doch nicht schlecht. Scheinbar ist es jedenfalls dort machbar und wird einen Bruchteil der ermittelten Brückenkosten benötigen.
Guckst du hier:
https://www.google.de/search?q=himmelmoor+quickborn&tbm=isch&source=iu&ictx=1&fir=XrHDsd95Te8OlM%253A%252C_vSxSOoPuDYchM%252C_&vet=1&usg=K_iXe-xg2g7dIsN0dTELOXT1wbhXs%3D&sa=X&ved=2ahUKEwjm9PHc_KjmAhVOLewKHYKlB6IQuqIBMAp6BAgOEAY&biw=1667&bih=948#imgrc=0vSate-XsLoWbM
Hallo Frau Honerlah, ihr Beispiel Steg im Himmelmoor passt leider für die Schlappenmoorquerung über den Fluss Alster gar nicht, da im Himmelmoor kein ähnlicher Fluss wie die Alster besteht.
Die Alster hat je nach Niederschlagshäufigkeit und -Intensität sehr wechselhafte Wasserstände mit entsprechenden Anforderungen an größere Durchflussquerschnitte in hydraulischer und ökologischer Hinsicht. Das wieder erfordert eine bestimmte Höhenlage des Brückenüberbaues mit beidseitigen Geländern von neuerdings 1,3m Höhe mit senkrechten Füllstäben zur Absturzsicherung.
Nebenbei, für eine kleinere Fußgängerbrücke wäre keine aufwändige Baustraße erforderlich, da die mittigen Gründungsrammpfähle entfallen. Temporäre Baustraßen werden zum Beispiel ohne Erdarbeiten, also ohne Eingriff in den anstehenden Boden, mit „Matten“ aus Stahlblech etc. einfach hergestellt. Siehe auch Arbeiten von Tennet im Bereich Befahrung landwirtschaftlicher Flächen mit Schwerlastfahrzeugen für die Aufstellung von 400KV-Strommasten.
Abgesehen von den Naturschutzgesetzen, das ist ein sehr beliebter Wanderweg.
Können die Wanderer in Zukunft nur noch in Gummistiefeln oder Wathosen um das
schlappenmoor wandern? Was machen dann Radfahrer und Mütter mit Kinderwagen?
Das finde ich ja interessant. Da ich keine Ahnung von den Auswirkungen einer Furt habe, musste ich mich mal „schlau googeln“. Auf den Infoseiten des NABU Korbach z.B. kann man viel über die Renaturierung des Münchbruches lesen, wobei der NABU die Vorteile einer Furt in den höchsten Tönen lobt. Offensichtlich scheint es auch bei den Naturschützern unterschiedliche Ansichten zu geben.
Ist der Bau einer Furt über die Alster in der Oberalsterniederung, die Naturschutz – und Europäisches Vogelschutzgebiet ist,mit dem Landesnaturschutzgesetz vereinbar?
Eine Furt würde die Zerstörung der bestehenden Flora und Fauna zur Folge haben.
Desweiteren ist vorauszusehen dass auch die Menschen mit ihren freilaufenden Hunden, wie an der Alster in Kayhude geschehen, die Natur im Uferbereich des Flusses zerstören.