Gleichstellungsbeauftragte Gruber: Häusliche Gewalt ist eines der höchsten Gesundheitsrisiken für Frauen

Suzanne Pjede,Karen Demuth,Nina Mehlert,Svenja Gruber, Stefan Bauer,Jan Wagner und Holger Rathjen machen auf den Tatort Wohnzimmer aufmerksam
Suzanne Pjede,Karen Demuth,Nina Mehlert,Svenja Gruber, Stefan Bauer,Jan Wagner und Holger Rathjen machen auf den Tatort Wohnzimmer aufmerksam

Mitteilung aus dem Rathaus

Jeden Tag werden weltweit Millionen von Frauen geschlagen, gekniffen, geboxt, angebrüllt, eingesperrt, psychisch unter Druck gesetzt, bedroht, verfolgt, umgebracht. Meist in ihren ei-genen vier Wänden, von ihren Ehemännern, Lebensgefährten, Geliebten, Ex-Männern oder Ex-Partnern.

Häusliche Gewalt ist eines der höchsten Gesundheitsrisiken für Frauen. „Die eigene Wohnung, das Wohnzimmer beispielsweise, sind ein gefährlicher Tatort für Frauen“, stellt Gleichstellungs-beauftragte Svenja Gruber fest. „Um besonders auf das Thema Häusliche Gewalt aufmerksam zu machen, haben wir in diesem Jahr ein kleines Wohnzimmer im Eingangsbereich im Rathaus aufgebaut.“ Häusliche Gewalt ist die am weitesten verbreitete Form der Gewalt gegen Frauen und umfasst alle gesellschaftlichen Schichten. Die meisten Opfer von Partnerschaftsgewalt sind weiblich, viele Übergriffe bleiben nach wie vor unbekannt. Erheblicher Risikofaktor für Frauen, Häusliche Gewalt zu erfahren, ist eine Trennung oder Trennungsabsicht vom Partner, aber auch eigene Gewalterfahrungen in der Kindheit und Jugend erhöhen die Gefahr.

„Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter – und sie findet häufig in Beziehungen statt.“ Mit dieser Aussage erstellt auch das Bundeskriminalamt (BKA) seit 2015 kriminalstatistische Aus-wertungen zur Partnerschaftsgewalt in Deutschland. Die aktuelle Statistik des BKA aus 2017 zeigt:

Fast 138.893 Straftaten, wie Mord und Totschlag, Körperverletzungen, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, Bedrohung, Stalking, Nötigung, Freiheitsberaubung, Zuhälterei und Zwangsprostitution wurden im Zusammenhang mit Partnerschaftsgewalt erfasst.
Seit 2013 stieg die Anzahl der Opferzahlen partnerschaftlicher Gewalt insgesamt von gut 121.778 auf nahezu 140.000.
Über 82% der Opfer waren im Berichtsjahr weiblich.
Fast die Hälfte aller Opfer o.g. Straftaten lebte im gemeinsamen Haushalt mit dem/der Täter/in.
In den Deliktsbereichen Vergewaltigung und sexuelle Nötigung, Bedrohung, Stalking, Nötigung sowie Freiheitsberaubung ist der prozentuale Anteil weiblicher Opfer von Partnerschaftsgewalt besonders hoch.

In Schleswig-Holstein gibt es 16 Frauenhäuser, in denen von häuslicher Gewalt betroffene Frauen mit ihren Kindern Zuflucht finden. Die derzeit 349 Plätze decken den Bedarf bei weitem nicht.

Am Internationalen Tag gegen Gewalt, dem 25. November, wird wieder weltweit auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam gemacht. Henstedt-Ulzburg setzt in der Aktionswoche vom 25. bis zum 29. November wieder ein öffentliches Zeichen gegen Gewalt an Frauen:

Die Flagge „Frei Leben ohne Gewalt“ der Menschenrechtsorganisation „Terre des femmes“ wird am Rathaus in der Aktionswoche gehisst sein und spezielles Informationsmaterial zu Stalking und häuslicher Gewalt liegt für Besucherinnen und Besucher des Rathauses im Ein-gangsbereich aus und macht auf Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten aufmerksam.

Die Kampagne „Gewalt kommt nicht in die Tüte“, die gemeinsame Aktion des Landesinnungs-verbands des Bäckerhandwerks, mit den Gleichstellungsbeauftragten und dem KIK-Netzwerk bei häuslicher Gewalt, findet am Donnerstag, 28. November ab 10h auf dem Marktplatz Ulzburg statt. „Um in diesem Jahr besonders auf das Thema häusliche Gewalt aufmerksam zu machen, ziehen wir (bei trockenem Wetter) mit dem „Tatort Wohnzimmer“ auf den Markt-platz Ulzburg“, erklärt Svenja Gruber. „Dort möchten wir mit Frauen und Männern ins Gespräch kommen.“ Beim „Tatort Wohnzimmer“ werden auch die von Bäckerei Rathjen und Bäckerei Wagner gespendeten Brötchentüten mit Informationsmaterial und der bundesweiten Ruf-nummer des Hilfetelefons 08000 116 016 verteilt.

Unterstützt wird Svenja Gruber von Karen Demuth, Beraterin der Frauenfachberatungsstelle Kaltenkirchen, Suzanne Pjede von der örtlichen Polizeistation Henstedt-Ulzburg sowie von Nina Mehlert vom Weissen Ring. Gemeinsam informieren sie über häusliche Gewalt und machen auf Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten vor Ort aufmerksam.

Es gibt auch Gewalt gegen Männer. Jungen und Männer werden insgesamt sogar häufiger als Frauen Opfer von Raub, Erpressung, Hausfriedensbruch, Menschenraub, Geiselnahme. Aber: Die Täter sind in den meisten Fällen Männer. Zusammengefasst und zugespitzt formuliert Svenja Gruber: „Gewalt gegen Frauen ist Männergewalt. Gewalt gegen Männer auch.“
Männer, die in ihrer Kindheit oder Jugend sexuell missbraucht worden sind, oder als Erwachsene Opfer von häuslicher und sexueller Gewalt wurden, finden Hilfe in der „Männerberatung“ an den Standorten Elmshorn, Neumünster oder Quickborn.

pm

15. November 2019

9 thoughts on "Gleichstellungsbeauftragte Gruber: Häusliche Gewalt ist eines der höchsten Gesundheitsrisiken für Frauen"

  1. Aus der “ Deutschen Ärttezeitung “ vom März 2017:
    Ein Mann, der sich von einer Frau schlagen lässt – dies scheint fast undenkbar. Denn gemeinhin gelten Frauen als weniger aggressiv und gewaltbereit als Männer. Außerdem sind die meisten Männer Frauen körperlich überlegen und könnten sich entsprechend zur Wehr setzen. Die Zahlen zur häuslichen Gewalt sprechen jedoch eine andere Sprache: Laut britischen Erhebungen ist eines von drei Opfern häuslicher Gewalt männlich. Deutsche Experten gehen davon aus, dass ein bis zwei Fünftel der Opfer Männer sind. Mindestens eine Million Männer in Deutschland erleiden regelmäßig häusliche Gewalt durch ihre Partnerin. Wahrscheinlich ist die Zahl der Betroffenen jedoch weitaus höher, weil die meisten Männer nicht über die Angriffe ihrer Partnerin sprechen und keine Hilfe suchen.

    Dass Frauen friedfertiger als Männer seien, ist ein Mythos, der sich hartnäckig hält. Berater und Experten, die Gewaltopfer betreuen und differenzierte Einblicke in Paarbeziehungen haben, gehen hingegen davon aus, dass Frauen mindestens ebenso aggressiv wie Männer sind – es ist nach außen nur nicht so offensichtlich. Denn die Waffen vieler Frauen sind nicht Fäuste, sondern Worte.

  2. Trotz intensiven Lesens finde ich keinen – noch so minimalen – Hinweis auf Gewalt von Frauen gegen Männer. Auch im finalen Satz des Artikels nicht. Svenja Gruber formuliert es zutreffend..
    Mein Hinweis auf die Gewalt von Frauen gegen Männer soll nicht relativierend auf die nicht zu duldende Gewaltausübung von Männern auf Frauen und Kinder wirken. Nur sie steht beileibe nicht allein. Fraui kann das auch!

  3. Häusliche Gewalt
    ist nicht nur Gewalt in Paarbeziehungen wie Ehen, Lebensgemeinschaften, sondern auch Gewalt gegen Kinder, Gewalt von Kindern gegenüber ihren Eltern, Gewalt zwischen Geschwistern und Gewalt gegen im Haushalt lebende ältere Menschen.
    – – –
    Häusliche Gewalt ist verletzend, strafbar und keine Privatangelegenheit.
    – – –
    Es gilt: „Jeder Mensch hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich.“ (Art. 2 Grundgesetz)

  4. Ich wette, dass von den ca 4-5 Milliarden Männern auf der Erde täglich ebenfalls Millionen: gekniffen, geboxt, angebrüllt, bedroht und psychisch unter Druck gesetzt werden. Auch hier sollte man Gender-Gerechtigkeit walten lassen. Schon Marlene Dietrich sang. “ Frauen sind keine Engel „:

        1. Das war ja auch zu verstehen! Ich bezog mich auf Herrn Winckelmann, denn was er fordert, ist ja bereits ausführlich im Artikel vorhanden. 😉

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