Die Dunkelziffer der lichtscheuen Autofahrten im Dunkeln

 

Nachtfahrten sind besonders für Senioren eine physische Belastung
Nachtfahrten sind besonders für Senioren eine physische Belastung

Seit Weihnachten werden die Tage wieder länger. Auch wenn man jetzt noch nicht viel davon merkt, dass die Dämmerung eine Viertelstunde später einsetzt. Immerhin – es bedeutet Licht am Ende des Tunnels. Für viele Autofahrer (vor allem der weiblichen) ein tröstlicher Gedanke, denn die lichtarmen Wintermonate schränken vor allem Senioren in ihrer Freizeitgestaltung ein. Weil sie sich aus Vorsicht oder Unsicherheit nicht gern oder überhaupt nicht mehr bei Dunkelheit ans Steuer ihres Wagens setzen. Und daher zwangsläufig auf viele spontane Unternehmungen verzichten müssen.

Diese Tatsache scheint zu jenen Geheimnissen zu gehören, über die man nicht spricht und die auch niemand ungefragt preisgibt. Weil es sich wie ein Makel anfühlt, nicht mehr so fit und flott durch die Gegend zu kurven wie seit der Erlangung des Führerscheins vor vielen Jahrzehnten. Das fängt bereits mit der Autobahn an, die man irgendwann meidet wie die Pest, „weil die da so irre an einem vorbeirasen, während man sich wie gewohnt einfädeln will“. Deshalb ist für viele Autofahrer schon die Auffahrt Grund genug, den Puls in die Höhe zu treiben und das Herz rasen zu lassen. Mit der Konsequenz, dass man die Autobahn in Zukunft umgeht und (zum Entsetzen der anderen) die längere Fahrt auf der Landstraße in Kauf nimmt – Hauptsache, man kommt irgendwann heil ans Ziel.

Kommt es dann aber doch dazu, dass in geselliger Runde eine bis dato flotte Autofahrerin bekennt: „Also ich fahre grundsätzlich nicht mehr im Dunkeln!“, fallen sofort mehrheitlich die anderen erleichtert ein: „Was, du auch nicht? Na, da bin ich ja froh. Ich nämlich auch nicht.“ Und fast immer sind es Frauen, die zu dieser Schwäche stehen – Männer haben diese Einsicht eher nicht. Die riskieren lieber die „Einfahrt“ auf die Gegenfahrbahn, wenn sie unsicher sind. Und gehören dann zu denen, die „Ihnen auf Ihrer Strecke entgegenkommen“, wie es dann immer im zur Vorsicht gemahnenden Verkehrsfunk heißt.

Dagegen haben die verantwortungsbewussteren Frauen auch beschlossen, ihr monatliches Treffen in einem Restaurant oder Café auf den Mittag zu verlegen. Total entspannt bis lange vor Einbruch der Dämmerung. Wer sich dagegen einen Film in der Hamburger City anschauen will, der nimmt von vornherein Bus oder Bahn. Und darf sich bei dieser vernünftigen Einstellung auch ruhig mal ein Taxi leisten. Hauptsache: ohne Blechschaden nach Hause kommen.

Angesichts dieser Erfahrungen ist natürlich auch immer von den jeweiligen Augenärzten zu hören, dass beginnender Grauer oder Grüner Star schuld sein kann an der Blendempfindlichkeit des Fahrers gegenüber den Scheinwerfern. Dass diese Unpässlichkeit aber noch nicht für eine Augen-OP ausreiche, wenn das Sehvermögen ansonsten noch ziemlich intakt ist. Und dass es natürlich auch am Alter liegt, wenn das Auge das grelle Licht der Scheinwerfer nicht mehr schnell genug ausgleichen kann. „Aber man hat doch inzwischen das Gefühl, dass die meisten mit Fernlicht fahren!“ Was aber wohl eher an den Neuwagen liegt, die mit besonders hell strahlenden „Leuchten“ ausgestattet, auf die die Fahrer auch noch stolz sind. Na toll – sie selbst werden am Steuer ja auch nicht davon geblendet. Und wenn dann auch noch Nebel, Eis und Schnee dazukommen, müsste man am besten von vornherein zu Hause bleiben …

Wer also weiterhin unfallfrei fahren möchte, sollte, bevor er sich eines Tages ganz von seinem Auto verabschiedet und damit aus Vernunftgründen auf seine Unabhängigkeit verzichtet, die hellen Abende der Sommermonate nutzen, bevor Herbst und Winter die Betroffenen erneut vor dieses Problem stellen, das dann vielleicht sogar die genannten Konsequenzen erforderlich macht.

Gabriele David

2. Januar 2015

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