Auftragsvergabe: Volker Dornquast contra Hamburger Abendblatt und WHU…

Ex-Bürgermeister Volker Dornquast auf der einen und das Hamburger Abendblatt zusammen mit der WHU auf der anderen Seite kommen bei der Analyse der von der Gemeindeverwaltung zusammengestellten Liste über gemeindliche Auftragsvergaben zu völlig unterschiedlichen Bewertungen. Wie am Donnerstag voriger Woche berichtet, hat sich Henstedt-Ulzburgs langjähriger Verwaltungschef in die Vergabediskussion eingeschaltet und dabei jegliche Kritik an der Vergabepraxis zurückgewiesen.

Dornquast, der bis Oktober 2009 Bürgermeister der Gemeinde war und damit für einen Großteil der im Untersuchungszeitraum vergebenen Aufträge verantwortlich ist, äußerte sich in einer CDU-Pressemitteilung, die den Untertitel „Ingenieuraufträge geben keinerlei Anlass zur Kritik“ trägt. Darin nennt Dornquast eine Bevorzugung von CDU-Mitgliedern bei Aufträgen „Quatsch“. Weiter heißt es, dass sämtliche Aufträge korrekt vergeben wurden. CDU-Fraktionschef Folker Brocks attackiert in der Pressemitteilung zudem die WHU, auf deren Betreiben die Verwaltung die Liste erstellt hatte: Die Wählervereinigung betreibe eine Neid- und Missgunstdebatte.

WHU und Abendblatt hatten zuvor die durch die Liste zu Tage getretenen Auftragshäufungen mehr oder weniger deutlich kritisiert: So hieß es in einer eher vorsichtig formulierten WHU-Pressemitteilung, dass Vergabegrundsätze zur Vermeidung von engen und lang anhaltenden Bindungen an dieselben Auftragnehmer auffordern würden. Dies habe die Gemeindeverwaltung nach Ansicht der Wählergemeinschaft nicht hinreichend berücksichtigt. Grundsätzlich mahnte die WHU zudem mehr Wettbewerb und Transparenz bei Vergaben an.

Weit weniger zurückhaltend kritisierte das Hamburger Abendblatt die gemeindliche Vergabe von Aufträgen. In einem Kommentar schrieb HA-Redakteur Frank Knittermeier: „E-Mails werden immer noch von der Firma eines CDU-Vorstandsmitgliedes gecheckt. Statik-Prüfaufträge bekommt die Firma des langjährigen CDU-Vorsitzenden, Architektenaufträge gelangen stets in die Büros derselben Architekten. Das mag alles legitim sein, aber was in Henstedt-Ulzburg seit Jahren praktiziert wird, ist anrüchig.“ Knittermeier schloss seinen Kommentar mit dem Satz: „Im Rathaus sollte jemand mit der Faust auf den Tisch schlagen.“

Erstmalig über die mittlerweile berüchtigte Vergabeliste berichtet hatten übrigens die Henstedt-Ulzburger Nachrichten. Mit einschneidenden Konsequenzen. Denn zunächst war die Liste für alle Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde im Bürgerinformationssystem einsehbar. Für etwa zwei Wochen. Nachdem wir dann erstmalig über den Inhalt berichteten, wurden die entscheidenden Details aus der Liste gelöscht.

Christian Meeder

16. Juli 2012

4 thoughts on "Auftragsvergabe: Volker Dornquast contra Hamburger Abendblatt und WHU…"

  1. Zunächst einmal: Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer „anderen“ Zeitung! Aufmerksam wurde ich über die Google-News Politik bzw. den dort gelisteten Artikel im Hamburger Abendblatt „Kritische Presse ist hier unerwünscht“. Und jetzt weiß ich, nach Lesen des Artikels oben, auch, warum Sie zu Pressekonferenzen nicht geladen wurden…

    Die beschriebenen unerträglichen Zustände, offensichtliche Vetternwirtschaft von Politikern und bestimmten Teilen der Wirtschaft, dürften allerdings in unserer Gesellschaft normal sein, von den Kommunen bis hin zum Bund. Gelegentlich sticht etwas ins Auge der breiten Öffentlichkeit (FDP / Mövenpick), doch eben nur in absoluten Ausnahmefällen, und schon morgen haben es dann alle vergessen.

    Die Medien, sofern nicht selbst in Händen, die das große Spiel der Verbiegung von aufrechtem Journalismus zu desinformierender Lobby gerechter Pressearbeit mitspielen, wagen es in den seltensten Fällen, auf strukturelle Missstände in Staat und Gesellschaft hinzuweisen, weil ihnen dann ein Werbe-Anzeigenboykott droht, der sie in größte wirtschaftliche Probleme stürzen kann.

    Kaum jemandem ist z.B. klar, was die teuren Image-Anzeigen von Großkonzernen vor allem sind: Eine legale Gabe von Korruptionsgeldern an Medien, die nach der „richtigen“ Pfeife tanzen. Dabei sind die Werbeeinnahmen längst fester Bestandteil der Medien-Budgets, so dass die konventionellen Medien tatsächlich an der Sklavenkette des Geldes hängen. Mit einer verhängnisvollen Auswirkung: Sie können die in Sonntagsreden hochgehaltene Rolle eines Korrektivs von Staat und Gesellschaft nicht ausüben.

    Wie sieht es anderswo aus? Josef Schlarmann dürfte den Führungsstil in Bundesregierung und CDU auf den Punkt gebracht haben: Angela Merkel bestimmt im Grunde alles. Beraten tut sie sich nicht mit Abgeordneten, sondern mit Leuten wie Friede Springer und Susanne Klatten. Die Schröder-Fischer Regierung ließ Hartz-IV im Hause des Ferdinand Piech ausarbeiten, dann wurde es ohne jede Änderung gegen jeden Widerstand im Parlament durch gepeitscht.

    Das Dortmunder SPD-MdB Marco Bülow, nur deshalb noch im BT, weil er örtliche Basis und Wähler hinter sich hat (Direktmandat), hat ein Buch geschrieben: „Wir Abnicker“ (Auszüge und Thesenpapiere über Google).

    Und wie sieht es in der Justiz aus? Als mittlerweile intimer Kenner der Justiz muss ich sagen, dass der Stuttgarter ex-Landrichter Frank Fahsel:

    http://content.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/1862051_0_9223_-bitterboeser-leserbrief-ex-richter-geht-mit-seiner-zunft-ins-gericht-und-die-schweigt.html

    und Rolf Bossi:

    http://www.youtube.com/watch?v=s-VXdLTthoU

    eindeutig die Wahrheit sagen, wenn sie die deutsche Justiz vernichtend kritisieren.

    Kurzum: Wir haben etwas ganz anderes als eine rechtsstaatliche Demokratie, das ist in allen wesentlichen Bereichen so eingerichtet. Und darum ist es wichtig, dass es möglichst viele gibt, die es, wie die Hensburger-Ulzburger-Nachrichten, dagegen angehen.

    Liebe Grüße und: Machen Sie weiter!

    Dipl.-Kfm. Winfried Sobottka

  2. Man kann die ganze Angelegenheit auch etwas nüchterner, sachlicher, sachdienlicher und weniger mit beleidigenden, vorverurteilenden und kriminalisierenden Äußerungen versehen betrachten als dies Herr Rohlfing tut.

    Herr Rohlfing – der im übrigen schon lange nicht mehr in der Gemeinde wohnt – hat als maßgeblicher SPD-Fraktionsvorsitzender lange Jahre diese Gemeinde begleitet und mitgestaltet, sich aber damals offenbar auch nicht wirklich um die ihm zukommende Rolle als Kontrollorgan gekümmert.

    Zudem ist seine seit vielen Jahren anhängige persönliche Fehde gegen ex-Bürgermeister Dornquast (siehe http://www.abendblatt.de/region/norderstedt/article592637/Uwe-Rohlfing-zeigt-Buergermeister-Volker-Dornquast-an.html ) hinlänglich bekannt und sicher auch für eine bestimmte Interessenlage ursächlich.

    Die Aufarbeitung der an einigen Stellen „interessanten“ Vergabepraxis erfordert definitiv weniger Emotionen und Vorverurteilungen, sondern vor allem klares, unvoreingenommenes und zielgerichtetes Denken und Handeln.

    Fragestellung muß dabei sein: „hat die Gemeinde einen Schaden erlitten?“ , nicht „wie kann man dem politischen und / oder persönlichen Gegner ein Bein stellen?“

    Grundsätzlich darf keine Firma, kein Planungsbüro deswegen bevorzugt werden, weil der Inhaber Mitglied einer bestimmten Partei ist oder sich in der Gemeinde ehrenamtlich engagiert. Gleichzeitig darf aber deshalb auch niemand benachteiligt werden. Ehrenamtliche Tätigkeit darf nicht automatisch zum Verdacht der Vorteilsnahme werden und zum Ausschluß von Auftragsvergaben der Gemeinde führen.

    Es gibt also in unserer Gemeindeverwaltung viel zu tun und wohl auch das ein oder andere zu klären. Nur sind parteipolitische oder persönliche Spielchen hier völlig fehl am Platze.

    1. Es ist natürlich schmerzhaft in einem Ort zu wohnen der negativ in den Schlagzeilen rüberkommt. Wer wie ich 19 Jahre mit seiner Familie in Henstedt-Ulzburg gewohnt hat und davon 17 Jahre in der Gemeindevertretung ehrenamtlich tätig war, hiervon durchgehend als Fraktionsvorsitzender und überwiegend als Planungsausschussvorsitzender, hat nach meiner Überzeugung jedes Recht sich auch dann in die Belange Henstedt-Ulburgs einzumischen, wenn er dort nicht mehr wohnt. Im Übrigem habe ich keine persönliche Fehde mit Herrn Dornquast geführt, sondern mich gegen seinen Amtsmissbrauch mir gegenüber erfolgreich gewehrt: Herr Dornquast ist strafrechtlich letztendlich davongekommen, weil in Deutschland die jeweilige Staatsanwaltschaft der politischen Weisung unterliegt und bei einer Anklage wäre es vorbei gewesen mit der Staatssekretärskarriere.
      Ein Beispiel wie es geht: Das größte Bauvorhaben der Gemeinde Henstedt-Ulburg war der Bau des Rathauses, Vorsitzender des Rathausausschusses war ich, sämtliche Vergaben wurden nach Recht und Gesetz durchgeführt, es gab keine (Vergabe-) Skandale. Sicherlich habe ich in all den Jahren auch Fehler gemacht, korrumpieren habe ich mich allerdings nicht lassen und der gesetzliche Auftrag (siehe Kontrolle § 45) wurde von der damaligen SPD-Fraktion in vielen Akteneinsichten erfüllt, wobei damit das Schlimmste verhindert werden konnte. Wer daran interessiert sein sollte wie es nicht geht, möge sich das Mankeprojekt Birkenau von 1980 bis heute zu Gemüte führen und wird fündig werden. Wenn der Vorwurf: „der beleidigenden, vorverurteilenden und kriminalisierenden Äußerungen“ zutrifft, dann dürfen wir ja alle gespannt sein, was die Betroffenen dazu zu sagen haben, die Übrigens alle „Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens“ sind.

  3. Die Zustände in Verwaltung und Selbstverwaltung in Henstedt-Ulzburg sind von Strukturen beherrscht, die seit mehr als 30 Jahren und länger bestehen. Beispiel hierfür ist die überwiegend von einem Gerontologentrio vertretende Fraktion der CDU im Hauptausschuss, für die der § 45 der Gemeindeordnung (Kontrolle der Gemeindeverwaltung) schon immer Teufelszeug war. Übrigens gibt es für die Kontrolle keine Einschränkung etwa nach einfachen Geschäften der laufenden Verwaltung bzw. Selbstverwaltungsaufgaben. (Ausnahmen sind nur Steuerangelegenheiten etc.) Dass bei einem Gesamtvolumen des aktuellen Haushaltes von z. Z. EUR 58.255.100, Henstedt-Ulzburg immer noch Gemeinde ist und kein Rechnungsprüfungsamt hat, stärkt die Strukturen, die den Ort immer schon zur Selbstbedienung missbrauchten und eine enge Symbiose zwischen Planern, Politikern der CDU, Bauträgern und hauptamtlichen Bürgermeistern (ebenfalls der CDU) herbeiführten und über die Jahrzehnte pflegten.
    Strukturen kann man nur aufbrechen, wenn man diese beim Namen nennt, ihre Machenschaften kontrolliert und öffentlich macht. Die GemeindevertreterInnen, die diesem Ziel folgen sind keine Nestbeschmutzer oder ähnliches, sondern kommen ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach und stärken die Demokratie in ihrem Bestand. Hierzu wurden sie zu Beginn ihrer Amtszeit verpflichtet, wer jedoch glaubt ohne diese Kontrolle auszukommen ist in der Gemeindevertretung fehl am Platz und sollte privatisieren. Der Streit um die Vergaberichtlinie und usw. ist im Übrigen müßig, denn die Gesetze und Verordnungen zur Vergabe öffentlicher Aufträge gelten auch in Henstedt-Ulzburg, ohne dass es hierzu eines besonderen Beschlusses bedarf, entscheidend ist jedoch, dass sie auch angewandt werden, denn nur so kann Vetternwirtschaft und Korruption vermieden werden. Hier einige wichtige Auszüge aus der Richtlinie: „Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung: Diese Richtlinie gilt für die Landesbehörden. Den sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts wird empfohlen, die Richtlinie entsprechend anzuwenden. “Korruption” beinhaltet insbesondere folgende Kriterien: – Missbrauch einer amtlichen Funktion, einer vergleichbaren Funktion in der Wirtschaft oder eines politischen Mandats – auf Veranlassung oder eigeninitiativ – Eintritt eines unmittelbaren oder mittelbaren Schadens oder Nachteils für die Allgemeinheit (in amtlicher oder politischer Funktion) – Geheimhaltung bzw. Verschleierung dieser Machenschaften“
    Das „Verschleiern von Machenschaften“ ist auch Korruption! Capito Herr Staatssekretär a. D. Dornquast? Hier hilft es auch nichts sich hinter der Immunität des Landtagsmandates zu verstecken, die kann der Landtag durch einfachen Beschluss aufheben. Und dann ?

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