Bauer schlägt Alarm: Zu viele Projekte, zu wenig Geld in der Gemeindekasse!

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Ernste Gesichter auch schon bei den Haushaltsberatungen vor einer Woche im Finanzausschuss. Der Bürgermeister neben Folker Brocks, Chef des Gremiums.

Obgleich in der letzten Sitzung der Gemeindevertretung vor der Sommerpause weitgehend eine heitere Atmosphäre herrschte, gab es doch einen Beratungspunkt, der durchaus ernster Natur war: der erste Nachtragshaushalt 2016. Bürgermeister Stefan Bauer hatte mit seinen Erläuterungen dazu die Kommunalpolitiker aus möglichen Urlaubsträumen aufgeschreckt.

Mit dem ersten Nachtragshaushaltsplan wird der am 16. Februar beschlossene Haushaltsplan der Gemeinde Henstedt-Ulzburg für das Haushaltsjahr 2016 an die laufende Beschlusslage der Gremien angepasst. Aufgenommen sind insbesondere die Bewilligungen der Gemeindevertretung zu über- und außerplanmäßiger Ausgaben. Weit darüberhinausgehende Änderungen sind insbesondere aufgrund der engen Finanzspielräume nicht aufgenommen. Die vielen Einzelbeschlussfassungen in den Ausschüssen mit teilweise erheblichem Ausgabevolumen lassen nicht erkennen, wie die Finanzierung erfolgen soll und inwieweit bereits bereitgestellte Haushaltsmittel durch Zweckänderungen und Priorisierungen umgeschichtet werden können.“ So heißt es im Vorbericht des Verwaltungschefs zum Nachtrag. Das meint: Es wurden en passant zu viele Maßnahmen beschlossen, für die eigentlich gar nicht genügend Geld vorhanden war oder ist.

Bauer folgert aus seiner Feststellung: „Das aus Sicht der Finanzierung unkontrollierte Hinzufügen neuer ‚ad hoc‘-Maßnahmen zum Planungsbestand muss durch eine koordinierte Haushaltsplanung und Planungsänderungen, die sich auf die Finanzplanungszeiträume erstrecken, in ganzheitlicher Betrachtungsweise ersetzt werden. Ansonsten kann der Haushaltsausgleich – insbesondere im Jahresabschluss – nicht mehr gewährleistet werden.“ Der Bürgermeister kündigte für den Spätherbst einen zweiten Nachtragshaushalt an.

SPD-Fraktionschef Horst Ostwald verstand Bauers Worte als „Warnsignal“, die Situation sei „alarmierend“. Im Hinblick auf den Etat 2017 müsse die Politik „einiges tun, um die Lage in den Griff“ zu bekommen. BFB-Mann Carsten Schäfer – gemeinhin als ausgabenfreudig bekannt – forderte die Verwaltung auf, Vorschläge für höhere Einnahmen der Gemeinde zu machen. WHU-Fraktionsvorsitzende Karin Honerlah sprach sich für die Einführung einer „koordinierten Haushaltsplanung“, wie vom Bürgermeister angeregt, aus, um den zweiten Nachtrag zu erarbeiten.

Einstimmig verabschiedete die Gemeindevertretung schließlich den ersten Nachtragshaushaltsplan 2016. Er sieht im Verwaltungsteil Einnahmen und Ausgaben von 55,8 Millionen Euro vor statt bisher 55 Millionen Euro. Der Vermögenshaushalt wird von 23,9 Millionen auf 20,5 Millionen Euro zusammengestrichen. Henstedt-Ulzburg wird zum Jahresende rund 32 Millionen Euro Schulden haben. Das bedeutet: Jeder Mensch in der Großgemeinde steht mit 1.160 Euro „öffentlich“ in der Kreide.

Jörg Schlömann

21. Juli 2016

6 thoughts on "Bauer schlägt Alarm: Zu viele Projekte, zu wenig Geld in der Gemeindekasse!"

  1. Der erste Nachtragshaushalt unserer Gemeinde wurde einstimmig beschlossen.

    Der Verfasser Jörg Schlömann berichtet über den Ablauf. Hintergrundinformationen
    gibt er nicht.

    Der SPD-Fraktionskollege wird zitiert, man müsse die Lage in den Griff bekommen.
    Welche genaue Lage meint er damit?

    Die WHU-Fraktionsvorsitzende wird zitiert, sie wünsche sich eine koordinierte Haushaltsplanung. Genauer geht sie nicht darauf ein. Was man halt so sagt, wenn man nichts zu sagen hat.

    Steht es denn so schlimm um die Finanzen von Henstedt-Ulzburg? .

    Nicht nur Kurt Göttsch irrlichtert vor Tagen durch das Thema, nein, auch andere Schreiber der HUN haben in der Vergangenheit die angeblich große Verschuldung beklagt.

    Jörg Schlömann könnte zur Klarheit beitragen, war er doch vor 10 Jahren stellvertretender Vorsitzender des Finanzausschusses ( Überschrift NZ 14.12.2006: der „alte Presseheini“ redet Klartext). Aber Fehlanzeige.

    Überall wird Transparenz gefordert. Gilt das nicht auch für die Finanzen?

    Dabei geht es relativ einfach: es gibt objektive Kriterien, mit denen man die finanzielle Situation von Städten und Gemeinden vergleichen kann. Zum Beispiel die Schulden pro Einwohner.

    https://www.statistik nord.de/fileadmin/Dokumente/Presseinformationen/Gemeindetabelle_2014.pdf

    Danach hatte Henstedt-Ulzburg Ende 2014 27.424 Einwohner und Schulden von 20,297 Mio €, mithin 740 € pro Einwohner.
    Kaltenkirchen hatte bei 20.138 Einwohner Schulden von 33,475 Mio € = 1.662 € pro Einwohner, Norderstedt 1.315 € Schulden pro Einwohner, Bad Segeberg: 2.150 €, Quickborn 2.363 €, Ahrensburg 625 € usw.

    Die Zahlen vom 31.12.2015 will das Statistikamt in Kürze veröffentlichen.

    Warum lesen wir für HU immer wieder von sehr viel höheren Zahlen? Weil statt der Ist-Zahlen meist die Soll-Zahlen genannt werden.
    Beispiel 2015: die tatsächliche Verschuldung war am Jahresende 6 Mio € geringer wie die geplante Verschuldung. Grund: mehr Einnahmen und weniger Ausgaben wie gedacht.

    Auch die von Herrn Schlömann für 2016 genannte Verschuldung von 32 Mio € 2016 ist eine
    solche Soll-Zahl. Wenn alles wie geplant eingenommen und ausgegeben wird
    ( u.a. 6,7 Mio € für den Ankauf von Gewerbeflächen. Diese Flächen sollen möglichst schnell wieder weiterverkauft werden. Die Einnahme ist in späteren Jahren zu verbuchen).

    Mit dieser Vorgehensweise, etwas höhere Ansätze zu nehmen und am Jahresende mit einem besseren Ergebnis auszulaufen, ist HU immer gut gefahren.

    Was grundsätzlich fehlt, sind Kennzahlen, mit denen man die finanzielle Situation schnell erfassen kann. Daran werden wir im Herbst arbeiten.

    1. Gut dargestellt Herr Schäfer,
      denn das trifft den Nagel auf den Kopf. Das betriebswirtschaftliche Element (das ausein-
      andernehmen und die Bewertung der Zahlen) wird oft (aus welchen Gründen auch immer) nicht in den richtigen Zusammenhang gestellt.
      Dadurch entsteht in der Öffentlichkeit oft ein nicht zutreffendes Bild.
      Die Verschuldung der genannten, umliegenden Gemeinden liegt ja, wie dargestellt, deutlich höher als in HU. ( was nicht bedeuten soll, es auch so zu tun )
      Auf die neuen Zahlen vom Statistikamt zum 31.12.2015 bin ich gespannt.
      Für die Arbeit hier in der Gemeinde sollten natürlich auch diese Kennzahlen zu Ver-
      fügung stehen.

  2. Wieso können Beschlüsse gefaßt werden, ohne das man VORHER klärt wie das bezahlt werden soll ? Ich kann doch nicht in den Supermarkt (der Wünsche) mit einem Einkaufszettel gehen und nicht genügend Geld dabei haben – oder keine ausreichende Kreditkarte ?
    Da hätte doch nach Beschlußfassung postwendend ein Veto wegen Finanzen aus der Verwaltung kommen müssen ? Bereits vor Beschlußfassung wäre doch dringleich gewesen, zu klären, ob das bezahlbar ist in der Legislaturperiode. Liegt es am Personalmangel, Überlastung, keine geordneten Abläufe, mangelnde Aufsicht ???
    Ich bin beunruhigt, wie hier taktiert wird, Sitzungszeit ohne Ende verbraucht wird, viel Geld das für Gutachten ausgegeben wird – und nun steht alles „auf der Kippe“, zumindest so manchen Projekt. Oder es wird verschoben auf „unbestimmte Zeit“ ( evtl. Sankt Nimmerlein).
    Oder habe ich schlichtweg keine Ahnung, sondern nur Stimmrecht bei der Wahl und kein Anrecht darauf, ob Versprechen und Beschlüsse jemals eingehalten werden ?

  3. Über- und außerplanmäßige Ausgaben werden im Nachtragshaushalt (Hochrechnung) aufgenommen, weit darüberhinausgehende Projekte nicht berücksichtigt? Richtet sich das nur nach dem Gesichtspunkt der jeweiligen Ausgabenhöhen, oder werden auch infrastrukturelle Priorisierungen, so es sie tatsächlich geben würde, beachtet? Was bitte bedeutet das konkret?
    Ooooh, das müsse man jetzt als Warnsignal verstehen, und man sollte den Haushalt mal koordiniert planen. Aber, by the way, höhere Einnahmen wären auch noch als Möglichkeit zu beachten … Dennoch, die schnelle Beseitigung von jahrzehntealten Straßenhöckern (pfeiffe absolut auf die richtige Bezeichnung) auf einer Nebenstraße in HU musste in jedem Fall noch irgendwie rein. Bin ratlos und geplättet. Macht weiter so.

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