1.000 Marzipanbrote im Finanzausschuss

 Tuch um den Hals und Hände gefaltet: Kämmerin Bärbel Brix stand am Montag im Mittelpunkt bei den Haushaltsberatungen. Der Gemeindeetat 2015 wird zur Stunde im Ratssaal verabschiedet
Tuch um den Hals und Hände gefaltet: Kämmerin Bärbel Brix stand am Montag im Mittelpunkt bei den Haushaltsberatungen. Der Gemeindeetat 2015 wird zur Stunde im Ratssaal verabschiedet

Die Sitzungen des Finanz- und Wirtschaftsausschusses der Gemeinde sind für den Beobachter meistens trockene Kost. Bei der abschließenden Beratung des Haushalts 2015 durch das Gremium aber hatten die Kommunalpolitiker doch einen Leckerbissen zu bieten: Marzipanbrote. Laut Bürgermeister Stefan Bauer etwa 1.000 Stück zum Preis von jeweils 2.90 Euro. Bestimmt für die Besucher der Senioren-Weihnachtsfeier, die die Gemeinde alljährlich für die älteren Einwohner der Gemeinde veranstaltet.

Die Ausschussmitglieder hatten die Ausgaben für diese Veranstaltung angesichts der angespannten Finanzsituation in einer vorherigen Sitzung mit einem Sperrvermerk versehen. Der sollte nun auf Antrag von SPD-Gemeindevertreterin Edda Lessing aufgehoben werden. Verwaltungschef Bauer wollte wohl im Hinblick auf den Sparhaushalt einen Kompromis: Weihnachtsfeier Ja, aber auf die Marzipanbrote könne man doch verzichten.

Das sah die überwiegende Mehrheit der Ausschussmitglieder ganz anders: Eine solche Maßnahme sei „beschämend“, hieß es unter anderem. Diese Sparmaßnahme treffe vor allem jene Bürger, die wesentlich am Aufbau der Gemeinde beteiligt gewesen seien. WHU-Fraktionsorsitzende Karin Honerlah nannte den für die Weihnachtsfeier angesetzten Betrag „absolut angemessen“.

FDP-Fraktionschef Klaus-Peter Eberhard unterstützte den Einsparungsvorschlag von Rathauschef Stefan Bauer: Ausgerechnet bei den Senioren zu sparen, sei kein Argument. Da könne man auch anführen, bei den Kitas dürfe nicht geknausert werden, bei Bildung nicht, bei Sportstätten nicht. Es müsse aber sehr genau auf die Ausgaben geachtet werden. Da könne man eben keine Parties feiern. Auch CDU-Gemeindevertreter Thomas Matthis unternahm noch einen eher halbherzigen Versuch, einige Euro einzusparen: Die Marzipanbrote könnten ja in diesem Jahr etwas kleiner ausfallen.

Konterte WHU-Fraktionschefin Honerlah unter dem Gelächter des Ausschusses: „Dann heißt es nach der Weihnachtsfeier von den Besuchern frei nach Loriot ‚Früher war mehr Lametta.’“

Der Sperrvermerk für die Senioren-Weihnachtsfeier (mit Marzipanbroten) wurde bei drei Stimmenthaltungen aufgehoben.

Jörg Schlömann

19. Mai 2015

14 thoughts on "1.000 Marzipanbrote im Finanzausschuss"

  1. Marzipanbrote für sage und schreibe knapp 3.000 €. Kein Wunder, daß Henstedt-Ulzburg in den Schulden steckt und dafür dann Grund-, Gewerbe- und Hundesteuer erhöht. Ich faß‘ es nicht.

    1. Dagegen wirken die 30k für die Reitwege fast schon wie eine richtige Investition.
      Oder beides zusammen wie 33k Einsparpotential.

  2. Es ist eine schöne Sache eine kleine Leckerei an die Senioren abzugeben .
    Da sollte aber nicht unbedingt ein Ausschuss Stunden mit verplempern.
    Solche Sachen könnten durchaus auch durch Sponsoring des örtlichen Einzelhandels erfolgen.
    Auch das ist eine Art Werbung für hiesige Unternehmen

  3. Als Senior bitte ich um Rat, ob ich mich über so ein „eminent wichtiges Thema“ Marzipanbrote für Senioren im Finanzausschuss nun kaputtlachen oder mich mit Grauen abwenden soll. Das Geld sollte man lieber den Kitas oder Schulen zur Verfügung stellen!

  4. Achtung Satire:

    Marzipanbrote sind keine gesunden Produkte.
    Ich schlage daher vor – Ginseng Zahncreme zu verschenken.
    Eine Tube kostet im Net 2,90 €, bei Abnahme von drei Tuben 2,40 €.
    Ich kann mir gut vorstellen, dass man bei einem Kauf von 1000 Tuben auf einen Stückpreis
    von 1,50 € käme.
    Gesamtkosten Marzipan 2900 €, Kosten Ginseng 1500 €.
    Einsparung 1400 € und ein Beitrag zur Volksgesundheit

  5. Gibt es denn wirklich keine wichtigen Themen mehr hier im Ort für die Politik? Das Thema Haushalt 2015 ist noch offen. Keine Pläne für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für die Senioren, deren Einkünfte sinken und im Gegenzug die Mieten steigen ! Keine Aktivitäten für den Bau von Sozialwohnungen für Bewohner mit Hartz 4, Alleinerziehende, Bewohner aus dem Niedriglohnbereich. Auch das Themna einer Ortsumgehung muß doch einmal irgendwann angegangen werden ! Wenn der Ort sich so weiter entwickelt ersticken wir im Verkehr. Der Ort hierwird langsam aber sicher unattraktiv für Neubürger. Kinderghartenplätze reichen nicht.
    Aber als Trostpflaster gibt es dann wenigstens 1.000 Marzipanbrote – bei 28.000 Einwohner dank einer langen Beratung. . Das ist doch toll !

  6. Marzipan, die Alten … man macht sich ja kein Bild davon, was alles so in Ausschüssen geklärt werden muss!
    Gibt es ähnliches für die künftigen Flüchtlinge, die in unserem Ort beheimatet werden? Für eine vergleichbare Feier in der Weihnachtszeit sage ich hiermit gerne meine Beteiligung bei der Organisation und Durchführung, sowie eine private Spende von 100,00 Euro zu. Wäre eine Beteiligung/Schirmherrschaft nicht auch mal eine nette Gelegenheit für die Betreiber dieser Seite?
    Ich stehe im Telefonbuch, falls jemand diesbezüglich Kontakt zu mir aufnehmen möchte.
    Und den Alten im Ort wünsche ich viel Genuß bei den Marzipanbroten.

  7. Es wäre wirklich schön, wenn die Herrschaften es schaffen würden den Haushalt für 2015 mal zu verabschieden. Immerhin haben wir Mitte Mai und es wäre an der Zeit das die Kitas notwendige Bestellungen wie zum Beispiel für Spielkasten Sand auslösen könnten.
    Sonst haben wir bald wieder Herbst und brauchen den für die Kinder auch nicht mehr.
    Oder erwarten die Politiker das die Eltern jetzt sammeln und selbst für Nachschub sorgen?

    1. Ich kann Sie beruhen, Herr Kreft, nachdem die Verwaltung uns Anfang Mai einen der Situation gerecht werdenden Haushalt vorgelegt hat, haben die Herrschaften den Haushalt gestern Abend in der Sitzung der Gemeindevertretung verabschiedet, einstimmig, bei einer Enthaltung. Notwendige Maßnahmen, wie Sandaustasuch im Kindergarten etc. können von der Verwaltung auch ohne gültigen Haushalt vorgenommen werden.

      1. Sehr geehrte Frau Honerlah,
        ersteinmal Danke für die Antwort. Leider muss ich Ihnen aber widersprechen.
        Unsere Kita hat keinen Sand bekommen, da der Bauhof keinen Sand mehr hat und eine Neubestellung erst möglich ist, wenn der Haushalt freigegeben ist.
        lt Kitaleitung ist lediglich die Bestellung von Verbrauchsmaterialien für die tägliche pädagogische Arbeit möglich.
        Es geht auch nicht um einen Sandaustausch sondern, was die Situation prekärer macht, um ein auffüllen um die gesetzlich vorgeschriebenen Fallhöhen einzuhalten. Faktisch ist also zu wenig Sand vorhanden und damit die Verletzungsgefahr wesentlich erhöht.

        1. Hallo Herr Krefft,
          es hätte jedoch Wege gegeben, diesen Mangel abzustellen. Etwa qua Eilentscheidung des Bürgermeisters oder über den Weg der außerplanmäßigen Ausgaben.
          Auf jeden Fall ist ab sofort der „normale Beschaffungsweg“ eröffnet. Ich wünsche den Kindern einen schönen Sommer im Kindergarten (mit neuem, sauberen Sand).

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