Doch es kam dann doch alles anders. Zunächst durch ein Eigentor der Wählergemeinschaft. Denn der WHU-Antrag sah zugleich vor, dass bei Auftragsvergaben zukünftig neben der Korruptionsrichtlinie auch ein „Leitfaden zur Vergabe öffentlicher Aufträge“ berücksichtigt werden sollte. Doch der von der WHU benannte Leitfaden ist offenbar veraltet. Amtsleiter Richter erklärte jedenfalls, dass der Leitfaden nicht mehr gültig sei.
Und so sah es fast so aus, als wäre der Antrag allein aus formalen Gründen zum Scheitern verurteilt. Bis Antragssteller Wilhelm Dahmen noch einmal tief Luft holte und erklärte, er ziehe den ersten Teil des Antrags zurück, nur über die Anwendung der Korruptionsrichtlinie solle entschieden werden. Doch es schien so, als wollten die übrigen Fraktionen der WHU unter keinen Umständen einen politischen Erfolg gönnen.
SPD-Fraktionschef Ostwald argumentierte denn auch, die Richtlinie sei nicht so ohne weiteres auf die Kommune übertragbar. So seien einige Punkte der Richtlinie für die Verwaltung nur schwer umsetzbar. Beispielsweise die Rotationsempfehlung beim Personal: Damit ist gemeint, dass Mitarbeiter in korruptionsgefährdeten Bereichen nach einer bestimmten Zeit ihren Schreibtisch wechseln und andere Aufgaben übernehmen sollen. “Das würde die Verwaltung arbeitsunfähig machen“, so Ostwald.
CDU-Ausschussmitglied Dietmar Kahle griff Ostwalds Argumentation auf, erklärte, die Korruptionsrichtlinie passe nicht, sah aber offenbar dennoch Diskussionsbedarf, was die gemeindliche Vergabepraxis betrifft und empfahl, erst einmal einen interfraktionellen Arbeitskreis einzurichten, der die gemeindlichen Vergaberegeln unter die Lupe nehmen soll.
Ein Vorschlag, auf den sich alle Fraktionen verständigen konnten, mit der Aussicht, dass die Vergabedebatte zukünftig immerhin nicht nur in den Medien geführt werden wird.
Christian Meeder
13. Juni 2012