Die Kommunalpolitik in der Großgemeinde verspricht im kommenden Jahr genauso spannend zu werden wie im zu Ende gehenden. Davon jedenfalls kann man ausgehen, wenn man sich die vorrangigen Ziele vor Augen führt, die die fünf Fraktionen der Gemeindevertretung für 2017 anpeilen. Für deren Realisierung allerdings benötigen die einzelnen Gruppierungen in jedem Fall die Unterstützung von mindestens einem politisch anders denkenden Mitbewerber, da keine über die absolute Mehrheit verfügt. Schlimmstenfalls blockiert man sich gegenseitig, da keine Fraktion einer anderen den Erfolg gönnt – ein Jahr vor der Kommunalwahl.
Aber gehen wir es positiv an und davon aus, dass unsere Volksvertreter – welcher Couleur auch immer – das Beste für Henstedt-Ulzburg wollen. Für die Wählergemeinschaft Bürger für Bürger (BFB), die in der Gemeindevertretung über acht Sitze verfügt, bedeutet das in erster Linie: Umorganisation der kommunalen Kinderbetreuung. Darüber bestehe große Einigkeit in der BFB-Fraktion, so deren Vorsitzender Tile Abel. Außerdem müsse dringend das integrierte Gemeindeentwicklungskonzept umgesetzt werden. Dessen Realisierung dürfte sich laut BFB langfristig positiv bemerkbar machen.
„Wir halten es für dringend erforderlich, endlich konkrete und fühlbare Fortschritte zur Reduzierung der Verkehrsbelastung durch den Individualverkehr zu erzielen“, erklärt dagegen Dietmar Kahle, Chef der CDU-Fraktion, die 13 Mandate hat. Dafür seien neben vielen kleineren Maßnahmen drei Bereiche besonders wichtig: Verbesserungen beim Fahrradverkehr und beim öffentlichen Personennahverkehr sowie eine Umgehungsstraße für den Individualverkehr. Kahle: „Für den Radverkehr hat die CDU einen Fahrradschnellweg durch die Gemeinde beantragt, der zusammen mit anderen Maßnahmen wie weiteren Fahrradwegen oder Fahrradboxen das Radfahren deutlich attraktiver machen würde. Hier sollten in 2017 konkrete Schritte zur Umsetzung dieser Maßnahmen gemacht werden.“
Der Politiker weiter: „Im Bereich des ÖPNV unterstützen wir als neues, innovatives Projekt die Umsetzung von ‚Unser Bus e.V.‘. Diese Idee eines gemeinschaftlich finanzierten Gemeindebusses bietet gerade für unsere flächenmäßig große Gemeinde als Ringbuslinie deutliche Vorteile.“ Kahle abschließend: „Wir bedauern es, dass die anderen Fraktionen unseren Antrag, mit einer Machbarkeitsstudie endlich Klarheit darüber zu schaffen, ob eine westliche Umgehungsstraße für Henstedt-Ulzburg machbar und vorteilhaft wäre, abgelehnt haben. Damit scheidet diese langfristig denkbare Maßnahme als dritter möglicher Schwerpunkt in 2017 leider aus.“
Für die FDP – mit zwei Sitzen kleinste Fraktion – muss in 2017 „endlich Schluss sein mit Veränderungssperren“, so ihr Vorsitzender Klaus-Peter Eberhard. Sie behinderten die Entwicklung der Gemeinde und verschreckten Investoren, seien kein probates Mittel gegen knappen und damit teuren Wohnraum. Außerdem wollen sich die Liberalen für eine schnelle Ansiedlung des REWE-Logistikzentrums im Gewerbegebiet einsetzen: „Ich hätte gerne die in Aussicht gestellten Ausbildungsplätze, damit beispielsweise junge Menschen nicht aus der Gemeinde wegziehen.“ Man müsse mit Informationsveranstaltungen die Bürger von den Vorteilen des Vorhabens überzeugen. Der Freidemokrat: „Es wird mehr Verkehr geben, aber auch mehr Arbeitsplätze.“
Den Sozialdemokraten, die in der Gemeindevertretung acht Sitze haben, liegt vor allem das „Vorangehen“ beim sozial geförderten Wohnungsbau am Herzen. Es bestehe „erheblicher Bedarf“, meint Fraktionsvorsitzender Horst Ostwald. Aktuell fehlten 523 Wohneinheiten. Ein Fortschritt sei in der Vergangenheit immer wieder blockiert worden – vor allem von der WHU. Des weiteren sieht es die SPD als vorrangig an, die UN-Richtlinien zur Barrierefreiheit umzusetzen, die grundsätzlich bereits beschlossen seien. Dazu zählten auch die Inklusion von Flüchtlingen und Asylbewerbern. Ostwald: „Wir können die Augen davor nicht verschließen.“
Die mit zehn Gemeindevertretern zweitstärkste Fraktion, die Wählergemeinschaft WHU, möchte im Jahr 2017 vorrangig „endlich das Verkehrsstrukturgutachten umsetzen“, erklärt deren Vorsitzende Karin Honerlah. Die Kommunalpolitikerin: „Es ist an der Zeit, die bereits definierten Projekte in die Umsetzungsphase zu bringen – zum Beispiel endlich die Straße ‚Am Bahnbogen‘ zu bauen. Die Verkehrsbelastung ist bereits hoch und steigt kontinuierlich weiter an. Einige Entlastungs- und Entflechtungsmöglichkeiten sind erarbeitet worden und sollten angepackt werden.“ Zum anderen möchte die WHU mittels guter Gewerbeansiedlungstrategie die Einnahmen der Gemeinde dauerhaft verbessern. Karin Honerlah: „Gewerbesteuererhöhungen bringen nur bedingt Entlastung des Haushalts. Besser und nachhaltiger ist es, bei der Ansiedlung solche Unternehmen zu berücksichtigen, die zumindest unsere durchschnittliche Gewerbesteuereinnahme pro Hektar erreichen. Langfristig wird sich die Finanzkraft der Kommune auch dadurch verbessern, wie ein Vergleich in der Region zeigt.“
Das klingt alles vielversprechend und auch notwendig. Man darf gespannt sein, was von den genannten Vorhaben in 365 Tagen umgesetzt sein wird. Davon ist dann sicherlich auch der Ausgang der Kommunalwahl im Jahr 2018 abhängig.
Jörg Schlömann
16. Dezember 2016