Razzia im Henstedt-Ulzburger Rathaus: Beamte des Landeskriminalamtes durchsuchen das Büro von Bürgermeister Torsten Thormählen und beschlagnahmen Unterlagen! Auch sein Privathaus in Ellerau, wo er früher Verwaltungschef war, wird von den Ermittlern unter die Lupe genommen, desgleichen das Ellerauer Rathaus. Beschlagnahmt werden Kontoauszüge, Aktenordner, Blätter mit Vermerken und Notizen. Die Kieler Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Thormählen wegen des Verdachts auf Bestechung und Bestechlichkeit sowie auf gemeinschaftliche und gewerbsmäßige Untreue in besonders schweren Fällen. Mit den Vorwürfen wird sich der Hauptausschuss der Gemeindevertretung in seiner nächsten Sitzung am Dienstag, 14. Februar, um 18.30 Uhr im Rathaus beschäftigen.
Den Stein ins Rollen gebracht hat offenbar Eckart Urban (SPD). Er ist ehrenamtlicher Bürgermeister in Ellerau und Nachfolger von Thormählen, der früher hauptamtlicher Verwaltungschef in der Nachbargemeinde war. Urban übernahm damit auch die Position des Vorstands der gemeindeeigenen Kommunalbetriebe Ellerau (KBE) von seinem Vorgänger. „Nachdem ich den Vorstandsposten von Thormählen übernommen und die Unterlagen durchgesehen hatte, bin ich ziemlich schnell über einen Vertrag gestolpert, der mir nicht ganz koscher vorkam“, wird Urban im Hamburger Abendblatt zitiert.
Vertragspartner waren laut Urban der damalige Bürgermeister und Klaus Lange, gegen den die Staatsanwaltschaft ebenfalls ermittelt. Lange ist KBE-Prokurist und als Leiter der Stabsstelle höchster hauptamtlicher Verwaltungsmitarbeiter der Gemeinde. Nebenbei betreibt er eine Beratungsfirma. Ihr soll Thormählen bis zum Sommer 2011 jährlich 40.000 Euro überwiesen haben – insgesamt fast 200.000 Euro Steuergeld aus der Gemeindekasse. Eine adäquate Gegenleistung hat es nach Urbans Feststellungen dafür nicht gegeben.
Ehrenamtler Urban gegenüber der Presse: „Thormählen hat als KBE-Vorstand eigenmächtig gehandelt und den Verwaltungsrat nicht über den Beratervertrag informiert.“ Kein Mitglied dieses Kontrollgremiums habe davon gewusst. Daraufhin hat Urban nach eigener Darstellung die Geschäftsbeziehungen zwischen KBE und Langes Firma sofort gestoppt. Thormählen soll für die regelmäßigen Überweisungen von KBE an die Beraterfirma fast jeden Monat 1.500 Euro auf sein Konto erstattet bekommen haben – zusammen rund 60.000 Euro. Schließlich soll der Anti-Korruptionsbeauftragte des Landes von den Vorgängen Wind bekommen und die Staatsanwaltschaft benachrichtigt haben.
Henstedt-Ulzburgs Kommunalpolitiker sind angesichts der Vorwürfe gegen Bürgermeister Torsten Thormählen einigermaßen rat- und sprachlos. Lediglich die Fraktionsvorsitzenden von WHU, CDU, SPD und FDP waren von ihm darüber per e-mail in zwei Sätzen vorab informiert worden. Michael Meschede, Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes und ortsabwesend, wurde telefonisch von Parteifreunden unterrichtet. Er wollte sich gegenüber den Henstedt-Ulzburger Nachrichten nicht zu den Anschuldigungen gegen Thormählen äußern – obwohl seine Partei diesen als Bürgermeister und Nachfolger von Volker Dornquast vorgeschlagen hatte.
Interessant in diesem Zusammenhang: Der CDU-Ortsverband hat inzwischen seinen Mitgliedern einen Maulkorb verpasst! In einer e-mail wurden sie angewiesen, sich zu den Anschuldigungen gegen Torsten Thormählen nicht zu äußern!
„Ich habe Details auch erst aus der Presse erfahren“, erklärte SPD-Fraktionschef Horst Ostwald gegenüber den Henstedt-Ulzburger Nachrichten. Mehr wisse auch er nicht. Natürlich gelte auch für Thormählen zunächst einmal die Unschuldsvermutung. Natürlich werde sich seine Fraktion mit dem Thema beschäftigen, das im übrigen auch im Hauptausschuss zur Sprache kommen werde. Karin Honerlah, Vorsitzende dieses Gremiums und WHU-Fraktionschefin, will sich noch an diesem Freitag zusammen mit Jens Richter, Hauptamtsleiter in der Henstedt-Ulzburger Gemeindeverwaltung bei der Kommunalaufsicht des Kreises Segeberg über das weitere Vorgehen schlau machen.
Bürgermeister Thormählen selbst will seine Amtsgeschäfte fortführen, wie er den Henstedt-Ulzburger Nachrichten versicherte. Er nahm am Donnerstag Abend an der turnusmäßigen Sitzung des Sozialausschusses teil. Zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen werde er sich auf Anraten seines Anwalts nicht äußern.
Jörg Schlömann
9. Februar 2012