Henstedt-Ulzburger Nachrichten

CCU:Ungeahnte Möglichkeiten oder Konsumruine?

Die Henstedt-Ulzburger Nachrichten hatten Bürger und Politik gebeten, unsere Frage zu beantworten: „Wofür brauchen wir das neue CCU?“ Viele Einwohnerinnen und Einwohner sowie CDU, SPD und WHU haben uns geantwortet. Die FDP zog es vor zu schweigen. Wir haben alle Beiträge aufmerksam und kritisch gelesen und sagen allen Einsendern vielen Dank dafür. Wir ziehen aus den geäußerten Argumenten folgendes – zugegeben subjektive – Fazit:

Die politischen Parteien, ausgenommen die WHU-Fraktion, befürworten den Bau eines großen Einkaufszentrums zwischen Rathaus und AKN-Bahnhof. Der CDU ist es wichtig, die „Gunst der Stunde zu nutzen, um die unterschiedlichen Grundstückseigentümer zu einer städtebaulichen Gesamtlösung“ zu bringen. Fast gleichlautend sieht die SPD im CCU die „Chance zur Zentrumsentwicklung Henstedt-Ulzburgs“.

„Ein solches Center braucht Ulzburg nicht“, heißt es dagegen in dem ersten Leserbrief, der bei den Henstedt-Ulzburger auf die Frage nach dem Nutzen eines CCU einging. Horst Mellmann schrieb: „Viele meiner Bekannten sind der gleichen Meinung. Ich könnte mir vorstellen, dass viele der Ulzburger Einwohner so denken.“ Bei Hiram Erzmeister heißt es: „Den Ausführungen … kann ich mich nur voll und ganz anschließen. Schade, dass die sogenannten Investoren nur die finanzielle Seite sehen, unterstützt von den politischen Richtungen, die üblicher Weise auch immer nur das Finanzielle und den Profit sehen.“

CDU-Pressesprecher Frank Bueschler schrieb dagegen: „Ich freue mich auf ein neues, belebtes Zentrum im Herzen von Henstedt-Ulzburg.“ C. Raguse meint: „Warum nicht mal versuchen? Schlimmer als das aktuelle Ulzburg Center kann es nicht werden, und irgendwo muss Henstedt-Ulzburg auch mal einen Umbruch schaffen.“ Christian Hagen kontert: „Weil ‚einfach mal so versuchen’ jede Menge Geld verbrennt. Und zwar nicht nur das der Investoren, Mieter, der Gemeinde, sondern auch von den Bürgern. Wem hilft ein schlechtes Konzept, wenn wir – sagen wir mal – 2020 die nächste Bauruine dort stehen haben? Und sehr wohl würde ein Ankermieter Kaufland Kaufkraft aus dem Gewerbegebiet abziehen – und das sicherlich nicht unerheblich.“

Unsere Schlussfolgerung aus Leserbriefen und -telefonaten:

Sowohl Christ- als auch Sozialdemokraten haben nämlich kein Rezept, wie der mit Sicherheit zunehmende Verkehr auf der Hamburger Straße bewältigt werden soll. Während die CDU beklagt, dass „die Chance einer Verkehrsentlastung durch eine Umgehungsstraße … bereits vor Jahren durch engagierte Bedenkenträger verhindert“ wurde, weist die SPD jede Verantwortung für ein künftiges Verkehrschaos von sich: „Die CCU-Projektentwickler müssen im weiteren Verfahren deutlich nachweisen, dass die Hamburger Straße den zu erwartenden Verkehr verkraften kann, ohne die Kapazitätsgrenzen zu überschreiten.“ Das bedeutet doch nur: Diejenigen, die das Problem verursachen, dürfen selbst befinden, dass es gar kein Problem geben wird.

Diesem zwiespältigen Meinungsbild entspricht am ehesten die Haltung der WHU: Sie stimmte zu großen Teilen dem Städtebaulichen Vertrag zu, der unter anderem die Lastenverteilung beispielsweise für die vom CCU verursachten und deshalb zu erstattenden Kosten des Straßenausbaus und eine ordentliche finanzielle Absicherung regelt. Fraktionsvorsitzende Karin Honerlah: „Wir wollen keine ‚Kaltenkirchener Verhältnisse’ bekommen.“ Seit Jahren warte die Nachbarstadt vergeblich auf den Bau eines Einkaufszentrums am Bahnhof. Karin Honerlah weiter: „Eine Zustimmung zum Städtebaulichen Vertrag bedeutet keineswegs eine Zustimmung auch zur Änderung des Bebauungsplans und ein Ja zum CCU, wie es uns von den Projektentwicklern derzeit vorgestellt wird.“

Die Henstedt-Ulzburger Nachrichten stellen abschließend fest: Unsere Frage „Wofür brauchen wir das neue CCU?“ blieb im Wesentlichen unbeantwortet. Niemand hat einen Mangel beklagt. Statt dessen werden von der Politik Chancen beschworen – aber nicht für die Bürgerinnen und Bürger, sondern für die Grundstückseigentümer mit einer „städtebaulichen Gesamtlösung“ beziehungsweise „Zentrumsentwicklung“. Als Bonbon für die Einwohner fällt ab, dass sie „die gesamte Strecke von der Bahnhofstraße bis zur Lindenstraße fußläufig und meist auch noch trockenen Fußes erreichen“ können, wie die CDU verspricht. Sie sieht im CCU auch „ungeahnte Möglichkeiten“ für die „Erschließung des heute zugigen Rathaus-Innenhofes“.

Was aber geschieht, wenn sich das Zentrum nicht in gewünschter Weise entwickelt? Wer räumt den CCU-Klotz dann aus dem Weg und macht ihn frei – wofür eigentlich? Ist auch das im Städtebaulichen Vertrag geregelt? Oder haben wir 2020 wieder eine Konsumruine wie heute – nur viel moderner und viel, viel größer?

Jörg Schlömann