Henstedt-Ulzburger Nachrichten

Ohrfeige für die CDU: Henstedt-Ulzburger Nachrichten müssen von Bürgermeisterin informiert werden!

Seit mehr als anderthalb Jahren informieren die Henstedt-Ulzburger Nachrichten die Bürgerinnen und Bürger über die neuesten Ereignisse in der Gemeinde – Tag für Tag, wie eine Tageszeitung. Das aber ist dem CDU-Ortsverband offenbar ein Dorn im Auge. Und nach dem Motto „Was nicht sein kann, das nicht sein darf“ kommt er zu der abenteuerlichen Erkenntnis: Die Henstedt-Ulzburger Nachrichten gibt es eigentlich gar nicht, sie sind reine Privatsache.

Unter der Überschrift „Entlastung der stellvertretenden Bürgermeisterin Elisabeth von Bressensdorf“ ließ CDU-Pressesprecher Frank Bueschler, Mitglied im Ortsvorstand, den Fraktionsvorsitzenden in der Gemeindevertretung folgende Mitteilung zukommen: „Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit leiten wir eine Antwort des Deutschen Presserats weiter, die auf Grund einer Beschwerde gegen die Art und Weise der Berichterstattungen und Stellungnahmen durch die/den

A) Henstedt-Ulzburger Nachrichten

B) Webseite Pressefreiheit in Deutschland

C) DJV Schleswig-Holstein

durch einen Mitbürger vorgetragen und uns zur Verfügung gestellt wurde.

Die Antwort vom 10. Oktober 2012 lautet:

Zu A und B müssen wir Ihnen leider mitteilen, dass hier eine Zuständigkeit des Deutschen Presserats nicht besteht. Gemäß § 9 Abs. 2 der Satzung des Trägervereins des Deutschen Presserats hat der Deutsche Presserat seit 01.01.2009 u. a. die Aufgabe, Beschwerden über einzelne Zeitungen, Zeitschriften oder Pressedienste und journalistischredaktionelle Telemedien der Presse sowie sonstige Telemedien mit journalistisch-redaktionellen Inhalten außerhalb des Rundfunks zu prüfen. Da sowohl die Henstedt-Ulzburger Nachrichten als auch Pressefreiheit in Deutschland keine Medien der Presse sind bzw. keine Verbindung zu einem Presseverlag erkennbar ist, können wir hier leider nicht tätig werden.

Zu C müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir auch hier nicht zuständig sind. Beim Deutschen Journalistenverband (Schleswig-Holstein) handelt es sich um eine Gewerkschaft und nicht um ein Presseorgan. Beschwerden gegen Gewerkschaften können wir nicht prüfen.

Diese Antwort wurde übermittelt von Arno H. Weyand, Referent Beschwerdeausschuss, Deutscher Presserat.“

Daraus folgert der CDU-Ortsverband in seinem Schreiben an die Fraktionsvorsitzenden: „Mit dieser Antwort stellt der Deutsche Presserat fest, dass es sich bei den Ulzburger Nachrichten um kein Medium der Presse handelt, sondern vielmehr um eine privat betriebene Webseite von Einzelpersonen. In einem Telefonat bestätigte der Deutsche Presserat, dass auch die Berufsbezeichnung ‚Journalist’ keinen Anspruch darstellt, da es sich bei dieser Bezeichnung um keine geschützte Berufsbezeichnung handelt. Auch habe eine Nichteinladung nichts mit einem Verstoß gegen die Pressefreiheit zu tun.

Von daher hat die stellvertretende Bürgermeisterin Elisabeth von Bressensdorf gegen keine geltenden Gesetze – insbesondere nicht gegen das Grundgesetz – verstoßen. Die stellvertretende Bürgermeisterin Elisabeth von Bressensdorf wird – nach Telefonat – aber weiterhin mit der Verwaltung an einer Optimierung der Pressearbeit (Pressekonzept) arbeiten und an der dem Hauptausschuss zuletzt vorgelegten Art und Weise der Informationspoltik festhalten, d.h. auch wenn die Ulzburger-Nachrichten keinen rechtlichen Anspruch auf Informationen haben, so werden sie bis auf Weiteres relevante Informationen erhalten.“ Unterschrieben hat die Mitteilung Michael Meschede; CDU-Ortsvorsitzender.

Für die Henstedt-Ulzburger Nachrichten war die Auseinandersetzung mit der stellvertretenden Verwaltungschefin Elisabeth von Bressensdorf (CDU) über die Teilnahme an den gemeindlichen Pressekonferenzen eigentlich beendet, nachdem sie unseren Ausschluss zurückgenommen hatte. Jetzt aber müssen wir erneut Stellung nehmen, da die CDU nicht davor zurückschreckt, ihre Parteifreundin in abenteuerlicher Weise reinzuwaschen und die Mitteilung ihres Vorsitzenden inzwischen auch in einem Anzeigen-Onlineblatt erschienen ist. Deshalb veröffentlichen wir ein Schreiben des Landesverbandes Schleswig-Holstein im Deutschen Journalistenverband (DJV) an den CDU-Ortsverband Henstedt-Ulzburg. Darin heißt es zu dem Sachverhalt:

„Unzweifelhaft werden auch elektronische Medien wie die Henstedt-Ulzburger Nachrichten vom Grundrechtsschutz des Art. 5 Abs. 1 GG erfasst. Für die Beurteilung kommt es darauf an, ob im Rahmen des Art. 5 GG gearbeitet wird. Die Henstedt-Ulzburger Nachrichten verbreiten Nachrichten und Meinungen an einen individuell unbestimmten Personenkreis und unterliegen damit dem Grundrechtsschutz. Somit haben die Henstedt-Ulzburger Nachrichten sowohl einen Anspruch auf Information als auch auf Gleichbehandlung.“

Der DJV stellt weiter fest: „Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtssprechung die konstitutive Bedeutung des Grundrechtes auf Pressefreiheit gem. Art 5 GG für unsere demokratische Gesellschaft unterstrichen. Wir würden es vor diesem Hintergrund begrüßen, wenn sich auch die CDU Henstedt-Ulzburg umfassend über die Rechtslage orientieren würde.“

Nach dieser schallenden Ohrfeige für die selbst ernannten örtlichen CDU-Medienrechtsexperten erläutert der DJV abschließend: „Der Deutsche Presserat hat lediglich klargestellt, das er generell zuständig ist für journalistisch-redaktionelle Onlineangebote von Presseverlagen. Für die Henstedt-Ulzburger Nachrichten ist der Deutsche Presserat nicht zuständig, weil diese nicht verlagsgebunden sind.“

Da der CDU-Ortsverband die Fraktionsvorsitzenden über diese DJV-Mitteilung bisher nicht informiert hat, übernehmen wir das gern. Denn umfassende Information haben wir uns schließlich zur Aufgabe gemacht.

Jörg Schlömann

18. Oktober 2012