Und Transparenz, die sich die Piraten ja auf ihre Fahne geschrieben haben, war anfangs auch nicht in Sicht: Da saßen vier Menschen um zusammengeschobene Tische und starrten auf ihre Laptops – wortlos. Nichts Kommunikatives war an dieser Szene zu entdecken. Sie wirkte eher surrealistisch: Gedankenaustausch ohne Worte – unverständlich für die Öffentlichkeit, die ja gerade erwünscht war.
Doch dann stellte sich das Piratenkommando aus Kiel den Henstedt-Ulzburgern vor: Angelika Beer, Mitglied im Umwelt- und Agrar- sowie im Europaausschuss, Uli König, stelltvertretender Fraktionschef und Vorsitzender im Petitionsausschuss, Wolfgang Dudda, Mitglied im Innen- und Rechtsausschuss sowie Sven Krummbeck, der im Bildungsausschuss sitzt. Das eisige Schweigen war gebrochen, der Kurs offenbar klar vorgegeben: Jeder berichtete – ob für die Öffentlichkeit oder die Fraktionskollegen? – über die Aktivitäten der vergangenen Wochen in seinem Tätigkeitsbereich.
Wer chaotische Debatten wie bei den Grünen der ersten Jahre erwartet hatte, sah sich im Irrtum: sachliche Berichte, ruhig vorgetragen, kaum Diskussionen, dafür öffentlich. Anders als in Fraktionssitzungen der etablierten Parteien, wo es hinter geschlossenen Türen schon mal rund geht und durchaus auch laut wird. Da verwunderte es auch nicht, dass Wolfgang Dudda die angenehme Arbeitsatmosphäre im Innenausschuss des Landtags lobte.
Aber die Piraten steuern nicht nur einen Kuschelkurs, sie können unbedingt auch Flagge zeigen: So kündigte Dudda in ruhigem, aber kompromisslosen Ton an, seine Partei werde beantragen, die Zulage für die Fraktionsgeschäftsführer abzuschaffen. Sie sei nicht zu rechtfertigen, mache aber fast 50 Prozent der normalen Diäten aus. Die so Begünstigten würden folglich den größten Teil ihrer Arbeit darauf verwenden, dieses einträglichen „Nebenjob“ zu sichern. Die Piraten würden die Streichung der Zulage notfalls gerichtlich durchsetzen, kündigte Dudda emotionslos an. In Thürigen sei das bereits gelungen.
Wer die Diskussionen und Streitereien in der Henstedt-Ulzburger Gemeindevertretung kennt, könnte sich mit dieser unaufgeregten Art, Politik zu machen, anfreunden. Mal sehen, ob die Piraten im kommenden Jahr zum Sturm auf das Henstedt-Ulzburger Rathaus auslaufen… Die Segel jedenfalls haben sie mit der Veranstaltung im Bürgerhaus schon mal gesetzt. Aber haben sie auch Mannschaft genug, um sie zu bedienen?
Jörg Schlömann
2. August 2012