Bürgervorsteher Carsten Schäfer hatte Geburtstag, und es war Weltkindertag, als die Gemeindevertretung am Dienstagabend über die erste Nachtragshaushaltssatzung für 2011 zu beschließen hatte. Und das war wahrlich kein Kinderspiel; denn während der Debatte stellte sich heraus: Am Jahresende wird Henstedt-Ulzburg rund 33,6 Millionen Euro Schulden haben. Jede Bürgerin, jeder Bürger – ob klein oder groß – steht dann mit 1.250 Euro in der „öffentlichen Kreide“.
Mit dem Nachtrag wächst der Verwaltungshaushalt um rund drei auf 45,4 Millionen Euro in Einnahmen und Ausgaben, der Vermögenshaushalt verringert sich um um 1,1 auf ausgeglichene 30,2 Millionen Euro. Die Änderungen gegenüber dem am 14. Dezember 2010 beschlossenen Haushalt ergeben sich überwiegend durch aktuelle Beschlüsse der Kommunalpolitiker und Meldungen der Verwaltung.
Das Plus im Verwaltungsetat resultiert zur Hälfte aus höheren Steuereinnahmen und allgemeinen Zuweisungen, aus Einnahmen von Verwaltung und Betrieb (850.000 Euro) sowie sonstigen Finanzeinnahmen. Die Mehrausgaben sind entstanden durch höhere Personalkosten (150.000 Euro) und vor allem durch größeren Verwaltungs- sowie Betriebsaufwand (1,5 Millionen Euro). Immerhin aber können 710.00 Euro mehr für den Vermögenshaushalt abgezweigt werden. Darin enthalten sind 460.000 Euro Rücklage, um künftige Belastungen aus der Kreisumlage abdecken zu können. So stehen für Investionen 250.000 Euro mehr zur Verfügung als geplant: insgesamt 840.000 Euro.
Sibellynisch gibt sich die Verwaltung hinsichtlich der finanziellen Zukunft der Gemeinde: „Der Wirtschaftsaufschwung sorgt dafür, dass die Gewerbesteuer und der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer… wieder steigen… Sollten die Prognosen der Steuerschätzung 2012 eintreffen, dann ist im kommenden Haushhaltsjahr mit stabilen Steuereinnahmen zu rechnen. Allerdings war die Situation laut IFO-Geschäftsklimaindex in den vergangenen Monaten merklich günstiger, denn die Unternehmen haben ihre Erwartungen für das kommende halbe Jahr stark zurückgeschraubt. Grund dafür sind die weltweiten Turbulenzen, denen sich die heimische Wirtschaft nicht entziehen kann.“
Der Ernst der Lage war wohl auch den Gemeindevertretern klar: Alle Fraktionen mahnten verantwortungsvollen Umgang mit den Finanzen an und warnten vor unnötigen Anschaffungen. Dennoch waren zwei Positionen unter den Ausgaben im Nachtrag (80.000 Euro), die vorher von den zuständigen Gremien gar nicht beraten worden waren. Der Bürgermeister hatte die Maßmahmen eingestellt. So stimmten zwei WHU-Fraktionsmitglieder gegen die Nachtragshaushaltssatzung, die überwältigende Mehrheit der Gemeindevertretung votierte dafür.
Allerdings birgt das verabschiedete Zahlenwerk noch eine Unsicherheit: Als Einnahmen verbucht wurden nämlich schon sechs Millionen Euro für ein Grundstück im Gewerbegebiet, wo der Discounter Netto ein Auslieferungslager errichten will. Allerdings gibt es noch keinen Vertrag mit dem Unternehmen. Der Realisierung des Vorhabens und damit dem Millionenfluss für den Grundstücksverkauf und die bereits begonnene Erschließung des Geländes nach den Vorstellungen des Discounters sieht Bürgermeister Torsten Thormählen mit „relativer Sicherheit“ entgegen. Bei einem Rückzug des Unternehmens der Edeka-Gruppe hat die Gemeinde nach Auffassung aller Fraktionen ein gravierendes Problem.
Jörg Schlömann
Mittwoch, 21.09.2011