Henstedt-Ulzburger Nachrichten

Fremdschämen, Rauswurfdrohung, ‘Auf den Arsch setzen‘-Ansage und Fake-News-Klartext: Hortkrise im Ratssaal

Mit Schal eingemummelt im Ratssaal: Mathias Schilling (rechts),  pädagogischer Leiter und Björn Sumpf, kaufmännischer Leiter des Kita-Eigenbetriebs

Au Backe. Wegen der Hortkrise gehen jetzt auch noch die Ortsentscheider aufeinander los.

Was ist passiert? Die beiden Kita-Manager haben vergangene Woche in der Premierensitzung des Kita-Betriebsausschusses ihren ersten Kindergarten-Bericht vorgelegt – aber ohne das Papier, wie es üblich ist, den Ortspolitikern vorher zur Verfügung zu stellen. Kopfschütteln deshalb in der Ausschussrunde. Normalerweise gebe es so einen Bericht vorab, damit man sich damit auseinandersetzen könne, meinte Jens Iversen. Der BFB-Chef weiter: „Sie sind neu, vielleicht kennen Sie unsere Gepflogenheiten noch nicht.“ Die Antwort der beiden: Doch, man wisse Bescheid, aber man habe einfach keine Zeit gehabt. Kita-Manager Sumpf: „Die Hortproblematik kam dazwischen, wir waren lahmgelegt.“

Lahmgelegt wegen der Hortproblematik? Jetzt schaltete sich FDP-Fraktionschef Klaus-Peter Eberhard ein. Er zum Kita-Duo: „Sie sind am 1. Juni hier angetreten. Sie sind Leiter und keine Berufsanfänger. Wenn ich höre, was Sie hier abliefern, wenn Sie sagen Sie seien überlastet… dann hätten Sie bei mir die Probezeit nicht überstanden.“ Und weiter: „Wenn Sie sich nicht gehörig auf den Arsch setzen und die Performance verbessern, dann kann das so nicht weitergehen mit Ihnen.“

Was für eine knallharte Ansage von Eberhard, aber ‚Big-Boss‘ spielen können auch andere. Als Eberhard auf die Hinterteile der beiden Kita-Manager zu sprechen kam, kam gleichzeitig auch Bewegung in die Ausschussvorsitzende Patrizia Giuffrida. Die SPD-Frau, die vor nicht allzu langer Zeit noch außerparlamentarisch für den Eigenbetrieb gekämpft hatte, drohte dem FDP-Mann prompt mit Saalverweis. Ihre Ansage: Wenn Eberhard seine Wortwahl wiederhole, würde sie ihn rausschmeißen. Eberhard, der offenbar wenig Lust auf ein Kräftemessen mit Giuffrida verspürte, drehte bei. Er korrigierte seinen Satz und ersetzte die „Auf den Arsch setzen“-Passage mit den Wörtern: „ordentlich anstrengen“.

Wie reagierten die beiden Kita-Manager auf das Donnerwetter von Eberhard?

Beide blieben still, verdauten die Schelte ohne Widerworte. Dafür reagierte im Laufe der Sitzung der Bürgermeister. Sein Urteil zu Eberhards Auftritt: „Ich schäme mich für Ihre Ausführungen.“

Zum Vorbild taugt allerdings auch der Verwaltungschef nicht. Vor drei Wochen hatte Bauer selber noch im Ratssaal gewütet und den HU-Nichrichten unverantwortlichen Journalismus und Falschberichterstattung vorgeworfen. Zur Erinnerung: die HU-Nachrichten hatten berichtet, dass die Gemeinde Hortplätze für Erstklässler streichen wolle. Für seine Tirade kassierte Bauer bereits einen Rüffel vom Hamburger Abendblatt, jetzt gab es auch noch einmal Klartext von Jens Iversen. Der Bericht sei richtig gewesen, selbst noch nach dem Dementi des Bürgermeisters habe der Eigenbetrieb die im Artikel getätigten Aussagen gegenüber Eltern bekräftigt, sagte der BFB-Vorsitzende in die Ausschussrunde.

Und möglicherweise leben der Bürgermeister und seine beiden Kita-Manager auch heute noch in verschiedenen Welten. Während Bauer Hortgruppengrößen von über 20 für zulässig hält, ist für Kita-Manager Schilling weiterhin bei 20 Kindern das Maß voll. Er in einer schriftlichen Stellungnahme: Die rechtlichen Rahmenbedingungen, d.h. die Einhaltung der durch die Kita-Aufsicht (Kreis Segeberg)erteilten Betriebserlaubnisse, sind bindend. Gesetzliche Grundlage ist §7 Abs. 2 der KiTaVO: ‚Die Gruppengröße soll nicht mehr als 15 Kinder betragen. In Ausnahmefällen kann die für die Erteilung der Betriebserlaubnis zuständige Behörde je nach pädagogischer Aufgabe befristet eine Gruppengröße bis zu 20 Kindern zulassen.‘ Somit besteht eine Diskrepanz zwischen den derzeitig vorhandenen Plätzen in den vier Horteinrichtungen und den notwendigen Hortplatzbedürfnissen der zukünftigen Schulkinder.“

Und wie geht es jetzt weiter beim Hortchaos?

Spätestens am 14 März gibt es Neuigkeiten, dann tritt der Eigenbetriebsausschuss erneut zusammen. Und bis dahin haben es Sumpf und Schilling vielleicht auch schon ins World Wide Web geschafft. Weil beide auf der Gemeindehomepage nirgendwo auftauchen, verteilten sie ihre Kontaktdaten nach Sitzungsschluss  per Visitenkarte an informationshungrige Eltern.

Christian Meeder

5. Februar 2019