Die Staatsanwaltschaft Kiel hat beim Amtsgericht Norderstedt gegen den beurlaubten Henstedt-Ulzburger Bürgermeister Torsten Thormählen einen Strafbefehl wegen Betruges und des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt beantragt. Diese Meldung aus der Landeshauptstadt ging heute um 15.45 Uhr bei den Henstedt-Ulzburger Nachrichten ein. Nur eine halbe Stunde später erreichte uns der Antrag der FDP-Fraktion, Thormählen durch einen Beschluss der Gemeindevertretung abwählen zu lassen.
„Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, in den Jahren 2007 bis Mitte 2011 seine Nebentätigkeit als Vorstand der Kommunalbetriebe Ellerau seinen Dienstherren nicht vollumfänglich angezeigt zu haben, um dadurch der Abführungspflicht für die erhaltenen Gelder zu entgehen“, heißt es in der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft. Dadurch soll der Beschuldigte bei der Stadt Norderstedt einen Schaden in Höhe von 56.000,00 Euro und bei der Gemeinde Henstedt-Ulzburg in Höhe von 13.800,00 Euro verursacht haben.“
Die Kieler Strafverfolgungsbehörde weiter: „Zudem wird ihm zur Last gelegt, Beschäftigte der Kommunalbetriebe Ellerau nicht bei dem zuständigen Sozialversicherungsträger angezeigt und dadurch Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile vorenthalten zu haben. Soweit das Verfahren den Vorwurf der Bestechlichkeit sowie der Untreue zum Gegenstand hatte, haben die Ermittlungen nicht zu einem hinreichenden Tatverdacht geführt. Insoweit ist das Verfahren daher eingestellt worden. Die Ermittlungen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung werden von der zuständigen Finanzbehörde geführt.“
Jetzt muss das Amtsgericht Norderstedt über den Strafbefehlsantrag der Staatsanwaltschaft entscheiden. Weitere Erklärungen wollte die Kieler Behörde derzeit nicht abgegeben.
Nur 15 Minuten nach der Staatsanwaltschaft hatte sich Torsten Thormählens Rechtsbeistand zu Wort gemeldet: „Die Vorwürfe der Bestechlichkeit und Untreue gegen Herrn Thormählen sind widerlegt“, verkündete der Kieler Strafverteidiger Professor Dr. Michael Gubitz in seiner Pressemitteilung. „Die Staatsanwaltschaft nimmt nach einer aufwändigen Prüfung der Vorgänge aber einen Verstoß gegen verwaltungsrechtliche Anzeige- und Ablieferungspflichten aus der Nebentätigkeitsverordnung an“, schreibt der Rechtsanwalt weiter.
„Außerdem seien sozialversicherungsrechtliche Vorgaben nicht eingehalten worden. Die Auffassung, Herr Thormählen hätte einen Betrug… begangen, ist aber damit nicht zu rechtfertigen“, meint der Professor. „Die Verteidigung hat in ihren Stellungnahmen nachgewiesen, dass eine Strafbarkeit nicht gegeben ist. Nun liegt die Angelegenheit dem Amtsgericht vor. Dieses wird nach sorgfältiger Prüfung eine Entscheidung treffen. Auch dem in einem gesonderten Verfahren erhobenen Vonwurf der Steuerhinterziehung sieht Herr Thormählen gelassen entgegen. Er hat gegenüber dem Finanzamt alle Vorgänge rückhaltlos aufgeklärt und alle fälligen Steuern gezahlt.“
Nicht ganz so gelassen ist der FDP-Fraktionsvorsitzende Klaus-Peter Eberhard: „Torsten Thormählen kann nicht länger Bürgermeister von Henstedt-Ulzburg sein“, war seine erste Reaktion auf die Nachricht aus Kiel. Die Ermittlungsergebnisse hätten die Einschätzung der Anschuldigungen bestätigt, die die FDP bereits im vergangenen Jahr dazu bewogen habe, die Suspendierung Thormählens zu fordern und den Antrag zu stellen, ihm die Ausübung der Amtsgeschäfte bis auf Weiteres zu untersagen.
„Wir sind auch menschlich sehr enttäuscht von Torsten Thormählen. Er hat unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen ihn seine Unschuld beteuert und gesagt, er würde alles offenlegen, um seine Unschuld zu beweisen. Das war doch reine Heuchelei, denn Tatsache ist doch, dass Thormählen bis heute schweigt und der Gemeinde alle an ihn gerichteten Fragen nicht beantwortet hat“, wettert Eberhard und fährt fort: „Er kannte von Anfang an alle Antworten und konnte mit Hilfe seines Anwaltes einschätzen, dass ein Verbleib im Amt unmöglich sein würde. Er hätte Einsicht und Reue zeigen und zurücktreten können, um der Gemeinde die Möglichkeit zu geben, einen neuen Bürgermeister zu wählen.“
Der Liberale macht seinem Ärger weiter Luft: „Aber das Einzige, was Torsten Thormählen interessiert, ist Torsten Thormählen und die knapp 8.000 Euro Gehalt, die er ohne Gegenleistung jeden Monat von der Gemeinde kassiert. Die FDP wird beantragen, dass sämtliche Regressansprüche der Gemeinde gegen Herrn Torsten Thormählen geltend gemacht werden. Wir fordern die anderen Fraktionen auf, unserem Antrag zuzustimmen und möglichst schnell ein Abwahlverfahren einzuleiten, damit Henstedt-Ulzburg dann die Chance hat, einen neuen Bürgermeister zu wählen.“ Dem Antrag auf Abwahl des Verwaltungschefs müssen mindestens 22 der 32 Gemeindevertreter zustimmen. Thormählen, der keiner Partei angehört, war von der CDU für das Bürgermeisteramt vorgeschlagen und von der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger gewählt worden.
Jörg Schlömann
29. April 2013