Henstedt-Ulzburger Nachrichten

CDU, SPD und FDP wollen Umgehungsstraße durch Henstedt-Ulzburgs Natur … Liberale fordern Bürgerentscheid … Köhlmann-Thater signalisiert WHU-Zustimmung zu Volksbefragung!

Umgehungsstraßen-Sitzung am Montagabend. Vorn im Bild: FDP-Vertreter Stephan Holowaty, dahinter Uwe Köhlmann-Thater

Nach dem Verkehrsgutachten ist vor dem Gutachten! CDU und SPD liebäugeln mit einer Umgehungsstraße durch Wald, Feld und Flur, wollen dafür eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben. Das machten die Spitzen beider Fraktionen am Montag bei der Vorstellung des 200.000 Euro teuren Verkehrsgutachtens klar. Auch die Liberalen wollen diese Straße, fordern dafür einen Bürgerentscheid um einen ‚Bürgerkrieg‘ zu verhindern.

Eine dreiviertel Stunde hatte Matthias Zöbisch vom Verkehrsplanungsbüro Dresden-Berlin-Consult am Montagabend Ergebnisse, Empfehlungen und Vorschläge aus der Endfassung seines 100-Seiten-Papiers vorgestellt. Die Kernforderungen des Gutachtens: Schaffung eines deutlich besseren ÖPNV-Angebots in Henstedt-Ulzburg mit Bussen im 20-Minuten-Takt sowie Ausbau und Instandhaltung von Geh- und Radwegen, damit mehr Leute das Auto stehen lassen. „Wir denken, dass der Autoverkehr um 10 bis 15 Prozent gesenkt werden könnte“, rief Zöbisch den Kommunalpolitikern zu. Mehr Entlastung darüber hinaus sei nur durch den Bau einer Umgehungstrasse mit geschätzten Kosten von 30 bis 50 Millionen Euro möglich.

Trommelfeuer nach Zöbischs Vortrag im Ratssaal: Die Kommunalpolitiker klopften kräftig mit ihren Händen auf die vor ihnen stehenden Tische. Dann die erste Wortmeldung: CDU-Sprecher Jens Müller bedankte sich überschwänglich für Zöbischs Ausführungen und rief: „Ich bring die Umgehungsstraße ins Spiel, das wird Sie nicht verwundern.“ Er fordere eine Machbarkeitsstudie für eine Umgehungsstraße und rechne mit einem Planungshorizont von 15 bis 20 Jahren. Im übrigen unterstreiche die CDU was Zöbisch zum ÖPNV gesagt habe und selbstverständlich müsse eine Steigerung des Umweltverbunds (Bahn-,Bus-, Fahrrad-, Fußgängerverkehr) angestrebt werden – Radfahrstreifen auf Hauptstraßen sehe seine Fraktion aber kritisch.

Großes Lob auch von Horst Ostwald (SPD) für das Gutachten: „Wir sind sehr zufrieden, weil es eine vernünftige Arbeitsgrundlage ist, dafür bin ich sehr dankbar – und was die Umgehungstrasse angeht, sind wir ganz bei der CDU. Wir freuen uns, dass die CDU bei der Westumgehung dabei ist.“ Auch SPD-Chef Reinhard Kunde, der direkt neben den HU-Nachrichten saß, murmelte Zustimmung zu einer Westumfahrung.

Die Trasse müsste quer durch die Natur gebaut werden. Sie könnte auf Höhe der Edisonstraße oder der Shell-Tankstelle in Ulzburg-Süd beginnen, dann quer durch den Rantzauer Forst, über oder unter den Bahngleisen hindurch bis zur Kadener Chaussee, über die Pinnau und weiter über die Weiden des Gestüts Hafling, schließlich entlang an den Neubaugebieten Wismarer Straße und Kleine Lohe bis zum Gewerbegebiet und zum Autobahnzubringer.

Unter den Zuhörern soll am Montag auch Frank Knittermeier vom Hamburger Abendblatt gesessen haben, er schrieb am heutigen Dienstag „Alle wollen die Westumgehung.“ Abendblatt-Leser Peter Borchert rieb sich beim Lesen des Artikels die Augen: „Da waren wohl ich oder eher der Redakteur in einer falschen/anderen Veranstaltung. Richtig ist, dass durchaus kontrovers diskutiert wurde. Der heutige Leitartikel im Abendblatt ist wohl eher die abgeschriebene Presseerklärung einer großen Fraktion in der Gemeindevertretung.“

Tatsächlich haben sich beide Wählervereinigungen in der Sitzung nicht zu einer Umgehungsstraße positioniert, die BFB äußerte sich dazu überhaupt nicht und von der zweitgrößten Ratsfraktion kamen eher kritische Töne: Er wundere sich, wieso bei der Sachlage sofort über eine Umgehungstrasse geredet werde, meldete sich WHU-Vertreter Uwe Köhlmann-Thater in der Sitzung zu Wort, zumal auch das Gutachten eine Umgehungsstraße kritisch sehe.

Köhlmann-Thater heute zu den HU-Nachrichten: „Es ist einfach unredlich bei Kosten von 35 bis 50 Millionen und einem Durchgangsverkehrsanteil laut Gutachten von 20 Prozent als erstes eine Umgehungsstraße zu fordern.“

Die Freidemokraten halten sich mit solchen Fragen nicht lang auf, sprechen sich wiederum wie CDU und SPD vehement für eine Umgehungsstraße aus: „ Mit der Umgehungsstrasse lassen sich nahezu alle anderen Probleme des Autoverkehrs auf einen Schlag lösen“, sagt FDP-Mann Stephan Holowaty. Er fordert die Bürger über eine Ortsumgehung abstimmen zu lassen. „Wir brauchen eine breite Unterstützung und keine bürgerkriegsähnlichen Verhältnisse wie damals beim Thema ‚Beckershof‘. Hier müssen die Bürger auf die intensivste mögliche Art und Weise beteiligt werden – und das ist ein Bürgerentscheid.“

Die Bürger durften zuletzt über den Abgang von Bürgermeister Torsten Thormählen entscheiden, nahmen ebenfalls in der Wahlkabine zu einer Stadtwerdung Stellung. Demnächst also auch ein Bürgerentscheid über ein Millionenprojekt wie die Westumgehung? WHU-Gemeindevertreter Köhlmann-Thater zum FDP-Vorschlag für Bürgermitbestimmung in Sachen Straßenbau: „Warum nicht, wenn die FDP den Antrag stellt, werde ich bestimmt nicht mit Nein stimmen. Warum sollte man eine Volksabstimmung verweigern, das ist ja Quatsch.“

Im Frühjahr wird es erst einmal eine Einwohnerversammlung zum Verkehrsgutachten geben.

Christian Meeder

5. November 2014