Hatte Henstedt-Ulzburgs abgewählter Bürgermeister Torsten Thormählen nach dem ersten Verhandlungstag in seinem Betrugsprozess vor dem Norderstedter Amtsgericht noch als leichter Punktsieger dagestanden, so schien er nach dem zweiten Tag doch etwas angeschlagen. Daran konnte auch nicht ändern, dass der Angeklagte in der Mittagspause von BFB-Gemeindevertreterin Doris Dosdahl stürmisch begrüßt und umarmt worden war.
Vor allem die Zeugenaussagen von Karin Honerlah (WHU), Vorsitzende des Hauptausschusses, und Klaus-Peter Eberhard, FDP-Fraktionschef, erschütterten die Bemühungen der Thormählen-Verteidigung, die frühere Nebentätigkeit des Ex-Bürgermeisters als durch und durch transparent darzustellen. Übereinstimmend berichteten die beiden Kommunalpolitiker, Thormälen habe dem Hauptausschuss als seinem Dienstvorgesetzten erklärt, er arbeite nebenbei etwa zwei Stunden wöchentlich für die Kommunalbetriebe Ellerau (KBE), deren Vorstand er war. Für seinen Nebenjob erhalte er 400 Euro im Monat, so habe Thormählen kurz nach seinem Amtsantritt in Henstedt-Ulzburg erklärt.
Tatsächlich aber soll der Angeklagte für die KBE vier bis sechs Stunden pro Woche tätig gewesen sein und dafür 800 Euro von dem Unternehmen selbst sowie weitere 1.500 Euro von der Beraterfirma Innova 2.000 erhalten haben, die dem KBE-Prokuristen Klaus Lange gehörte, der wiederum bei der Stadt Norderstedt beschäftigt war – zuvor bei der Gemeinde Ellerau. Lange sagte ebenfalls als Zeuge aus, wurde dabei von Amtsrichter Jan-Wilhelm Buchert im Verlauf seiner Vernehmung ermahnt, die Wahrheit sagen zu müssen.
Laut Lange sollte Thormählen ursprünglich von der KBE jährlich 27.600 Euro erhalten. Der aber wollte das nicht, weil er – inzwischen Stadtrat in Norderstedt – als Beamter nur einen geringen Teil davon hätte behalten dürfen, den größeren hätte er an seinen Arbeitgeber abführen müssen. Das habe sich, so der Zeuge Lange, nach einem Gespräch über Nebentätigkeiten zwischen dem Angeklagten und Norderstedts Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote herausgestellt.
Grote habe, so soll Thormählen dem KBE-Verwaltungsrat mitgeteilt haben, dem Angeklagten geraten, für seine KBE-Tätigkeit eine Privatfirma zwischenzuschalten, erklärte Lange. Thormählen sei dann als Selbständiger und nicht als Beamter tätig. Jedenfalls wurde Henstedt-Ulzburgs Ex-Bürgermeister Unterberater in Langes Firma Innova 2.000. Die kassierte von der KBE jährlich 41.700 Euro, wovon 18.000 auf das Konto des Angeklagten wanderten.
Zunächst ließ sich der Zeuge darauf ein, dass die Modalitäten der Thormählen-Besoldung dem KBE-Verwaltungsrat en detail bekannt waren und auch diskutiert wurden. Auf Vorhalt des Vorsitzenden, bei der Wahrheit zu bleiben, korrigierte sich Lange dann: Er sei sich darin denn doch nicht so ganz sicher.
Übrigens gab es dann noch eine Überraschung im Prozess: Torsten Thormählen hat inzwischen an die Gemeinde Henstedt-Ulzburg 9.200 Euro zurückgezahlt – zwei Drittel des Geldes, das er der Gemeinde schuldet, weil er seine Nebeneinkünfte nicht abgeführt hat. Die dritte Rate will der Ex-Bürgermeister zum 1. Mai an die Gemeindekasse zurück zahlen.
Nach sechs Stunden Verhandlungsdauer vertagte Amtsrichter Buchert am Freitag den Prozess auf Montag, neun Uhr. Dann soll unter anderem Oberbürgermeister Grote als Zeuge gehört werden. Gespannt darf man darauf sein, ob er bestätigt, seinem ehemaligen Stadtrat Thormählen den Tipp gegeben zu haben, wie er seine Abgebepflicht von Nebeneinkünften umgehen kann. Am Nachmittag dürfte dann das Urteil im Thormählen-Prozess verkündet werden.
Jörg Schlömann
15. März 2014