Am Donnerstag erneuerte nun sein Kollege Alexander Greß gegenüber den Henstedt-Ulzburger Nachrichten die Vorbehalte über einen Erfolg des Planfeststellungsverfahrens: „Es gibt ein Bundesverwaltungsgerichtsurteil, gerade bei bestehenden Trassen; es heißt, bestehende Betroffenheiten sind neuen Betroffenheiten vorzuziehen. Wenn also viele Neubetroffene sagen, das wollen wir nicht, dann haben wir rechtlich gesehen wenig Chancen, weil sich die Neubetroffenen auf das Verwaltungsgerichtsurteil berufen können.“
Dass die Trasse dann möglicherweise weiterhin über Henstedt-Ulzburger Wohngebiete verläuft, habe die Gemeinde selber zu verantworten: „Die alte Leitung gibt’s ja seit 40 Jahren, und da hat man ja auch munter drunter gebaut, die wurde ja nicht in ein fertiges Wohngebiet gestellt.“
Beklagen kann sich die Gemeinde wohl auch nicht, wenn ihre Interessen bei den Ausbau-Planungen der zweiten Trasse, die über das Gemeindegebiet verläuft, keine Berücksichtigung finden. Denn die von Lübeck über Friedrichsgabe nach Itzehoe verlaufende Leitung soll ebenfalls für stärkere Kapazitäten aufgerüstet werden.
Zwar geht die Feinplanung dafür erst in zwei drei Jahren los. Doch die Grobplanung wird schon jetzt im Netzentwicklungsplan der Bundesnetzagentur vorangetrieben.
Für die Großgemeinde von besonderer Brisanz: Dem Netzentwicklungsplan-Entwurf zufolge soll die Ost-West-Trasse von Lübeck zu den Umspannwerken Hamburg-Nord – das sind Friedrichsgabe und Henstedt-Rhen – nicht nur ausgebaut, sondern auch zu einem weiter nördlich neu zu bauenden Umspannwerk verlängert beziehungsweise verschwenkt werden. Der Standort dafür wird etwas vage mit Raum Kaltenkirchen angegeben.
Aktuell hat die Bonner Behörde nun die Öffentlichkeit aufgefordert, sich im Rahmen eines sogenannten Konsultationsverfahrens an den Planungen zu beteiligen.
Während Kaltenkirchen beim Konsultationsverfahren mitmacht und mit einer am Dienstag dieser Woche im städtischen Bau- und Umweltausschuss verabschiedeten Stellungnahme zum Netzentwicklungsplan versucht, eigene Interessen durchzusetzen, weiß man im Henstedt-Ulzburger Rathaus über diese Möglichkeit nichts. „Wir sind zu keiner Stellungnahme aufgefordert worden, das Konsultationsverfahren ist mir nicht bekannt“, so Bürgermeisterin Elisabeth von Bressensdorf am Freitagvormittag zu den Henstedt-Ulzburger Nachrichten. Die Abgabe einer Kaltenkirchener Stellungnahme sage zudem nichts darüber aus, dass schon ein offizielles Verfahren eingeleitet worden sei, so die Verwaltungschefin.
Nach Angaben von Tennet-Sprecher Alexander Greß habe das Konsultationsverfahren in der Tat zwar eher informellen Charakter, der Netzentwicklungsplan, in den die Interessensbekundungen aus dem Konsultationsverfahren einfließen, münde allerdings in einen Bundesbedarfsplan, und der wiederum stelle die rechtliche Grundlage für die Ausbaupläne der Netzbetreiber dar.
Was das genau bedeutet macht die Homepage der Bundesnetzagentur klar: Dort heißt es sinngemäß, dass mit der Erstellung von Netzentwicklungs- und Bedarfsplänen nachgelagerte Verwaltungsverfahren beschleunigt werden: In diesen könne dann nicht mehr angefochten werden, dass die jeweilige Leitung gebraucht werde. Der Bedarf sei dann verbindlich festgestellt.
Weiter heißt es, dass die Anfangs- und Endpunkte künftiger Höchstspannungsleitungen dann feststünden. Ein Umspannwerk im Raum Kaltenkirchen wäre nun, je nach Blickwinkel, so ein Anfangs- oder Endpunkt. Im Klartext: Wer Einfluss auf den möglichen Standort eines Umspannwerkes im Raum Kaltenkirchen nehmen will, muss jetzt handeln. Im Rahmen des Konsultationsverfahrens.
Etwas Zeit dafür gibt es auch noch: Das Konsultationsverfahren endet am Freitag, 2. November.
Und mittlerweile sind die Chancen, dass es zu einer Eingabe auf den allerletzten Drücker kommt, auch gar nicht mal so schlecht: Die WHU hat heute einen entsprechenden Eilantrag für die Sitzung des Finanz- und Wirtschaftsausschusses am Montag, den 29. Oktober, gestellt.
Christian Meeder
26. Oktober 2012