Henstedt-Ulzburger Nachrichten

Widerstand gegen den Abriss – Volksentscheid zum Beckersbergring

Anwohner protestieren vor dem Rathaus gegen den Abriss

Acht Monate vor dem Ende der Legislaturperiode geraten Henstedt-Ulzburgs Ortsentscheider immer stärker in Bedrängnis. Nach dem Bürgerbegehren gegen die Ansiedlung des Rewe-Logistikzentrums droht ihnen in einer weiteren zentralen Frage der Ortsentwicklung die Entscheidungsgewalt aus der Hand genommen zu werden. Die Bewohner des Beckersbergrings wollen mit Hilfe aller Einwohner Henstedt-Ulzburgs den Abriss ihrer Wohnsiedlung verhindern. „Wir werden ein Bürgerbegehren initiieren“, kündigte Walter Heitmann, langjähriger Bewohner der Ringstraße, am Wochenende gegenüber den Henstedt-Ulzburger Nachrichten an.

Hintergrund des Aufbegehrens: Die Soka-Bau, die 97 von 116 Reihenhäuser abreißen und durch Wohnblocks ersetzen möchte, wird bei ihrem Abrissvorhaben mittlerweile offen von Verwaltung und Politik unterstützt. Zu 90 Prozent bekommen Sie ein ‚Go‘ von uns, sagte CDU-Sprecher Jens Müller Anfang September im Ratssaal, nachdem Soka-Mann Werner Schneider die neuesten Planungen des Unternehmens für die Ringstraße vorgestellt hatte. Und SPD-Fraktionschef Horst Ostwald erklärte: „Die SPD steht dazu, an der Stelle zu verdichten und Wohnraum zu schaffen.“ Auf die Frage eines Anwohners, ob nicht die Möglichkeit bestünde „das alles so bleibt, wie es ist“, entgegnete der Sozialdemokrat unmissverständlich: „Es besteht nicht die Chance, das alles so bleibt wie es ist.“

Vor zweieinhalb Jahren war die Soka-Bau erstmals mit der Ankündigung an die Öffentlichkeit gegangen die Reihenhäuser abzureißen, um Innenverdichtung zu betreiben, damals war von vierstöckigen Mehrfamilienhäusern die Rede gewesen, auch neue Reihenhäuser sollten gebaut werden. Jetzt schwebt der Firma eine noch massivere Verdichtung vor: in der neuen Planung sind alle Reihenhäuser verschwunden, die Wohnblocks haben bis zu sechs Geschosse. Nach Ansicht der Soka-Bau passen solche Hochbauten in den Ortsteil, Schneider verwies in der Sitzung auf ein in der Nähe stehendes Hochhaus. Der Soka-Mann in die Runde der zuhörenden Politiker: „Das Wiking-Hotel hat acht Geschosse.“

Angesichts der Dimension des Vorhabens ist es für Christian Engel von der Interessengemeinschaft Beckersbergring keine Frage, dass es beim angestrebten Bürgerentscheid um mehr, als alleine um die Schicksale der in den Reihenhäusern lebenden Menschen gehen wird. Engel erinnerte im Gespräch mit den HU-Nachrichten an den im Jahre 2013 abgehaltenen Bürgerentscheid, ob Henstedt-Ulzburg Gemeinde bleiben, oder Stadt werden wolle. Die Bürger hätten sich seinerzeit eindeutig gegen eine Verstädterung Henstedt-Ulzburgs ausgesprochen sagte Engel. Tatsächlich hatten 80 Prozent der Einwohner vor vier Jahren gegen eine Stadtwerdung votiert, inhaltlich hatten dabei Wahlkämpfer wie Volker Dornquast den Ton vorgegeben. Der Altbürgermeister hatte sich aktiv in die Auseinandersetzung eingemischt und mit Mitstreitern sogar einen Wahlaufruf initiiert. Darin hieß es: „Wir meinen, unsere Gemeinde hat keine städtische Struktur und sollte diese auch nicht anstreben. Dieses gilt für alle Ortsteile.“

Vier Jahre sind seit dem Entscheid von 2013 vergangen, Eindruck auf die Ortspolitiker hat das Bürgervotum jedoch erkennbar nicht gemacht. Die Innen- und Nachverdichtung schreitet ungebremst voran, der Abriss von Einzelhäusern und der anschließende Bau von Wohnblocks ist an vielen Ecken in der Gemeinde für jedermann sichtbar. Die Dimension des Stadtbauvorhabens im Beckersbergring ist allerdings beispiellos. Engel:“Wenn ich mich an Bauten wie dem Wiking-Hotel orientiere, bleibt vom Bild einer landlich-grünen Gemeinde rein gar nichts mehr übrig.“

Christian Meeder

28. September 2017