Henstedt-Ulzburger Nachrichten

Wachstum. Wachstum über alles?

Henstedt-Uzburgs neuer Bürgermeister Stefan Bauer lobt seine Verwaltung in höchsten Tönen: Sie sei sehr motiviert. Das ist gut für den Bürger. Und natürlich auch für die Bürgerin. Was aber, wenn die Mitarbeiter der Verwaltung übermotiviert sind? Wenn sie für die Gemeinde mehr erreichen wollen, als eigentlich von höherer Stelle vorgesehen worden ist, wenn für sie das Musterschüler-Prinzip der Soll-Übererfüllung gilt?

Die Einwohnerzahl der Großgemeinde ist seit 2007 stärker gestiegen als in wohl allen anderen Kommunen der Region. Die Infrastruktur allerdings hinkt gewaltig hinterher. Um sie anzupassen, fehlt das Geld. Die Kommunalpolitiker denken folglich über Einsparungen und neue Einnahmequellen nach – drastische Maßnahmen für die Bürger sind im Gespräch. Und bei noch mehr Neubürgern dürfte sich die Schere noch weiter öffnen.

Aber genau das will die Gemeindeverwaltung mit dem neuen Bürgermeister an der Spitze: Neue Baugebiete sollen ausgewiesen werden, um weitere Henstedt-Ulzburger zu gewinnen. Sogar das umstrittene Projekt Beckershof ist wieder im Gespräch. Gerade dieses Vorhaben war es, das bei der Kommunalwahl 2008 die CDU als glühendste Verfechterin des Projekts die absolute Mehrheit in der Gemeindevertretung kostete. Ja, die Christdemokraten wurden nicht einmal mehr stärkste Fraktion. Die Bürger wollten Beckershof einfach nicht.

Das sollte die Verwaltung berücksichtigen, wenn sie sich über die Entwicklung der Gemeinde Gedanken macht. Und die Kommunalpolitiker sollten sich an 2008 erinnern; denn die nächste Wahl kommt bestimmt. Und dann hat wieder der Bürger das Wort. Und natürlich die Bürgerin. Was die von Wachstum um jeden Preis halten, hat die jüngste Bürgermeister-Wahl in Henstedt-Ulzburg gezeigt, bei der die CDU-Kandidatin und Bauwirtschaft-Lobbyistin die wenigsten Stimmen erhielt.

Jörg Schlömann

22. September 2014