Henstedt-Ulzburger Nachrichten

Die Gemeinde wird erpresst

Henstedt-Ulzburg wird in Sachen Neubau eines Einkaufszentrums erpresst! Der Versuch geht aus einem bislang geheim gehaltenen Brief hervor, den Heinrich Völksen, Geschäftsführer der Hamburger Wohnungsgesellschaft Schaum, an Bürgervorsteher Carsten Schäfer und Bürgermeister Torsten Thormählen gerichtet hat. Das Schreiben liegt den Ulzburger Nachrichten vor. Die Firma Schaum ist Eigentümerin des völlig heruntergewirtschafteten Einkaufszentrums zwischen Rathaus und Bahnhofstraße, des davor liegenden Hochhauses mit Geschäften und Wohnungen sowie der dazu gehörenden Grundstücke. Sie hat offenkundig größtes Interesse daran, dass die Kommunalpolitiker den neuen Bebauungsplan möglichst schnell und ohne große Änderungen der Investorenplanung beschließen und ihr so ein erweitertes Baurecht verschaffen. Das würde fraglos den Wert des Areals erhöhen.

In dem Brief macht die Wohnungsgesellschaft Druck: “Die zum Bau bereit stehende Investorin hat mit einem namhaften Lebensmittler… aussichtsreiche Gespräche geführt. Ein Vertragsabschluss setzt jedoch Planungssicherheit voraus.” Mit den Bedenken von Kommunalpolitikern und Anliegern gegen das Bauvorhaben werden Ängste geschürt: “Die derzeit allerdings verstärkt aufkommenden Nachforderungen und Restriktionen aus der Politik sowie von benachbarten Grundeigentümern… werden die weiterhin latent bestehende Unsicherheit bei allen potentiellen Gewerbemietern über ein Engagement … mit Sicherheit wieder aufbrechen lassen.”

Darum mahnt Heinrich Völksen in seinem Schreiben auch: “Da die Investorin… bereits erhebliche Zugeständnisse an die Politik gemacht hat, können wir das offensichtlich bevorstehende Scheitern dieses für Ulzburg so wichtigen Projektes überhaupt nicht nachvollziehen. Es scheint, dass diese Kompromissbereitschaft Türen und Tore für kontraproduktive Wünsche Einzelner geöffnet hat.” Dass die Gemeindevertreter im Interesse ihrer Wählerinnen und Wähler Einwände haben, kommt Völksen offenkundig nicht in den Sinn. Vielmehr stellt er fest: “… im Augenblick sind wir an einem schmalen Grad angelangt, an dem der schnelle Baubeginn und das endgültige Scheitern sehr dicht beieinander liegen.”

Der Schaum-Geschäftsführer macht die Kommunalpolitiker folgerichtig ganz dezent darauf aufmerksam: “Ein Vertreiben der Investorin… verschlechtert die derzeitige Situation rund um das Rathaus aufgrund des bald völlig leer stehenden Ulzburg-Centers nochmals deutlich.” Wie er sich das vorstellt, sagt er auch: “Abriss des alten Ulzburg-Centers zur Senkung unserer Bewirtschaftungskosten.” Und damit auch der letzte versteht, was von ihm erwartet wird, fügt Völksen noch ein Horrorszenario hinzu: eventuell sinkende Mieten für Wohnraum, weil die Gemeinde an Attraktivität verliert, und ein unbebautes Grundstück zwischen Rathaus und Bahnhof, “auch über 20 Jahre hinweg”, wäre für ihn “im Falle eines Scheiterns notfalls hinnehmbar”.

Dabei hatte der Drohbrief so verheißungsvoll begonnen: “… seit mehr als 15 Jahren wünschen sich die Ulzburger ein attraktives Ortszentrum…,das auch die alteingesessenen und inhabergeführten Läden im fußläufigen Umfeld überleben lässt.” Vielleicht wollen ja die aufmüpfigen Kommunalpolitiker und Anlieger genau das erreichen. Vielleicht fragen sie ja deswegen so penetrant nach, welche Mieter denn nun das neue CCU beleben sollen. Die Antworten befriedigen bislang nicht. Daran ändert auch der Hinweis von Heinrich Völksen nichts, dass das Projekt “von Herrn Dornquast stets befürwortet und unterstützt worden ist”. Unbegreiflich allerdings ist, dass dieser Erpressungsversuch von den Politikern nicht ganz massiv kritisiert wird.

Jörg Schlömann

1.März 2011