Henstedt-Ulzburger Nachrichten

Und wieder ein Maulkorb der Gemeinde: Diesmal muss die Feuerwehr kuschen!

„Maulkorb für die Feuerwehr – Die Einsatzzeiten sind im Notfall zu lang. Doch darüber soll in Henstedt-Ulzburg nicht öffentlich gesprochen werden“, titelt heute das Hamburger Abendblatt in seiner Norderstedt-Beilage. In ihrem Bericht kommen die Autoren Wolfgang Klietz und Frank Knittermeier zu der Feststellung: „Mit einem Redeverbot für die Führung der Freiwilligen Feuerwehr Henstedt-Ulzburg versucht die Gemeindeverwaltung erneut, die Berichterstattung in den lokalen Medien zu beeinflussen.“

Anlass für die Recherchen der beiden Abendblatt-Redakteure war offenbar der Bericht der Henstedt-Ulzburger Nachrichten „Feuerwehr schlägt Alarm: Wir können nicht immer schnell genug am Brandort sein!“ Darin hatten wir Gemeindewehrführer Wolfgang Konrad mit den Worten zitiert: „Gerade bei Stoßzeiten, bei viel Verkehr oder fehlendem Personal ist es manchmal nicht möglich, rechtzeitig am Einsatzort einzutreffen.“ Einer Grafik, die in der jüngsten Sitzung des Feuerwehrausschusses gezeigt wurde, ist zu entnehmen, dass die Feuerwehr bis zu 13 Minuten an die Einsatzorte unterwegs sein könnte. Das Brandschutzgesetz erlaubt aber nur eine Hilfsfrist von zehn Minuten – „unter normalen Umständen“.

Einzelheiten dazu wollten die Abendblatt- Redakteure von Henstedt-Ulzburgs stellvertretendem Gemeindewehrführer Jan Knoll erfragen. „Wir dürfen nichts sagen“, antwortete der und verwies an Ordnungsamtsleiter Joachim Gädigk. Der begründete den Maulkorb für die Feuerwehr laut Abendblatt damit, „dass sich die Diskussion über Fahrzeiten und Ausrüstung der drei Ortswehren zu einem Politikum entwickelt hätten.“ Gädigk war heute für die Henstedt-Ulzburger Nachrichten nicht zu erreichen. Sein Stellvertreter gab sich schweigsam: „Ich sage dazu nichts.“

Verständlich – denn der Verwaltung sollen die Probleme der Feuerwehr schon seit mehr als einem Jahr bekannt sein. So lange soll das Schreiben schon in einer Schublade schlummern, verlautet aus Rathaus-Kreisen. Das Thema sei zur Chefsache erklärt worden. Ihr sei davon nichts bekannt, erklärte die stellvertretende Bürgermeisterin Elisabeth von Bressensdorf (CDU) heute den Henstedt-Ulzburger Nachrichten auf Nachfrage und verwies auf ihren nicht erreichbaren und damit verschwiegenen Ordnungsamtschef Joachim Gädigk.

Weniger schweigsam geben sich Henstedt-Ulzburgs Kommunalpolitiker in Sachen Brandschutz-Probleme: „Warum sollte sich die Feuerwehr nicht dazu äußern? Schließlich ist das ja während einer öffentlichen Sitzung zur Sprache gekommen“, wird Horst Ostwald, Vorsitzender der SPD-Fraktion, vom Abendblatt zitiert. Sein FDP-Kollege Klaus-Peter Eberhard: „Wenn der Ort Probleme hat, muss darüber geredet werden. Mit einem Maulkorberlass verbessern sich die Probleme nicht. Vielmehr stößt man den ehrenamtlichen Feuerwehrleuten damit vor den Kopf.“

„Ein Maulkorberlass taugt nie etwas“, entlockten die Abendblatt-Redakteure dem BFB-Fraktionschef Tile Abel als Kommentar. Seine WHU-Kollegin Karin Honerlah hält es für wichtig, dass in diesem Zusammenhang öffentlich gemacht werden müsse, welche Folgen das Wachstum der Gemeinde habe: „Ein Maulkorb für die Feuerwehr ist deshalb nicht gerechtfertigt.“

Lediglich die CDU setzt ihre restriktive Informationspolitik fort und zeigt Verständnis für das öffentliche Diskussionsverbot, das nicht ohne Kenntnis ihrer Parteifreundin Elisabeth von Bressensdorf erlassen worden sein dürfte. Fraktionsvorsitzender Folker Brocks sagte dem Abendblatt: „Es war schon unglücklich, dass während einer öffentlichen Ausschusssitzung über dieses Thema berichtet wurde, ohne es mit der Verwaltung abzusprechen. Frau von Bressensdorf vertritt die Gemeinde, sie ist auch für die Feuerwehr Dienstvorgesetzte.“

Die Mitarbeiter der Henstedt-Ulzburger Nachrichten schlagen nach diesen staatstragenden Worten des Christdemokraten pflichtschuldigst die Hacken zusammen und flüstern untertänig: „Jawoll!“ Sie fragen sich allerdings, ob denn die Bürgerinnen und Bürger bei der Kommunalwahl im kommenden Jahr auch so gehorsam sind und kuschen, wenn die Obrigkeit Schweigen gebietet nach dem Motto: „Was nicht sein kann, das nicht sein darf!“

Jörg Schlömann

24. September 2012