Thormählen entschuldigte das damit, dass ihm schon nach wenigen Dienstwochen als Verwaltungschef klar gewesen sei, dass er die Nebentätigkeit aus zeitlichen Gründen nicht mehr werde leisten können. Ende 2010 habe er den Nebenjob dann beendet. Alle anderen Vorwürfe seien hingegen haltlos: Weder habe er seine Nebentätigkeiten bei der Stadt Norderstedt nicht angezeigt, wie die Staatsanwaltschaft behaupte, noch hätte er die Einnahmen daraus abführen müssen. Auch den Vorwurf, er habe Sozialversicherungsbetrug begangen, wies Thormählen zurück. Deswegen gehe er fest davon aus, dass am Ende des Verfahrens seine Unschuld erwiesen sein werde.
Dazu muss man wissen: Nachdem Thormählen Einspruch gegen den vom Amtsgericht Norderstedt verhängten Strafbefehl (zehn Monate Gefängnis auf Bewährung, 10.000 Euro Geldstrafe) eingelegt hat, kommt es demnächst zu einer öffentlichen Verhandlung.
Trotz seiner eigenen Überzeugung unschuldig zu sein, kommt Thormählen gleichwohl zu dem Schluss, nicht weiter Bürgermeister Henstedt-Ulzburgs bleiben zu können. Denn mittlerweile sei auch für ihn das Vertrauensverhältnis zu den Gemeindevertretern irreparabel geschädigt: „Die Gemeindevertretung und ich, wir können nicht mehr miteinander.“ Schließlich sei für eine positive Entwicklung einer Gemeinde eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Bürgermeister und Gemeindevertretung unerlässlich. Da diese nicht mehr gegeben sei, sollten die Bürger ihn am 22. September abwählen. Die Bürger der Großgemeinde hätten keine andere Wahl, so Thormählen.
Hinzu kommt, und darauf wiesen alle politischen Fraktionen hin: Thormählen würde auch dann nicht wieder auf den Rathauschefsessel zurückkehren, wenn die Bürger mehrheitlich für seinen Verbleib im Amt votierten. Denn auch dann, so die Fraktionsvorsitzenden von CDU, WHU, SPD, BFB und FDP in seltener Einmütigkeit, würde das zerstörte Vertrauen zwischen Gemeindevertretern und dem unter Betrugsverdacht stehenden Bürgermeister eine Zusammenarbeit unmöglich machen, die Suspendierung würde deswegen wohl bis zum Ende des Gerichtsverfahrens aufrecht erhalten bleiben.
Bleibt die spannende Frage, ob die Bürgerinnen und Bürger der Großgemeinde den Abwahl-Appellen tatsächlich nachkommen. Wenn ja, dann könnte Henstedt-Ulzburg ab Mai 2014 tatsächlich wieder einen aktiven hauptamtlichen Verwaltungschef an der Rathausspitze haben. Dieses Datum nannte gestern Amtsleiter Jens Richter.
Wenn nicht, könnte der führungslose Zustand noch jahrelang anhalten. Ganz unwahrscheinlich ist das nicht: Jedenfalls dann nicht, wenn die Besucher, die Mittwochabend den Weg ins Bürgerhaus gefunden hatten, auch nur annähernd einen Querschnitt der Henstedt-Ulzburger Bevölkerung darstellen. Neben Thormählen selber heimste der Zwischenruf eines Bürgers den meisten Beifall ein: Dessen Forderung: Es wäre doch besser, wenn die Gemeindevertreter statt Thormählen, von ihren Ämtern zurücktreten.
Christian Meeder
15. August 2013