Netto, nach Aldi und Lidl drittgrößter deutscher Lebensmittel-Discounter, wird sich in Henstedt-Ulzburg niederlassen. Nicht mit einem Supermarkt, sondern gleich mit einem Super-Logistikzentrum auf einer Fläche von 130.000 Quadratmetern. Das vorgesehene Areal liegt in der Nähe des Aral-Autohofs, zwischen Heideweg und Autobahnzubringer, und befindet sich noch in Privatbesitz. Und da die Netto Marken-Discount AG & Co. KG aus dem bayerischen Maxhütte-Haidhof, ein Tochterunternehmen der Edeka-Gruppe, sich derzeit rasant über ganz Deutschland ausbreitet, war für Henstedt-Ulzburg Eile geboten, dem süddeutschen Interessenten grünes Licht zu signalisieren.
Die Gemeindevertretung tat das, indem sie einen Eilantrag der Verwaltung absegnete – gegen die Stimmen von fünf WHU-Mitgliedern. Er beinhaltet den Entwurfs- und Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplans 126 für eine etwa 30 Hektar große Gewerbefläche. Mit knapp der Hälfte des Geländes liebäugelt Netto. Und deswegen will die Gemeinde die Flächen den Eigentümern abkaufen, erschließen lassen und dann an den Discounter veräußern. Zunächst aber muss die Gemeinde etliche Millionen Euro vorschießen.
Das Netto-Logistikzentrum soll allein 35.000 Quadratmeter Lagerfläche haben, ist damit größer als drei Fußballfelder. Von Henstedt-Ulzburg aus sollen dann mehr als 100 Netto-Supermärkte in Norddeutschland beliefert werden. Im Kreis Segeberg gibt es bislang nur Filialen mit dem Logo in den Signalfarben Rot und Gelb in Norderstedt, Bad Segeberg und Trappenkamp. Netto unterhält derzeit in ganz Deutschland 17 Logistikzentren. Da das Unternehmen vor zwei Jahren rund 2 300 Plus-Märkte vom Mitbewerber Tengelmann übernommen hat, sind weitere Auslieferungslager erforderlich. So rechnet die Gemeindeverwaltung denn auch noch für dieses Jahr mit dem ersten Spatenstich. Das neue Logistikzentrum könnte dann nach gut einem Jahr in Betrieb gehen.
Über die Investitionskosten schweigt sich Netto aus. Nicht so zu der Zahl der Arbeitskräfte, die benötigt werden: etwa 200. Beschäftigt werden sollen Schicht- und Lagerarbeiter, Disponenten, Haustechniker und Monteure für Flurförderzeuge sowie zahlreiche Lehrstellen.
Zu wenige neue Arbeitsplätze im Vergleich zu dem enormen Flächenverbrauch, kritisieren die fünf WHU-Gemeindevertreter, die den Eilantrag ablehnten. Außerdem werde ein Logistikzentrum zusätzlichen Verkehr auf den Straßen im Ort nach sich ziehen.Und: Der finanzielle Aufwand der Gemeinde sei enorm hoch, die Aussicht auf langfristig hohe Gewerbesteuer-Einnahmen sei aufgrund der relativ geringen Anzahl von Arbeitsplätzen und der damit verbundenen Berechnung von Gewerbesteuer jedoch klein.
Fünf weitere Mitglieder der WHU-Fraktion stimmten allerdings mit CDU, SPD und FDP für den Eilantrag und damit für das Netto Logistikzentrum. „Die WHU steht einer Gewerbeansiedlung in Henstedt-Ulzburg grundsätzlich positiv gegenüber“, erläuterte dazu Fraktionsvorsitzende Karin Honerlah, die dem Eilantrag nicht zugestimmt hatte. Gegen den Entwurf des Bebauungsplans 126, der nach Ankündigung öffentlich ausgelegt wird, können Bürger und Behörden Einwände erheben.
Jörg Schlömann
24.05.2011