Jetzt also ist das Kind in den Brunnen gefallen, aber noch nicht untergegangen: Nach dem Willen des Netzbetreibers Tennet wird die Super-Stromleitung von der Ostsee über das Gewerbegebiet Rhen und Ulzburg Süd an die Autobahn 7 geführt. Und wo die örtliche CDU vor noch nicht allzu langer Zeit einen Wohnpark Beckershof mit einem idyllischen See plante, soll ein Umspannwerk in der Größe von zehn Fußballfeldern die Landschaft verschandeln.
Bürgermeister Stefan Bauer und SPD-Fraktionschef Horst Ostwald haben Widerstand gegen die Tennet-Pläne angekündigt. Der Sozialdemokrat will notfalls sogar vor Gericht gegen das Vorhaben klagen, kündigte er in einer Pressemitteilung an. Dabei muss man der Politik und der Verwaltung von Henstedt-Ulzburg vorwerfen, das Thema Energiewende und den damit verbundenen Leitungsbau schlichtweg verpennt zu haben.
Einzig die WHU-Fraktion hatte bereits Ende 2012 den Antrag eingebracht, sich mit der im Konsultationsverfahren befindlichen Super-Stromtrasse zu beschäftigten. Alle anderen Fraktionen lehnten ab: Die Großgemeinde sei ja gar nicht betroffen. Die WHU betreibe einmal mehr Panikmache, warf die CDU der Wählergemeinschaft damals vor. Vielleicht um ihre Parteifreundin Elisabeth von Bressensdorf aus der Schusslinie zu halten, die damals in Ermangelung eines hauptamtlichen Bürgermeisters im Henstedt-Ulzburger Rathaus das Sagen hatte.
Die Nachbarstadt Kaltenkirchen stellte es schlauer an: Verwaltung und Politik machten gemeinsam gegen die Ostküstenleitung Front – erfolgreich. Netzbetreiber Tennet versprach den Kaltenkirchenern, auf deren Gebiet kein Umspannwerk zu bauen, wie es anfänglich im Gespräch war. Dass dieses monströse Bauwerk hier irgendwo entstehen würde, war schon damals klar. Auch dass unsere nördlichen Nachbarn es nicht haben wollten. Hätten nicht schon damals auch unsere Politiker und Verwaltung ebenfalls dagegen Stellung beziehen müssen? War man zu bequem oder zu blauäugig?
Jetzt gilt es, das in den Brunnen gefallene Kind vor dem Ertrinken zu retten. Juristisch gegen den Netzbetreiber Tennet vorzugehen, dürfte sehr schwierig und wenig aussichtsreich sein, ist aber mit Sicherheit auch sehr teuer. Vielleicht gelingt es ja mit einer Neuauflage der Bürgerinitiative Stopp Beckershof. Die verhinderte bekanntlich im Jahre 2008 die CDU-Pläne von einem neuen Ortsteil westlich der AKN-Trasse. Warum sollte sie nicht noch einmal erfolgreich sein?
Jörg Schlömann
26. April 2015